Die Familie der Einhufer stellt ein adäquates Fortbewegungsmittel in der Welt des heavy-inspirieren Rock dar - sei es nun ein Maultier oder ein Stahlross. Das schwedisch-dänische Quartett Riot Horse schickt sich nun mit seinem Debütalbum an, diese Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben...
Nun ist das ja bekanntlich mit 'retro' orientierten Bands eine diffizile Sache: Die einen können's einfach, weil handwerkliches Geschick und metaphysisches Feeling eine spiritistische Liaison eingehen. Solche Krösusse können dann ganze Sets den Titanen wie Led Zeppelin, Cream oder Black Sabbath widmen, ohne dass auch nur einen Akkord lang Peinlichkeit aufkommt. Die anderen - sicherlich von besten Absichten befeuert - kupfern schlichtweg ab und treiben damit ein ganzes Neo-Genre, den Retro Rock, in den übelsten Verruf.
Natürlich bedient sich Riot Horse bei den vier vorgenannten Bands, allerdings nicht rotzfrech sondern überaus respektvoll. So viel Understatement wäre eigentlich gar nicht notwendig gewesen, denn jedes einzelne Bandmitglied besticht durch seine individuellen Fähigkeiten. Aufsehen erregend ist allerdings die Tatsache, dass sie zuvor allesamt eher in schwermetallischen Gefilden auffällig geworden sind: Andreas Sydow als Sänger der 'melodischen Deather' Darkane - Joacim Sandin und Jonas Langebro als Rhythmusfraktion der Sleazer Bai Bang, und nun dem Kurswechsel von Mastermind Neil Schüttman (Ex-Chef der Metaller Sons Of Tomorrow) hin zu dem 'klassischen' Heavy Rock der Siebziger gefolgt sind. Dabei setzen sie ihren 'harten' Background im neuen Umfeld gekonnt in Szene - prägnant, aber niemals brachial!
Einzig an den im Promozettel insistierten »Southern Rock-Anleihen« störe ich mich gewaltig. Riot Horse verschütten auf "This Is Who We Are" den blues-triefend rumpeligen Hardrock der Marken (alte) Aerosmith und Mountain gleich eimerweise, aber - sagt ein ausgesprochener Liebhaber der Südstaaten - 'Southern Rock' klingt sowas von völlig anders!! Nein, ein Vergleich mit den härteren Sachen von Gov't Mule bietet sich da schon viel eher an. Man höre nur mal in das achteinhalb-minütige Jam-Monster "Shine"...
Gleich mit "Get Your Hand Up" ist Riot Horse mittendrin im Riff-Gewitter. Geschickt werden hier Tempo bzw. Rhythmus gewechselt und somit eine irre Spannung aufgeladen. Etwas weniger geschickt kommt dies in "Miss Mississippi" zum Tragen, wo die schwerblütige Strophe und der sehr viel eingängigere Refrain nicht so recht harmonieren wollen. Bärenstark kommen dagegen die Hendrix-lastigen "Didn't See It Coming" und "Took My Soul Away" rüber. Hinreißend apart der ziemlich psychedelische Refrain in "My Mountain", der gleich mehrfach das knurrige Cream-Donnerwetter reizvoll auflockert. Über den Peak von "This Is Who We Are", das bereits genannte "Shine", gehen dem Schreiber hier die Worte aus... unbedingt mal (bei YouTube) antesten!
Auch das Thema 'Monsterballade' kommt bei Riot Horse nicht zu kurz - sieben Minuten lang schraubt sich "Hold Me" (wer wohl die 'mannschaftsdienliche' Orgel spielt?) auch in den hintersten Winkel des Herzmuskels. Die beiden kürzesten Songs, "Going Undercover" und "Torn", rocken im Gegensatz zu den zehn anderen etwas griffiger ab. Beide haben das Potenzial für Singleauskopplungen, auch wenn das aalglatte Mainstream-Radio - zumindest in Deutschland - abwinken dürfte. Mit "Medicine Man" wird zum Abschluss nochmal das ganz große Besteck aufgefahren - ein Hardrocker, wie wir ihn von Rickey Medlockes (spätem) Blackfoot-Klon in den frühen Neunzigern öfter zu hören bekamen.
Riot Horse schlägt mit "This Is Who We Are" faustdick überraschend in der Braun'schen Haushaltung ein. Von wegen »Pfff, Retro Rock - hab ich ja noch niiieee gehört« - der Vierer sorgt hier für mächtigen Alarm. Eine Wildcard für das diesjährige Sweden Rock hat es der Band bereits eingebracht. Unsereins scharrt bereits - um wieder in die eingangs erwähnte Metapher zurückzukehren - ungeduldig mit den Hufen und erwartet Riot Horse auf Clubtour in hiesigen Regionen. Aber zackig, meine Herren!
Line-up:
Andreas Sydow (vocals)
Nille 'Neil' Schüttman (guitars)
Joacim Sandin (bass)
Jonas Langebro (drums)
Tracklist |
01:Get Your Hands Up (5:48)
02:Bring 'em On (4:41)
03:Miss Mississippi (4:17)
04:Didn't See It Coming (5:13)
05:My Mountain (5:18)
06:Going Undercover (4:20)
07:Shine (8:36)
08:Hold Me (7:00)
09:Took Me Soul Away (5:21)
10:Torn (3:44)
11:Starlight (4:25)
12:Medicine Man (6:25)
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Externe Links:
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