Meisterwerke sind seit der Jahrhundertwende rar geworden. In den 70er- und späten 60er-Jahren, als der Rock noch innovativ und jung war, verdienten sich dieses Prädikat fast monatlich diverse Interpreten. Das hat sich heute geändert - da man alles irgendwie schon einmal gehört hat und die alten Rock-Hasen fast wirklich nichts mehr überraschen kann, müssen die musikalischen Vorzüge schon wirklich herausragend sein, um von derartigen Superlativen zu schreiben. Die Rival Sons mit ihrem neuesten Werk "Great Western Valkyrie" gehören in diese Kategorie, denn hier stimmt wirklich alles.
Mit ihrer Vorliebe für klassische Rocksongs und deren Neuinterpretation, ohne diese einfach zu kopieren, haben sich die Kalifornier bereits mit ihren Vorgängeralben an die Spitze der sogenannten Retro-Bewegung gespielt. Die magische Formel lautet in ihrem Fall: Orientierung an musikalischen Strömungen aus der Vergangenheit, ohne in die Gefahr zu geraten, diese 1:1 zu kopieren. Denn damit ist es ihnen als einige der wenigen aus der Retro-Schiene gelungen, einen eigenen Sound zu finden und diesen auch weiter zu entwickeln. Das ist der Grund, warum sie es fertig gebracht haben, von Anfang an ihre Vorgängeralben auf demselben hohen Niveau zu produzieren.
Das gilt auch für "Great Western Valkyrie". Hier kann man schon von einer Fließbandproduktion der Meisterwerke 1 bis 4 sprechen. Gitarren, die ihre eigene Sprache sprechen und Songs, die nicht nur Tiefgang, Hooklines und Klasse haben, sondern - gewissermaßen noch als Sahnehäubchen - mit einem Sänger, der wirklich genau das darstellt. Jay Buchanan ist Rock pur, ganz so wie die Shouter, deren Eigenständigkeit wir es zu verdanken haben, dass Rock zu dem wurde, was Generationen über Jahrzehnte begeisterte und in ihren Bann zog: wild, hässlich, räudig - eben Rock'n'Roll, der das Gehirn bis zum letzten Ton in Atem hält und darüber hinaus noch lange beschäftigt.
Das ist genau dann der Fall, wenn ein derart sattes Riff, wie das von "Electric Man", am Anfang der Setlist steht. Mit psychedelischen Klängen entsteht ein rückwärtsgewandter Groove, der noch dazu von einer vergangenheitsinspirierten Orgel unterstützt wird und so den Kurs für den Rest der folgenden musikalischen Genüsse vorgibt. Rival Sons haben es schon immer fertig gebracht, die komplette Emotionsskala auf ihre Alben zu bannen und das gilt hier ebenfalls ohne jede Einschränkung.
Jay Buchanan macht in Passagen wie »I'm gonna show you how babies are made« den Robert Plant und fällt mit "Where I've Been" vom balladesken Schwermut in das totale Bluesfeeling bei "Good Luck". Leidenschaftliche, abgehackte und immer haarscharf an der Perfektion vorbeischrammende Riffs, die aber dadurch erst richtig in Blüte stehen. So wie auch auf "Destination On Course", das im weiteren Verlauf zu einer Jam-Session wächst und einen absoluten Höhepunkt auf dieser Scheibe darstellt.
Groove-Gitarren und überirdische Melodiebögen sind derartig oft vertreten, dass man schon beinahe darauf wartet, dass den Rückbesinnungsmeistern einmal die Luft ausgeht. Dass dem nicht so ist, verdanken wir fetten Rockriffs, psychedelisch angehauchten Melodien, jeder Menge Blues, Funk und Soul und dazu einer Orgel, die genau so aus den Siebzigern stammen könnte. Die Zeppeline, dazu noch die Back Door-Männer von den Doors sowie die Black Crowes erscheinen an diversen Ecken des manchmal kantigen Sounds. Die "California Heat", die Sänger Jay Buchanan derart authentisch vermittelt, dass man meint, sich sofort in den Swimming Pool vor seinem Motel stürzen zu müssen, aber natürlich nicht ohne sich vorher ein Sixpack Schlitz oder Miller zugute kommen zu lassen.
Was für ein Album. Nicht nur analoge Gleichmacherei und Anbiederung an vergangene Mottenkistenhöhepunkte, sondern Pionierleistung, beflügelt von der Vergangenheit - das sind die Rival Sons, die den Classic Rock wirklich als solchen erklingen lassen und das besser als der komplette Rest. "The Great Western Valkyrie" offenbart ein Spektrum an faszinierenden, leidenschaftlichen Klängen, derartig kraftvoll und spannend, dass man noch lange nach dem Verklingen der letzten Töne in ehrfürchtigem Schweigen verharrt.
Line-up:
Dave Beste (bass)
Jay Buchanan (vocals)
Scott Holiday (guitar)
Michael Miley (drums)
Tracklist |
01:Electric Man
02:Good Luck
03:Secret
04:Play The Fool
05:Good Things
06:Open My Eyes
07:Rich And The Poor
08:Belle Starr
09:Where I've Been
10:Destination On Course
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