Rivers Of England / Of Trivial And Gargantuan
Of Trivial And Gargantuan Spielzeit: 45:56
Medium: CD
Label: Songs & Whispers, 2014
Stil: Folk

Review vom 30.05.2014


Wolfgang Giese
Von Belanglosem und Ungeheuerlichem soll hier wohl berichtet werden, wie der Titel dieses Albums verlauten lässt. Ob da auch noch ein Zusammenhang mit dem Bandnamen, Rivers Of England, besteht? Kleine Flüsse, große Flüsse - da mag gar eine umfassende philosophische Absicht der Band dahinterstehen. So war ich gespannt, ob diese insofern hochgesteckten Erwartungen durch die Musik dieser Platte erfüllt werden können oder ob letztlich alles heiße Luft ist.
»Moderner Folk zum Drachenfliegen!« Auf diese Weise verführt mich die Pressemitteilung dazu, aufmerksam zu werden. Und wenn dann noch solche Attribute wie »eine kraftvolle Stimme, großartige Rhodes-Keyboard-Sounds und melodisch angeschlagene Saiten« angekündigt werden, dann klingt das eigentlich schon ganz gut.
Mit "Of Trivial And Gargantuan" liegt das erste Album dieser britischen Band vor, nachdem seit 2008 zwei EPs erschienen sind. Aufmerksam auf die Gruppe wurde ein DJ aus Bristol, der dem Song "Before The Moment Passes" intensives 'Airplay' verpasste. "Where To Begin"? Na, beim gleichnamigen ersten Song natürlich, der in der Tat eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt, etwas, das mich veranlasst, genau aufzupassen. Akustische Gitarre, gestrichener Bass, der nach der Einleitung mit der Stimme, die ein wenig in Richtung Nick Drake strahlt, in den gezupften Zustand übergeht. Dazu nun mehrstimmiger Gesang und ein sachtes Streicherarrangement, ja, das klingt sehr ungewöhnlich. Dieses Arrangement klingt durchdacht und wird leidenschaftlich vorgetragen.
Die Texte sind nicht beigefügt. Zu den einzelnen Titeln gibt es aber kurze Bemerkungen, die mit ihren knappen Anrissen bereits Anlass zu Denkanstößen geben können - einige Beispiele:
"To Feel Alive" (»Freedom. Lovers. The infinitely large and the infinitely small. Rivers. Conciousness.«)
"Before The Moment Passes" (»Fantasy. Love. Confidence. Hesitation «)
"Selfless People" (»Non-violence. Aid workers. Volunteers. Peace activists. Medical professionals. Philanthropists «)
Ja, so wird jeder/jedem auf seine Weise ermöglicht, eine persönliche jeweilige Deutung vorzunehmen.
"Train Coming" - der Zug, der hier kommt, schleppt sich schleichend dahin. Hier streicht der Bass wieder dick auf, wiederum von Streichern unterstützt. Und genau diese Streicherarrangements sind es, die die Besonderheit für mich ausmachen. Nun, so ganz kraftvoll ist der Gesang nicht. In relativ hoher Tonlage des Leadsängers strahlt dieser eher etwas Verhaltenes aus, oft noch einen Tick zurückhaltender als bei Nick Drake. Nichtsdestotrotz ist dieses Bestandteil des Gesamtbildes, das insofern unter Zusammenwirken der verschiedenen Elemente diese Besonderheit des Sounds ergibt. Es passt halt alles gut zusammen.
Jedenfalls ist es der Band trefflich gelungen ist, einen relativ eigenen Ausdruck zu schaffen, unter dem Hintergrund britischen Folks der Sechziger und Siebziger als Basis, mit vielen verträumt schwebenden Elementen und durch den Double Bass stets wichtige jazzige Momente mit einzubringen, wie es einst bei Pentangle so wunderbar ausgeführt wurde. Doch die genannte Band ist nur eines der Querverweise auf andere Künstler und Stile, die nie simpel kopiert werden, sondern wie gelegentlich einfließen, seien es die Gänsehaut verursachenden Streicher oder die Keyboards, die in die oft dahinschwebende Stimmung Tupfer hinein werfen. Ich empfehle den ganz hervorragenden Titel "To Feel Alive", der ganz viel von Mark-Almond widerspiegelt.
So ist es grundsätzlich schwierig, den einen oder anderen Song hervorzuheben oder zurückzustellen, weil jeder auf seine Art und Weise besonders ist. Und genau das spricht für die Band Rivers Of England, die offensichtlich mit Spaß dabei ist ("Bailbrook Lane") und es versteht, ihre Vorstellungen wirklich gut und erreichbar für Hörer umzusetzen.
Etwas mehr Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Liveauftritte und diese Band könnte einen wichtigen Eckpfeiler in der Gestaltung zeitgemäßen britischen Folks darstellen. Da stecken soviel Ideenreichtum und Frische in der Musik, dass diese großräumiges Entwicklungspotenzial beinhaltet.
Line-up:
Rob Spalding (guitar, vocals and percussion frog)
Bill 'The Goat' Owsley (double bass, vocals and guitar)
Beth Porter (cello)
Danyal Dhondy (viola)
Chris Winfield-Chislett (keyboards)
Patrick Morgan (drums and tea jar)
Josh Clarke (cajon, glass, egg shaker & percussion)
Simon Capes (vocals - #7)
Tracklist
01:Where To Begin
02:Train Coming
03:Spinning Planets
04:To Feel Alive
05:The Meadow Sways
06:Before The Moment Passes
07:Wednesday
08:Bailbrook Lane
09:The Artist And The Scientist
10:Selfless People
11:Billions Of Stars
Externe Links: