![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_01.jpg)
Ganz unverhofft und kurzfristig durfte ich für den beruflich leider verhinderten Kollegen
Udo Gröbbels [vgl.
Vorbericht v. 27.07.2010] einspringen und mich zu festgesetzter Stunde an der Bonner Museumsmeile einfinden, um einen eindrücklichen Abend mit
Roxy Music auf ihrem einzigen Konzert in Deutschland erleben zu können.
Zur Einstimmung hatte ich erst mal in meiner Plattensammlung gestöbert, denn zugegebenermaßen war bei mir lange nichts mehr aus der Ecke des Art Rock aktiv in den Player geschoben worden. Wie bestellt fiel mir dann auch als erstes jene 'skandalöse' "Country Life" in die Hände, deren Cover mit den leichtbekleideten Damen ja speziell in den USA für einigen Wirbel gesorgt hatte (wir reden zwar vom Jahr 1974, aber wahrscheinlich würde eine ähnliche Reaktion auch heute noch keinen so richtig wundern…).
![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_02.jpg)
Hinreichend bekannt ist wohl die Tatsache, dass der Museumsplatz ein lediglich halb überdachtes Open Air-Gefühl und daher aber auch nur einen halben Schutz vor den Elementen vermittelt. So wurde dann natürlich der in der jüngeren Vergangenheit wenig wohl gesonnene Wettergott eingeschworen und just zu den passenden Nachmittags- und Abendstunden kam es dann auch mal nicht nass von oben. Die Atmosphäre unter dem hohen Zelt, von
Pete Townsend beim letzten Auftritt der
Who in Bonn noch als
»bloody marquee« betitelt, ist schon
![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_03.jpg)
etwas Feines, verlangt durch die spezielle Architektur aber dem Tontechniker auch einiges ab.
Ferry und Co. sollten ursprünglich mit
Grand Avenue und den
Fun Lovin' Criminals im Vorprogramm auftreten. Die erstgenannte Combo wurde allerdings aus organisatorischen Gründen gestrichen, so dass
FLC die alleinige Ehre zuteil wurde, das Publikum mit ihrem Funk-Rap-Hip-Hop-Whatever in Wallung zu bringen. Weniger bekannt war für einige Besucher jedoch die Tatsache, dass der Ur-Drummer
Paul Thompson leider aus gesundheitlichen Gründen einige Gigs - so auch den Bonner - nicht mitmachen konnte. Dafür durfte der bereits
Roxy Music-erfahrene
Andy Newmark an seiner Stelle die Trommelstöcke schwingen.
![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_04.jpg)
Die Stimmung bis zum Beginn ist schon ein wenig erwartungsfroh gespannt und trotzdem, wie meistens hier, zugleich locker und angenehm. So wundert es wenig, dass auch ein Bassist bei
Roxy Music plaudernd und Bier trinkend über den Platz wandert.
Pünktlich um 20:15 gehen dann die Lichter an und die Band des Abends kommt auf die Bühne.
Bryan himself setzt sich erst mal recht unscheinbar weiter hinten an die Keyboards und begleitet sich selber für ein tolles "Re-Make/Re-Model" an den Tasten. Der erste Szenenapplaus gilt den Urgesteinen
Phil Manzanera (g) und
Andy Mackay (sax), die sich ganz nah ans Publikum stellen. Kurz darauf ist auch
Ferry vorne und wenn man nicht gerade in der ersten Reihe steht, möchte man fast meinen, die Zeit sei Ende der 70er Jahre angehalten worden. Fast vollständig dunkles dichtes Haar, gut sitzender Anzug und auch die Bewegungen stimmen, wenngleich die Variabilität der Stimme den vergangenen Jahrzehnten etwas Tribut zollen musste.
![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_05.jpg)
Untermalt von einer eindrücklich simplen aber effektvollen Lightshow, die meist nur aus farblich verfälschten Live-Bildern oder aus Bildreihen alter Cover aus den Siebzigern besteht, werden handwerklich perfekt "Out Of The Blue", "More Than This" und einige andere Stücke gebracht. Die Band, bzw. die einzelnen Musiker bekommen alle ihren Platz im Set, jeder darf sein Solo spielen. Sehr gut gefällt mir dabei auch der zweite Gitarrist, gefühlte 16 Jahre alt und sein Instrument dennoch beherrschend wie ein alter Hase. Eine kleine Augenweide, neben ihrem musikalischen Vermögen, ist zudem die Violinistin in einem intravenösen Etwas von Anzug, die wilde Mähne schwingend und die Saiten bearbeitend.
![Roxy Music Roxy Music](pics/tn_bonn10_06.jpg)
So richtig kracht es aber erst nach einer guten Stunde und jetzt springt mit "Virginia Plain" und dem danach folgenden "Love Is The Drug" auch der Funke auf das Publikum voll über und die nun einsetzende Dunkelheit gibt der Lightshow die Möglichkeit, sich richtig zur Geltung zu bringen. Das vornehmlich gesetztere Publikum geht nun merklich mit, vereinzelte Feuerzeuge sind zu sehen und einige Selbstvergessene singen mit geschlossenen Augen mit, während
Bryan Ferry, die Arme im achtziger Jahre-Stil schwingend, über die Bühne shufflet. Nach "Do The Strand" verschwindet die Band für die leichte Andeutung einer Pause von der Bühne, bzw. verlässt lediglich die angestammten Plätze, um dann für das etwas zu frühe Finale aus "Let's Stick Together" und dem unverzichtbaren "Jealous Guy" die letzten beiden Songs des Abends zu bieten. Zweifelsohne passende Schlussakzente, aber knapp 90 Minuten erscheinen bei dem einzigen Konzert der Republik dann doch etwas kurz. Das soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir eine saubere Darreichung eines gut gewählten Querschnitts durch das Schaffen der Band mit einer ansehnlichen Reihe großer Hits genießen konnten.
Herzlichen Dank an
Ernst-Ludwig 'Ernest' Hartz, E.-L. Hartz Promotion GmbH / Noisenow - Bonn für die unkomplizierte 'Um'-Akkreditierung.