Um ehrlich zu sein: Beim ersten Anblick des Covers der vorliegenden EP erfasste mich eine latente Beklommenheit. Zu sehen ist ein karg möbliertes und schlecht belichtetes Zimmer, in dessen Mitte ein leerer Stuhl steht. Darüber schwebt ein Bund Luftballons, an dem ein akkurat nach Bauanleitung gewickelter Henkersknoten samt Schlinge hängt. Dreht man die Papphülle um, ist man eine Szene weiter und sieht im selben Zimmer einen leblos baumelnden Unterkörper und daneben den besagten Stuhl - umgestürzt. Dieses provokant-ironische Artwork in Verbindung mit dem Titel der EP "If I Fly" entlockte mir ein Schmunzeln.
Man höre und staune: RunPigRun, benannt nach einem Queens Of The Stone Age-Song, kommen aus Leipzig und klingen wahrhaftig wie eine wildgewordene Schweinebande: dreckig, borstig, rau und gleichzeitig frisch und druckvoll. Stoner Rock, Grunge und Alternative Rock geben sich auf dieser Scheibe die rohe Klinke in die Hand. Dabei kratzt und ächzt Sänger Mike Berus ins Mikro, als hätte er die letzten zwanzig Jahre nichts anderes gemacht - ein wahrer Hörgenuss. Besonders wenn der Frontmann im Opener "Endless Wonder" inbrünstig singt »My endless wonder that's what I came for« - JA! Dafür sind auch wir hierher gekommen, um solch wunderbar ungeschminkter Mucke zu lauschen.
Der Titeltrack "If I Fly" nimmt den Hörer mit auf eine sommerliche Spritztour über angenehm holprige Landstraßen, während im Refrain die Schweinecombo mit Hilfe von herrlich dissonanten Tönen und einem Tempowechsel auf die Überholspur einbiegt und munter Staub aufwirbelt. Die Jungs rumpeln und scheppern sich mit mächtig dreckigen Gitarren durch ihre Songs, dass einem ganz warm ums Herzl wird. Im instrumentalen Mittelteil von "Hard To Find" fiedeln, stampfen und schrammeln die Jungs wie gefräßige Rampensäue. Dieser Song zeigt eins zweifellos: Hier sind tief in der Seele verwurzelte Musikliebhaber am Werk.
Das Stück "Let Me In" befördert mit seiner einlullenden ersten Minute den Zuhörer zunächst noch auf direktem Wege in den Tiefschlaf, um dann schlagartig wie ein terrorisierender Rockwecker loszujagen. Mit "Not A Solution" wird eine weitere aufreizend dissonante Nummer abgeliefert. Toll!
Was für eine beachtliche EP! Bitte mehr davon! Dürfte ich mir etwas für das noch in diesem Jahr erscheinende Debütalbum von RunPigRun wünschen, wäre es noch etwas mehr Tempo. Aber schon auf dieser EP lassen die Herren so richtig die Sau raus. Gut gegrunzt, Jungs!
Line-up:
Mike Berus (guitar, vocals)
Patrick Heinrich (guitar)
Hagen Moritz (bass)
Nick Putzmann (drums)
Tracklist |
01:Endless Wonder
02:Hard To Find
03:If I Fly
04:Let Me In
05:Not A Solution [Live Rehearsal]
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Externe Links:
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