Es ist unbestritten, dass wir es bei Rush mit einer der größten und verdientermaßen abgefeiertsten Prog-Band der Welt zu tun haben. Was dieses kanadische Trio seit Gründung der Band vor mehr als 45 Jahren so alles auf Platte gebrannt hat, ist nicht so schnell wiederholbar. Zu ihren unzähligen Meriten gehört neben einem veritablen Haufen Grammy-Nominierungen berechtigterweise auch die Aufnahme in die Rock And Roll Hall Of Fame. Unbestritten ist allerdings auch, dass sich die Gemüter an der Bewertung des Debütalbums von 1974 in zwei Lager gespalten haben und immer noch spalten.
Für die Kritiker ist es lediglich ein Rock-Album (ohne speziellen Titel), das stark an die Klänge von Cream, Blue Cheer, Sabbath oder Led Zep angelehnt ist, ja, diese in Teilen sogar kopieren soll. Uninspiriert und gelangweilt sollen die drei Herren daherkommen. Das mag jeder für sich selbst bewerten, die andere Fraktion sieht das vollkommen anders und erachtet im Debüt zumindest ein Album, das neben gefälligem Rock der frühen Siebziger auch bereits erste Ansätze der späteren Rush erkennen lässt. Das markante Gitarrenspiel Alex Lifesons sei hier nur als Beispiel erwähnt.
Der Sage nach soll das Album, das als Eigenproduktion auf der Band Label Moon Records erschien, nur deshalb überhaupt Beachtung in der Öffentlichkeit gefunden haben, weil es von einer einzigen Radiostation gespielt wurde. Wie auch immer…
Wichtig ist allemal, dass es das einzige Album mit einem anderen Line-up ist, als wir das von späteren Veröffentlichungen der Band gewohnt sind. Schlagzeuger John Rutsey musste aus gesundheitlichen Gründen unmittelbar nach den Aufnahmen den Dienst quittieren und wurde 1974 durch Neil Peart ersetzt, der bis heute hinter der Schießbude sitzt. Komplettiert wird das Trio durch Geddy Lee, verantwortlich für die tiefen Töne und den Gesang.
Das Album bietet zwei mal vier Songs, die sich rund vierzig Minuten Spielzeit teilen und von mal schnelleren Rockern, aber auch bluesig-melodiösen Stücken geprägt ist. Deutlich erkennbar sind ganz klar die teilweise richtig gut knallenden Riffs, egal, von wem das Gitarrenspiel seinerzeit beeinflusst war. Als wichtigsten Track sieht man in jedem Fall den letzten auf der zweiten Seite an: "Working Man", der Song, der erstmalig im Radio gespielt wurde, avancierte zumindest in Amerika zum frühen Trademark der Band, die bekanntermaßen ihren Stil später stark veränderte und sich selber ein fettes Denkmal setzte.
Vierzig Jahre nach Erstveröffentlichung schiebt Universal in der Reihe reDISCovered eine sahnemäßige Box mit dem Debüt auf den Markt. Neu überarbeitet, im Direct Metal Mastering-Verfahren von den alten Analogbändern in Kupfer geschmiedet, kommt der Rundling als schwere 200g Vinylausgabe daher und versteckt sich in einem dicken und schicken Karton. Aufgemacht ist die limitierte Jubiläumsausgabe wie das Originalcover von 1974 und sie hat zudem noch ein paar Goodies in petto.
Da gibt es einen aufschlussreichen Band-Stammbaum, der die Zeit ab 1965 mit all ihren Verquickungen von verschiedenen Bands bis hin zum heutigen Line-up anschaulich darstellt. Reproduktionen alter Promofotos dürfen natürlich nicht fehlen, ebenso wenig ein altes Werbeplakat im A2-Format. Zusätzlich findet der Fan neben der originalen Matrix (als Repro) einen Download-Code, um sich das Teil auch genussvoll in digitaler Form einzuverleiben.
Fast nicht zu erwähnen ist die Tatsache, dass die Scheibe als solche natürlich durch einen spitzenmäßigen Sound, diese vinyltypische spitzenmäßige Klangatmosphäre besticht. So etwas lässt sich - gefühlt - nicht auf CD verwirklichen.
Universal liegen mit dieser Jubi-Box natürlich voll im Trend und haben fraglos ein richtig feines Teil geschmiedet. Mit einem Kaufpreis von über vierzig Krachern nicht gerade Grabbeltisch-Ware, aber wer bin ich, dass ich Euch vorschreibe, wieviel Ihr für Eure Devotionalien auszugeben habt?
Line-up:
Geddy Lee (vocals, bass)
Alex Lifeson (guitar, vocals)
John Rutsey (drums, vocals)
Tracklist |
Side One:
01:Finding My Way
02:Need Some Love
03:Take A Friend
04:Here Again
Side Two:
01:What You're Doing
02:In The Mood
03:Before And After
04:Working Man
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Externe Links:
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