"Wenn der Vater mit dem Sohne"... da denkt man unwillkürlich an das rührselige Filmchen des sogenannten Staatsschauspielers und Goebbels-Intimus Heinz Rühmann. Eindrücklicher sind sicherlich die vielen fruchtbaren Produktionen aus solcher Familienbande. Im niederrheinischen Kleve haben gleich zwei Vater-Sohnemann-Pärchen zueinander gefunden - in der Country- und Folk-Formation Rusted Finger.
Ende letzten Jahres hat der 'gemischte Vierer' dieses erste Album vorgelegt, das bislang ausschließlich über die eigene Webseite erhältlich ist. "Timecapsule" macht dabei seinem Titel alle Ehre. Man fühlt sich unweigerlich via Zeitmaschine in die frühen Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts transferiert, kann zu Folk- und Country-Klängen tief im Old-Timey-Feeling schwelgen. Die Väter scheinen von Leuten wie Bob Dylan oder Neil Young
beeinflusst, während die Söhne sicher zusätzlich modernere (New-) Country-Bands verinnerlicht haben. Bei "Sweet Darlene" oder "The Bards Tale" schimmert unterschwellig sogar Härteres durch, man könnte hier durchaus an Biffy Cyclo denken. Ist halt wie immer auf dem Weg zur Eigenständigkeit: Die Mischung macht's...
Rusted Finger lassen gleich mehrfach komödiantisches Geschick und eine gehörige Portion sympathischer Selbstironie durchblicken. Gleich reihenweise keimen Lagerfeuer- und Saloon-Atmosphäre auf. Fröhlich wird zu "Another Day, Another Year" in Whiskeylaune gegrölt, bevor der 'Motzfrosch' (siehe Line-up, wer immer das sein mag...) mit einem genervten »Shut up!!!« zum Schweigen verdonnert wird. Es wiehern die Pferde, es zirpen die Zikaden, es rattern die Wagenräder des Trecks, westwärts zum Sonne putzen...
Hauptsongschreiber Andy Klemm beweist mit seinen jungen Jahren reichlich Mut, denn den braucht's für eine derartige Zeitreise sicherlich. Doch ein Blick auf die Euro Americana Charts beweist, dass diese Art von Musik durchaus auch diesseits des 'großen Teichs' funktionieren kann - gerade wenn sie derart liebevoll authentisch mit akustischen Gitarren, Banjo, Dobro und Mundharmonika arrangiert wird. Bei "The Bards Tale" würde man sich sogar noch einen Dudelsack wünschen....
Die Mischung aus schnelleren Stücken ("That's All", "The Old Dream") und Balladen (richtig toll: "Days On The Country" und "The Old Horse") lässt nicht nur keine Langeweile aufkommen, sondern sorgt gelegentlich für ein breites Grinsen ("Another Day, Another Year") aufgrund des Spaßfaktors. Neben den bereits genannten Songs stechen noch das verträumte "Mary Jane" und das flott abrockende "Rainbow Girl" hervor.
Einzig am Gesang könnte zukünftig noch ein wenig gefeilt werden. Etwas mehr Ausdrucksstärke und ein paar prägnante Satzgesänge würden hier für weitere Glanzpunkte sorgen. Vielleicht sollte man zusätzlich mittels morgendlicher Munddusche die Stimmbänder mit Whiskey gerben. Die besten Erfolge kann man hier mit so einem Fusel erzielen, den man nicht runterschlucken darf, weil man ansonsten garantiert blind würde - doch Scherz beiseite...
Summa summarum ist Rusted Finger mit "Timecapsule" ein gutes Debüt gelungen, das bei Country- und Folk-Freunden gleichermaßen punkten dürfte wie bei der Anhängerschaft der üblichen Verdächtigen des Singer/Songwriter-Genres.
Line-up:
Wolfgang Klemm (vocals, rhythmguitars, banjo, dobro, mouth organ, flute)
Andy Klemm (vocals, lead guitars, bass)
Hans Klingenberg (guitars, mouth organ, background vocals)
Claas Klingenberg (drums, percussion)
Special Guests:
The Drunk Choir - Tanja & Cassandra
Der Motzfrosch
Tracklist |
01:Intro [Opening The Capsule] (1:44)
02:That's All (2:58)
03:Mary Jane (4:53)
04:Days On The Country (5:56)
05:Another Day, Another Year (3:17)
06:Rainbow Girl (5:02)
07:The Old Dream (3:20)
08:Sweet Darlene (3:58)
09:Country Bar Waltz (4:04)
10:The Bards Tale (4:22)
11:Outro [Burry The Capsule] (0:10)
12:The Old Horse (4:46)
|
|
Externe Links:
|