Timo Räisänen / The Anatomy Of Timo Räisänen
The Anatomy Of Timo Räisänen Spielzeit: 40:54
Medium: CD
Label: Razzia Records, 2010
Stil: Independent Pop

Review vom 25.09.2010


Wolfgang Giese
Für viele sicher ein neuer Name, ein neues Gesicht.
Ein gar seltsam anmutendes Cover, auf dem der Künstler uns sein Innerstes präsentiert, nämlich seine organischen Innereien, auf der Rückseite ist dann noch der uns zugekehrte Rücken zu erblicken, mit dem Herzen.
Soll das nun ein diskreter Hinweis sein? Ist das symbolisch zu betrachten? Will uns Timo, nach eigener Aussage »der kleine schwedisch-finnische Junge, der Rockstar werden wollte«, hier wirklich an ihm beteiligen?
Wir werden es herausfinden.
Am 25.7.1979 wurde er in Göteborg geboren, die Mutter mit anglo-indischen Wurzeln, der Vater Finne. Bevor sein erstes eigenes Album im Jahre 2005 erschien ("Lovers Are Lonely"), arbeitete er mit dem schwedischen Star Håkan Hellström zusammen in dessen Band. "The Anatomy Of Timo Räisänen" ist sein viertes Album. Die Platten, auch Singles, waren gar recht erfolgreich in Schweden und charteten gar im Falle des 2007er Albums "Love Will Turn You Round" auf Platz drei.
Wird diese Veröffentlichung auch wieder so erfolgreich sein?
Unter dumpfen Pianoklängen trägt Räisänen vor, »I've got cocaine in my brain and it feels just fine«. Nun ja, der etwas gequälte Gesang könnte vielleicht darauf schließen lassen, dass es so ist? Keine weiteren Instrumente gesellen sich zu dieser düsteren Ballade, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Eine geschrammelte Gitarre leitet den nächsten Titel ein, der dann von flottem Schlagzeug energisch unterstützt, schnell Fahrt aufnimmt. Und hier wird deutlich: Das klingt nach Musik aus Skandinavien, ja, das hört sich definitiv anders an, da existiert noch so etwas wie Frische, egal, ob man das nun mag oder nicht, das behaupte ich ganz einfach einmal. Musik, die noch die gewisse Reibung aufweist, die sich nicht scheut, unbedarft verschiedene Einflüsse mit einzubeziehen - Independent Pop, Folk, Country, Rock, Punk, einfach alles, was man zu einer besonderen Melange zusammenfügen kann. Auch "Outcast" weist diese Elemente auf, das geht richtig gut ab. Oft sind es jene leicht melancholisch angehauchten Melodien, die die Musik zugänglich machen, und das Quäntchen Individualität bleibt dabei nicht außen vor.
Klar, das sind wieder Töne, die man nicht ohne weiteres locker in eine Schublade pressen kann, hier scheint ein ungezähmter Wilder am Werk zu sein, der noch voller Energie und Ideen strotzt und damit manchmal überquillt. Doch starke Rockelemente sind es, die dem Sound dann und wann die Feinheit eines gepflegten Popsongs nehmen, und selbst, wenn es dann gar sehr harmonisch wird ("Without You") mit diesen süchtig machenden Einfällen innerhalb des Arrangements, bleibt die Musik doch immer wieder am Boden des Rock. Dieses Stück ist übrigens mein liebstes, weil für mich Komposition, Arrangement, Vortrag und Ideen zusammen mit dem Gesang eine wunderbare Allianz eingegangen sind; das sollte als Single heraus! Allerdings wählte man hier den Titel "Numbers", "Without You" halte ich für geeigneter. Unbeschwerter Poprock mit (gottlob) vielen Ecken und Kanten zieht sich durch die ganze Platte.
Insofern scheint das Innerste, das Räisänen möglicherweise nach außen kehren wollte, eine sehr quirlige, positiv eingestellte und fröhliche Seele zu repräsentieren, bis auf den ersten, sehr nach gequälter Kreatur klingenden Titel. Nun gut, etwas Nachdenkliches gibt es immer wieder zwischendurch: »I'm caught in the middle of fear« heißt es bei "Moonchild", oder wenn Räisänen die unvermeidliche Tatsache vorträgt, »We're all gonna die«.
Aber alles in allem eine für mich im Ausdruck sehr positive und treibende Musik, bei der ich als Kritikpunkt erneut das anbringen möchte, was mir fast immer auffällt: Genau - wiederum ist es der Gesang, der nicht immer so ist, wie ich ihn manchmal lieber hätte. Bei einigen Songs passt es, doch dann, wenn mehr Ausdruck gefragt ist, fehlen Kraft und Gestaltung. Dieser kleine Minuspunkt schmälert aber die letztlich gute Leistung nicht wesentlich.
Eine interessante Platte, die mindestens einen Hördurchgang verdient hat!
Line-up:
Timo Räisänen (vocals, backing vocals, bass - #7, 11, piano - #1, percussion)
Hans Olsson Brookes (keyboards, backing vocals, percussion and beats)
Joel Magnusson (bass)
Niels Nankler (guitar)
Patrik Herrström (drums)
Ruth Mussie (backing vocals - #6)
Jerusalem Yeman (backing vocals - #6)
Irena Krsteva (backing vocals - #6)
Linnéa Sandström (backing vocals - #6)
Tracklist
01:Cocaine (2:53)
02:Numbers (3:08)
03:Outcast (3:50)
04:Without You (3:23)
05:Hollow Heart (3:48)
06:Moonchild (4:38)
07:Bleeding (4:34)
08:One Day (3:41)
09:It's Not New (3:32)
10:Carrie Anne (3:30)
11:We're All Gonna Die (3:54)
(all songs written by Timo Räisänen)
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