Es gibt angekündigte Veröffentlichungen, denen fiebert man regelrecht entgegen. Unter anderem vielleicht deswegen, weil sich ein Künstler, den man immer gern hörte, lange rar gemacht hatte.
Einen solchen prickelnden Schatten warf dieses Ereignis, nämlich die Ankündigung einer neuen Platte des alten Folkies Tom Rush, bei mir voraus.
Das ist wie Vorfreude auf Weihnachten, diese Spannung, wie sie wohl fast jeder von uns als Kind hat erleben können.
1974 war es, dass sich Rush mit "Ladies Love Outlaws" letztmalig mit einem Studioalbum meldete.
Erfreut konnte ich mir 1982 und 1984 dann die beiden Liveplatten "New Year" und "Late Night Radio" anschaffen - beides Veröffentlichungen mit hervorragender Atmosphäre und einigen hochkarätigen Gästen. Doch dann gab es erst wieder im Jahre 2006 ein weiteres Lebenszeichen: die Live-Scheibe "Trolling For Owls" - nur über die Website erhältlich.
Also nun - 35 Jahre später, erscheint endlich eine neue Studioplatte. Da kann man natürlich schon etwas aufgeregt sein.
Wird das noch der 'alte Tom' sein?
Welche Musik wird er uns präsentieren?
Oder treffen wir lediglich auf einen 'abgehalfterten' Künstler?
Doch alle Sorgen waren, so sehe ich es jedenfalls, völlig unberechtigt! Denn dieses Album halte ich sogar für eines seiner besten!
Einige 'Lieblinge' haben sich auch bereits herauskristallisiert, so "East Of Eden", von Jack Tempchin (er hat u.a. für die Eagles geschrieben) und John Brannen, ein neues Stück aus 2007, das in das Singer/Songwriter-Feeling eine sonnig-kalifornische Westcoast-Atmosphäre mit einbringt... und dazu diese herrlich eingesetzte Pedal-Steel, gespielt von Fats Kaplin...
Ferner der "River Song", bereits als Neu-Track-Bonus auf der letzten "Best Of" enthalten, jetzt noch einmal überarbeitet und noch etwas romantischer und ruhiger. Und wieder diese Pedal-Steel, die Mandoline und die Fiddle, die eine traumhafte Harmonie verbreiten.
Dieser "River Song" ist übrigens einer von fünf eigenen Kompositionen des Musikers, der in der Regel eher dazu neigte, sich Fremdtitel anzunehmen und mit eigenem Anstrich zu versehen, wie auch hier mit hervorragenden Versionen von Eliza Gilkyson ("Fall Into The Night"), ein wirklich schönes Liebeslied: »So, Baby, Light The Candle, Let Me Look Into Your Eyes, Don't Know If This Is Heaven, Sure Feels Like Paradise«.
Auf "Too Many Memories" liefert Emmylou Harris ihren Gastvokalbeitrag ab, auf "Hot Tonight" ist es Bonnie Bramlett und Nancy Griffith ist in "Casey Jones" zu hören.
Gut gemacht, perfekt und stimmig eingefügt in das Gesamtbild ist der Saxofoneinsatz bei "What An Old Lover Knows", gepaart mit der Pedal-Steel, auf deren Einsatz Rush auch nur in sieben Titeln verzichtet.
Viele harmonische Schönklänge bestimmen das Bild, z.B. sind auch "All A Man Can Do" (übrigens ein Lied über das Leid von Vietnam-Veteranen) und "Fall Into The Night" hierfür schöne Beispiele. Man merkt sofort, hier ist ein Musiker am Werk, der sein Handwerk versteht, ein wahrer Profi. Seit seinem ersten Album aus dem Jahre 1962 hat Rush nichts von seiner Ausdruckskraft verloren. So klingt seine Stimme noch nicht - wie man es oftmals von einigen anderen gewohnt ist - so brüchig, nicht einmal ansatzweise und dabei ist Rush immerhin schon 68 Jahre alt.
Er scheint er es auch gar nicht nötig zu haben, irgendwelche Trends aufzugreifen und zu verarbeiten. Es ist noch immer der gute alte Folk, angereichert mit einigen Country-Elementen auf der Basis jener Musik, die die Singer/Songwriter-Szene der 70er um Rush, James Taylor & Co. beherrschten.
Nicht mehr und nicht weniger, aber das mit einem solch stark emotionalen Ausdruck, wie man ihn nicht mehr oft in dieser Art vernehmen kann.
Klar, es geht dann auch schon einmal etwas flotter zu, so zum Beispiel auf dem countrylastigen "Silly Little Diddle", oder bei dem fröhlichen Titelsong, bei dem Tom sogar ein kleines Solo pfeift. Und ganz bedächtig, nur Rush mit Stimme/Gitarre und John Catchings am Cello, beendet er diese hervorragende Platte mit dem Titel "Drift Away"
Schön, dass er wieder da ist und hoffentlich müssen wir nicht wieder so lange warten. Nun ja, weitere 35 Jahre dürften viele unter uns inklusive des Künstlers wohl auch nicht mehr überleben.
Jedenfalls klingt diese Musik so frisch und unverbraucht, als wäre Tom Rush nie weg gewesen.
Produziert hat diese feine Platte übrigens auch ein Veteran der Musikszene, Jim Rooney, der Produzent und Musiker aus Nashville.
Line-up:
Tom Rush (vocals, acoustic guitar)
Bonnie Bramlett (harmony vocal - #1)
Pat McLaughlin (harmony vocal, mandolin - #1,8)
Fats Kaplin (mandolin, pedal steel, fiddle)
Kirk "Jellyroll" Johnson (harmonica - #1,3,8,11)
Mike Henderson (electric guitar - #1,3,5,6,7,11,13)
John Hedgecoth (jug - #1,8)
Dave Pomeroy (upright bass)
Pat McInercey (drums, washboard, percussion)
Harry Stinson (harmony vocals - #2,3,6,9,12,13)
Suzy Ragsdale (harmony vocals - #2,3,7,9,10,12,13)
Thomm Jutz (acoustic - #2,4,9,11,14 and electric guitar - #2,4,9,10,14)
Trevor Veitch(nylon string guitar #2, mandocellos #6)
Pete Wasner (piano - #2,4,6,10,13,14, wurlitzer - #4,9,12, B-3 organ - #4,5,10,12,13)
Robin Batteau (harmony vocals - #3, violin - #3,7,9,10,13)
Emmylou Harris (harmony vocal - #4)
Mark Howard (acoustic guitar - #6,7,12,13)
Nancy Griffith (harmony vocal - #8)
John Catchings (cello - #9,15)
Joe Mennonna (soprano sax - #10, saxophones - #14)
Richard Bailey (banjo - #11)
Tracklist |
01:Hot Tonight
02:East Of Eden
03:River Song
04:Too Many Memories
05:What I Know
06:All A Man Can Do
07:Fall Into The Night
08:Casey Jones
09:You're Not Here With Me
10:What An Old Lover Knows
11:Silly Little Diddle
12:Lonely
13:No One Else But You
14:One Good Man
15:Drift Away
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Externe Links:
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