Arturo Sandoval / Dear Diz (Every Day I Think Of You)
Dear Diz Spielzeit: 69:51
Medium: CD
Label: Concord Music Group, 2012
Stil: Big Band Jazz


Review vom 27.06.2012


Wolfgang Giese
Arturo Sandoval ist bei RockTimes kein Unbekannter mehr. Nun bedankt er sich mit einer neuen Platte bei einem der Urväter des Be Bop, bei Dizzy Gillespie. "Dear Diz (Every Day I Think Of You)" ist eine herzliche Hommage an den, der Arturos Mentor und Freund war. Als Dankeschön ist insofern auch der letzte Titel der Platte zu verstehen, auf dem Arturo singt und den Text auch eigens im Booklet verewigte:
»Every day of my life I think of you.
And when I blow my horn I think of you.
If I could say how much you mean to me.
I have no words to express my love for you.
Your music plays inside my head
In every song I wrote.
This is part of me, I send to you, it's coming from my heart.
And every day I think of you.«
Sein Gesang wird hier von einem schönen Streicherarrangement von Chris Walden und sensiblen Trompetenklängen untermalt - das geht schon etwas unter die Haut! Doch von Anfang an...
Im Booklet wird beschrieben, wie sich die beiden Trompeter 1977 kennenlernten. Sandoval erhielt einen heimlichen Anruf: » Dizzy Gillespie is coming to Cuba. The Caribbean cruise ship docks today at 3 PM. That's all I can tell you.« So war der Kubaner am Dock und wartete auf sein großes Vorbild. Er sprach kein Englisch und Dizzy kein Spanisch, sodass der Perkussionist Ray Mantilla als Dolmetscher fungierte. Dizzy ließ sich von Arturo die Insel zeigen und dieser outete sich nicht als Musiker, geschweige denn als Trompeter und nahm dafür die Rolle als Fremdenführer wahr. Allerdings ließ sich diese Tarnung nicht lange aufrecht halten. Am Abend hörten sich Dizzy und Stan Getz einige lokale Musiker an und so ergab es sich, dass die Band Irakere einen Auftritt inklusive Sandoval hatte. Gillespie reagierte spontan, schnappte sich seine Trompete und stieg mit ein. Von diesem Abend an blieben die beiden Musiker dicke Freunde. Und genau dieses schafft der Protagonist mit der Musik auf der neuen CD trefflich auszudrücken: den Respekt vor sowie die Freundschaft zum Vorbild - er, der mittlerweile selbst Vorbild für andere wurde.
Wir hören eine Kollektion von Gillespie-Klassikern im Bigband-Format - alles mit dem Geist des Be Bop und der Musik Kubas gepaart. Dabei kommt eine Mischung aus bekannten/berühmten Musikern und kommenden Stars zum Einsatz, ganz wie man es einst auch von Gillespie als Talentförderer kannte. In diesem Zusammenhang verweise ich auf das umfangreiche Line-up.
Mit dem Titel "Be Bop", dem Namensgeber für eine ganze Musikrichtung, startet der wilde Ritt durch furiose Arrangements. Eine alte Einspielung eröffnet Gillespie mit folgender Live-Ansage: »One of the young grand masters of the trumpet« und stellt Sandoval damit vor. Bei "For Musicians Only" aus dem Jahr 1956 hatte Diz eine wilde Version des Titels vorgestellt. Hier ist das Tempo hörbar zurückgenommen und swingt locker mit dezent bluesigem Anstrich im Midtempo-Bereich. Der Neuling Zane Musa steuert ein hervorragendes Solo auf dem Altsaxofon bei. Mit diesem und dem vorhergehenden Beitrag des Pianisten sowie dem nachfolgenden Trompetensolo steigert sich das Tempo dann auch plötzlich und ist somit nur ein Beispiel für die erstklassigen Arrangements dieser Musik.
Die einzelnen Solisten sind jeweils im Booklet vermerkt und so kommen wir nach und nach in den Genuss solcher hochwertiger Beiträge von Bob Mintzer, Gary Burton, Plas Johnson, Joey DeFrancesco und anderen. Zu Plas Johnson sei noch zu sagen, dass er derjenige Musiker ist, der auf Henry Mancinis Soundtracktitel zum Film "Der rosarote Panther" das Saxofonsolo beisteuerte. (Darum auch der Untertitel "Ala Mancini" beim vierten Stück.) Nicht nur bei diesem Beitrag werden Streicher eingesetzt - hier sehr dezent, gelegentlich auch sehr intensiv, wie bei "Con Alma (With Soul)". Hier lässt der Trompeter sein Instrument zart über dem kammermusikalischen Streicherteppich intonieren. Ganz im Gegenteil zu "Things To Come", wo das Thema mit dem Bläserarrangement furios angegangen wird. Es erscheint ebenso wild wie gleichermaßen exakt geordnet.
Beim Titel von Chano Pozo - laut Gillespie der beste Perkussionist des 20. Jahrhunderts - also bei "Tin Tin Deo", folgt ein Vokalbeitrag mit stark spanischem Flamencoeinschlag von Manolo Gimenez. Eines der Markenzeichen Dizzys ist "A Night In Tunisia" - ja, ein wahrer Klassiker, der etwas ganz Besonderes enthält. Hierzu ein Zitat aus dem Booklet: »At the end of the song, which is the formal conclusion of this album, I couldn't help but reach to the sky. It was my way of trying to touch Diz.So if I blew what may be the highest note ever recorded anywhere, it is not my doing. It's Dizzy reaching out his hand to touch mine. It is the teacher telling the student, "Higher…higher…even higher!"«
Und dann beendet der oben beschriebene wirklich letzte Song das Albums und schließt damit den Reigen eines hochmusikalischen, inspirierten Werkes. Es ist neben der schier unglaublich anmutenden Spielfreude die Gestaltung der Arrangements, die packend und mitreißend ist! Mit Sicherheit eines der besten Alben im Bereich des Bigband-Jazz' in diesem Jahr! Klarer Tipp!
Line-up:
Arturo Sandoval (trumpet, vocal)
Shelly Berg (piano)
Zane Musa (alto sax)
Plas Johnson (tenor sax)
Eddie Daniels (clarinet)
Ed Calle (tenor sax)
Carlitos Del Puerto (bass)
Chuck Berghofer (bass)
Brian Nova (guitar)
Dustin Higgins (guitar)
Gregg Field (drums)
Joey DeFrancesco (B3 Hammond organ)
Joey De Leon (percussion)
Munyungo Jackson (percussion)
Gary Burton (vibes)
Andy Garcia (bongo)
Dan Higgins (alto sax, flute, piccolo, alto flute)
Rusty Higgins (alto sax, alto flute, C flute)
Bob Sheppard (tenor sax, clarinet)
Bob Mintzer (tenor sax)
Rob Lockart (tenor sax, clarinet)
Brian Scanlon (tenor sax, clarinet)
Greg Huckins (baritone sax, bass clarinet)
Wayne Bergeron (lead trumpet, flugelhorn)
Don Fornero (trumpet, flugelhorn)
Willie Murillo (trumpet, flugelhorn)
Gary Grant (trumpet, flugelhorn)
Andy Martin (trombone)
Bruce Otto (trombone)
Steve Holtman (trombone)
Craig Gosnell (bass trombone)
Ralph Morrison (violin, concertmaster)
Sara Parkins (violin)
Roland Kato (viola)
Trevor Handy (cello)
Wally Minko (piano - #8,10)
Johnny Friday (drums - #10)
Freddie Greene (shaker - #1)
Joe Pesci (vocal - #2)
Manolo Gimenez (vocal - #8)
Tracklist
01:Be Bop [Gillespie] (8:19)
02:Salt Peanuts! (Mani Salado) [Gillespie-Clarke] (6:48)
03:And Then She Stopped [Gillespie] (5:18)
04:Birks Works (Ala Mancini) [Gillespie] (6:04)
05:Things To Come [Fuller-Gillespie] (7:11)
06:Fiesta Mojo [Gillespie] (5:09)
07:Con Alma (With Soul)[Gillespie] (6:00)
08:Tin Tin Deo [Pozo-Fuller] (6:52)
09:Algo Bueno (Woody And Me) [Gillespie] (6:15)
10:A Night In Tunisia (Actually An Entire Weekend) [Gillespie-Paparelli] (7:23)

Encore
11:Every Day I Think Of You [Sandoval] (4:27)
Externe Links: