Preisfrage:
Wer von euch hat in den letzten Tagen mal den Dudelfunk angeschaltet und dabei mindestens Zweimillionenmal "Last Christmas" erleiden müssen?

Richtig, es dürften nicht wenige sein. Aber gemach, abseits der inzwischen endgültig indiskutablen UKW-Formatradiostationen gibt es manch ein musikalisches Kleinod zu entdecken - auch zum weihnachtlichen Thema!

So beglückte uns vor drei Jahren der Frontmann der streunenden Katzen, die vor allem Anfang der 80er ihr schmissiges Unwesen trieben, mit dem "Boogie Woogie Christmas" - Album, inzwischen zumeist solo unterwegs und gerne mit kompletter Big Band im Rücken. Die Rede ist selbstverständlich vom "Meister der Gretsch" himself - Mr. Brian Setzer, tätowierte Dauertolle mit dem großen Faible für klassischen Rockabilly, gekreuzt mit ebenso klassischen Swing-Arrangements.

Und da das genannte Album 2004 mit dem Instrumental "The Nutcracker Suite" gar eine Grammy Award - Nominierung für die 'Best Pop Instrumental Performance' erzielen konnte, gibt es in der aktuellen Vorweihnachtszeit Nachschlag.
"Dig That Crazy Christmas" heißt das gute Stück und dürfte Oma und Opa am festlich geschmückten Tannebaum an den Rand eines Herzinfarkts bringen.
Somit ist es für die Bescherung weniger geeignet, genauso wie es in den überlaufenden Kaufhäusern der Republik eher für Panikattacken aufgeschreckter 'Radio Antenne' - HörerInnen sorgen würde.
Dafür bringt es aber garantiert jedwede vor- oder nachweihnachtliche Party ganz gewaltig in Schwung.
Denn hier wird gerockt, gerollt, geswingt, gegroovt, gebopt, getwängt, gejingelt, gejangelt, geklingelt, gesäuselt, gejazzt was das Zeug hält - kurz, wer hierbei ruhig bleiben kann und nicht sofortigst den Hansi Last oder Max Greger in sich entdeckt, der sollte sich vom Arzt checken lassen, ob überhaupt noch Leben vorhanden ist!
Bis auf "White Christmas", "Let It Snow!, "Let It Snow!, Let It Snow!" und dem "Jingle Bell Rock" greift Setzer dabei auf Vorlagen zurück, die nicht total durchgenudelt und zu Tode gecovert sind, wobei er selbst die genannten Stücke in interessanten, so noch nicht gehörten Arrangements bringt, was dem Ganzen eine unglaubliche Frische gibt. Und immer, wenn Kitschalarm angesagt ist, zieht vor dem geistigen Auge des Hörers/der Hörerin ein Augenzwinkern vorbei. Und mit "Hey Santa!" und "Santa Drives A Hot Rod" gibt's auch zwei Setzer-Originale.

Besonders gelungen halte ich "Gettin' In The Mood (For Christmas)", wo natürlich der Glenn Miller-Klassiker "In The Mood" drin steckt, allerdings mit Rockabilly-Rhythmen kongenial kombiniert wird, "Angels We Have Heard On High", wo wirklich ein Engelschor jubiliert, eingerahmt von "Peggy Sue" - Rhythmen eines Buddy Holly, "White Christmas" mit überraschenden Zitaten von "Such A Night" (Elvis Presley), "Hey Santa!" mit klassischem Rockabilly at it's best, garniert mit einem herrlichen Dixieland-Arrangement, "My Favorite Things" mit jazzy Tunes und feiner Gitarrenarbeit und "Santa Drives A Hot Rod" mit einem Schwank aus der Kindheit Brians als Intro und einem exemplarischen Mix aus Rockabilly und Big Band - (Swing)Sound, gewürzt mit brillanter Saitenarbeit des Protagonisten.
Insgesamt betrachtet schafft es Brian Setzer mit diesem Silberling wiedereinmal, den amerikanischen (Hollywood)Sound der Fünfziger in erstaunlich frischer, abwechslungsreicher, interessanter und liebevoller Manier zum Leben zu erwecken, einschließlich origineller Reminiszenzen an das berühmte Rat-Pack (Sammy Davis Junior, Dean Martin, Frank Sinatra) oder die Andrew Sisters.
Aber vor allem kommt der Groove nicht zu kurz. Da bekommt der hier nicht gecoverte Titel "Rockin' Around The Christmas Tree" gleich eine ganz andere Bedeutung.
Nur bitte ohne Oma und Opa, schließlich gibt es die Andrew Sisters oder Schmalzbacke Dean auch im Original auf Tonträger, das dürfte dann gesünder sein *gg*