Perfekte äußere Bedingungen
Der Sommer 2011 war bisher wirklich unkalkulierbar und jeder der schon einmal ein völlig verregnetes Open-Air-Konzert miterlebt hat kann bescheinigen, dass es bei Regen nicht annährend so schön ist, wie bei Sonnenschein. Umso mehr freute es mich dann an diesem Sonntagabend Ende Juni, als ich in Jüchen ankam und mich dort mit über 8.000 anderen Zuschauern über die hervorragenden meteorologischen Bedingungen freuen durfte. Sonne satt und noch lecker warme Temperaturen (wie man hier am Niederrhein gerne sagt) stimmten einen schon mal bestens auf das kommende musikalische Latino-Feuerwerk ein.
Gelungener Aufwärmer
Zur Location Polodrom auf dem Gelände des Motorradausstatters POLO braucht hat man an dieser Stelle nichts mehr zu sagen, denn bereits des Öfteren haben wir von diversen Konzerten von gleicher Stelle berichtet und mittlerweile hat es sich auch bis in die hintersten Ecken des Rheinlands herumgesprochen, was hier in Punkto Musik geboten wird. Um den nicht gerade mit einem Sambarhythmus im Blut geborenen Niederrheiner in Stimmung zu bringen, hatte man den Spanier
Huecco (mit bürgerlichem Namen
Iván Sevillano Pérez) mit Band im Vorprogramm engagiert, der seine Sache auch gut machte. Knapp 35 Minuten gab es einen stilistischen Mix aus
Tito And Tarantula sowie
Manu Chao, der Laune machte und die Leute konnten sich so schon mal wunderbar eingrooven. Nummern wie der Ohrwurm "Reina De Los Angelotes" wurden auch wohlwollend aufgenommen. Gut gemacht
Huecco . Hoffentlich hört man auch in Zukunft noch von ihm.
Verpatzter Einstieg
Nach einer erträglich langen Umbaupause ging es dann Punkt 20.30 Uhr mit
Santana los. Zusammen mit 10-köpfiger Band im Gefolge betrat der eher unscheinbar und zurückhaltend wirkende
Carlos die Bühne, um mit einer Instrumentalnummer den langen Konzertabend einzuleiten. Leider war der Anfang nicht gelungen und der extrem unspektakulären Eröffnungsnummer folgte mit dem
AC/DC-Cover "Back In Black" der gar grauseligste Song des Abends. Völlig verhunzt von den beiden Sängern, sang man nicht die Strophen, sondern rappte diese. Viele ungläubige Gesichter blickten Richtung Bühne, aber dann kam es doch zum Glück anders und ab Lied Nummer drei war alles OK und die Fiesta konnte beginnen. Und wie !!
Die Mannschaft ist der Star
Obwohl
Carlos Santana sowohl Namensgeber als auch Chef von
Santana ist, hielt er sich erstaunlich oft im Hintergrund und ließ der Band jeden nur erdenklichen Spielraum. Vor allem die Rhythmussektion aus konventionellem Schlagzeug, einem Percussionisten und einem Conga-Spieler trumpften immer wieder gekonnt auf und bildeten eine wunderbare Soundbasis. Natürlich gab es auch das eine oder andere Solo vom Meister, der auch mit seinen 63 Jahren nichts verlernt hat, aber trotzdem gab es einen Bandsound und zum Glück nicht 'Gitarre plus Rest'.
Carlos Santana muss sich und der Welt einfach nichts mehr beweisen und außerdem sähe jeder andere mit goldener Glitzerwest völlig lächerlich aus - nicht jedoch der coole
Carlos, der sich völlig entspannt und nicht nur musikalisch absolut stilsicher auf der Bühne bewegt. Vielleicht lag es auch am jungen Glück, denn seine frisch vermählte Ehefrau
Cindy Blackman war auch anwesend und spielte außer Konkurrenz bei "Corazon Espinado" am Schlagzeug mit, um anschließend noch ein wildes und beeindruckendes Drumsolo hinzulegen. Nicht nur ihr Gatte war danach völlig aus dem Häuschen.
Der Rhythmus macht es
Ein Highlight bei
Santana-Konzerten ist neben den erwähnten, unwiderstehlichen Rhythmen auch die Tatsache, dass viele Lieder als Medley gespielt werden und so der rhythmische Fluss nie abbricht. So brachte man früh die Hits "Black Magic Woman" oder auch "Oye Como Va". Auch die bereits vor mittlerweile 42 Jahren beim Woodstock-Festival gespielten Klassiker "Jingo" und "Evil Ways" wurden natürlich gebracht. Dem Chef schien es gut im Polodrom zu gefallen und bei einer der wenigen Ansagen widmete er "Maria Maria" höflich den anwesenden Damen vor Ort. Nach zwei Stunden verließ die Band zunächst die Bühne, um nach einer kleinen Pause nochmals 30 Minuten Vollgas zu geben, in denen nun endgültig ein Hauch von Woodstock über den südlichen Niederrhein wehte.
Schwer beeindruckt machte ich mich um 23.00 Uhr auf den Heimweg. Satte zwei Stunden und 30 Minuten
Santana ließen die erwähnten, ersten beiden verunglückten Lieder schnell vergessen und es bleibt die Erinnerung an einen wunderbaren Konzertabend mit toller Musik und angenehmen Wetter. Meine aufrichtige Hochachtung vor dem guten
Carlos Santana, dass er noch so lange auf der Bühne steht und vor allem sein Ego so weit zurücksteckt und seinen Bandkollegen das musikalische Feld freigibt. Das kann weiß Gott nicht jeder.
Danke an
Friedhelm Kortmann für die problemlose Akkreditierung.