Die 1953 in Seattle/Washington geborene
Diane Schuur hatte ihren ersten Auftritt im Alter von zehn Jahren. Damals sang sie noch Countrymusik. 1979 errang sie die Aufmerksamkeit des Jazzsaxofonisten
Stan Getz und bewegte sich fortan, während ihrer Zeit auf dem Label GRP Popularität erlangend, in anderen Gefilden. Ihr musikalischer Output bewegte sich zwischen der auf diesem Label mehr Fusion-orientierten Musik, Rhythm & Blues und Jazz. Auch dem Blues näherte sie sich mittels einer gemeinsamen Platte mit
B.B. King an.
Nach einigen Jahren beim Concord-Label folgt nun die erste Zusammenarbeit mit Vanguard Records. Die blinde Interpretin widmet sich nun einem neuen Genre; ähnlich wie es
Ray Charles einst mit seinen Alben "Modern Sounds in Country and Western Music" zelebrierte. Aufgenommen wurde die Platte in Nashville/Tennessee.
Mit vom E-Piano dominierten Klängen startet "The Gathering" sehr ruhig: Fein ziselierte Gitarrentupfer, ein warmer Bass und tupfendes Schlagzeug, dazu eine Stimme, die unglaublich viel Gefühlsintensität vermittelt - unglaublich ausdrucksstark und emotional bewegend ist das. Wie sie den Ton halten kann, die
Diane, herrlich.
Nach dem Einsatz des zweiten Stückes ist schnell klar: Dies ist keine weitere Jazzplatte der Lady. "Healing Hands Of Time" ist von
Willie Nelson komponiert und nicht nur dieser Titel ist auf dem Nährboden von Country & Western gewachsen. Auch die folgenden kommen genau aus dieser Richtung. Man beachte in diesem Zusammenhang die jeweiligen Komponisten. Dennoch ist "The Gathering" kein Country & Western-Album geworden - das ist eine
Schuur-Platte, for sure! Und so darf sich auf dem gerade genannten Stück dann auch ein Saxofon kurz einbringen.
"Beneath Still Waters" atmet den Geist von "Blue Eyed Soul". Die stimmliche Darstellung des Themas ist geradezu dramatisch, grandios und überzeugend! Obendrein noch die absolut cool agierende Band, die unglaublich unaufgeregt und professionell locker aus dem Handgelenk Atmosphäre verbreitet. Es gibt Momente auf "Til I Can Make It On My Own", bei denen mir "Hey Jude" der
Beatles einfällt - eine ganz ähnliche Atmosphäre verspüre ich hier. Untermalt wird die Musik von Tupfern auf dem Vibrafon. Auch die musikalische Ausrichtung eines
Van Morrison ist im Aufbau und Ausdruck einiger Titel gelegentlich zu spüren.
Als Gesamtergebnis kann man "The Gathering" durchaus als eine Mischung zwischen Rhythm'n'Blues, dezentem Fusion mit einem Hauch Countryfeeling und viel Pop einordnen. Auf jeden Fall ist das eine Platte mit sehr viel ruhiger und beschaulicher Musik. Nichts, das an den Nerven zerrt, sondern eher Balsam für die selbigen ist.
Diane Schuur brilliert immer wieder als Vokalakrobatin, sei es mit kurzen Scat- oder 'Kieks'-Einlagen bei "Today I Started Loving You Again" oder ihrem grundsätzlich warmen Ton mit absolut sicherer Intonation - stets sehr emotional und überzeugend. Dazu dann diese professionell agierende Band, bei der alles passt: Perfektion ohne Sterilität, gelegentlich der eine oder andere kurze Soloeinwurf zur Abrundung.