Joey Stuckey / So Far
So Far Spielzeit: 70:22
Medium: CD
Label: Rga Records Inc, 2003
Stil: Rock

Review vom 28.05.2010


Wolfgang Giese
Joey Stuckey - ein nicht unbedingt weltbekannter Name. Dabei reitet der Mann aus Florida, der in Georgia lebt, in ganz vielen Sätteln. Tätig ist er als Musiker, Komponist, Produzent, Kolumnist, Lehrer, Toningenieur und besitzt einen Radiosender, 'WTMT', sowie ein Studio, das 'Shadow Sound Studio'.
Bereits im Kleinkindalter erblindete Stuckey infolge eines Hirntumors. Mit 17 begann er seine musikalische Karriere. Als seine Einflüsse werden Musiker wie Jeff Beck, Wes Montgomery, Gregg Allman und Mel Torme beschrieben. Er arbeitete darüber hinaus mit so unterschiedlichen Kollegen wie Hughie Thomasson, Jimmy Herring, Ike Turner, Carole King, Chris Hillman oder Charlie Daniels zusammen.
Seit 1995 veröffentlichte er sechs Solo-Platten. Diese hier, "So Far", ist eine 2003er Kompilation aus den vier davor erschienenen CDs. Zwei Titel, der erste und der letzte, sind Neueinspielungen. Weiterhin gibt es auf dieser 'enhanced CD' Videos, Liedertexte und einen 'hot link'. Bei den verschiedenen Einflüssen kann man auf abwechslungsreiche Musik gespannt sein.
Das erste neue Stück, "Free", beginnt mit einem leicht orientalischen Einschlag, bevor es in ein rockiges Ambiente mit satt gespielten Gitarrensounds übergeht. Einen leicht psychedelischen Anstrich hat der Titel auch, da klingen Einflüsse aus längst vergangenen Tagen durch. Durch den leicht holprigen Eindruck wirkt das so richtig angenehm altmodisch. Meinetwegen könnte es dergestalt weitergehen.
Tut es aber nicht. Flott und moderner wird es jetzt, die Keyboards untermalen "So Blue", das ein wenig nervös wirkt.
Eine Ballade scheint es nun zu geben, mit einer akustischen Gitarreneinleitung wie zu guten alten Southern Rock-Zeiten. Nun, die fast sieben Minuten geben dem Song Gelegenheit, sich aufzubauen, und so wird dann unvermittelt ein knallharter Tusch eingeworfen, bis die balladeske Atmosphäre wieder übernimmt, nun mit Perkussion und hintergründigen Orgelklängen untermalt. Das klingt sehr angenehm und ist emotional stark im Ausdruck. Der Gastgitarrist Tim Brooks unterstützt Mr. Stuckey hier und ein eingestreutes, perlendes Pianosolo malt dazu noch feine Nuancen in das sehr interessante und abwechslungsreiche Gesamtbild. Dieser Song ist bis jetzt klar mein Lieblingstitel, und ich bin gespannt, ob er noch getoppt wird.
Ein Live-Blues mit Funkeinschlag und satter Harp dazu folgt. Paul Butterfield hat früher auch Ähnliches gebracht, doch hier kommt noch ein moderneres Element dazu, plus Rhythmuswechsel. Doch, das hat legere Energie, das ist sehr gut gemacht. Nichts wirkt verkrampft. Hier wird nicht versucht, auf Teufel komm raus Blues zu interpretieren. Das Element Blues wird genutzt, um im Gesamtkontext des Ungezwungenen eine wichtige Rolle einzunehmen, Stuckey liefert sich ein kleines Duell mit Jimmy Hall an der Harp. Eine toll gespielte Gitarre, abseits irgendwelcher Normen. Das zeugt von Ideenreichtum, da sollte man sich die Livescheiben wohl mal näher anhören. Nun gut, weitere Gelegenheit hat man hier mit den Tracks acht, elf und 15.
Ja, und da wird das, was ich gerade ausführte, nur bestätigt, Spielfreude, Jamcharakter, besonders auf "Narrow Minded", bei dem Stuckeys Gitarre immer wieder unverhofft explodiert. Diesen Mann am Sechssaiter werde ich mir ausdrücklich merken! Nicht ganz so überzeugend ist bei den Livestücken immer der Gesangsvortrag. Ein begnadeter Vokalist ist Stuckey leider nicht, aber ich kann damit einigermaßen umgehen.
Jazziges gibt es auf "My Sociology", hier swingt es stark, dazu Saxofon- und Violinenklänge, und der Bass scheint ein 'Upright Bass' zu sein. Und mittendrin bratzt es heavymetalmäßig los, und selbst der Gesang verfällt in ein schreiendes Ambiente. Dazu gibt es eine leicht entfesselte Violine, eine unglaublich ungewöhnliche Kombination. Das hätte gern länger so weiter gehen können.
Auch "Funny" ist ein solch ungewöhnliches Stück mit mehreren Elementen, vorwiegend im typischen Jam Rock-Stil gehalten, und kleinen Überraschungen zwischendurch. Auf "Not The End Of The World" wirkt der Gesang völlig daneben. Ein Cello sägt im Hintergrund, das fast schon total abgedreht ist. Hat Stuckey hier etwas 'eingeworfen'? Wie auch immer, ein Titel für die Rubrik 'Seltsam, aber sehr interessant'.
Hendrix darf auch nicht fehlen. Er scheint einen kurzen Gruß zu senden auf "Take A Walk In The Shadows", einem Titel, der auch von Abwechslung lebt. Hier spielt Gast Jimmy Herring ein flüssiges Solo. Streichinstrumente werden bei mehreren Stücken eingesetzt und geben ihnen jeweils einen ganz besonderen Anstrich. Sehr schön zum Beispiel auf "Try", einem Titel, der mir auch sehr zusagt.
Fazit: Das ist Musik, die passt unter Garantie in keine der gängigen Schubladen. Das ist wirklich zu den ungewöhnlichsten Klängen im Rockbereich zu zählen, die ich in letzter Zeit in dieser Form gehört habe. Es passiert viel. Langeweile gibt es nicht. Die Musiker haben viele bunte Farben auf ihrer Palette und kleckern ordentlich damit herum, aber nicht wahllos, sondern sie sind in der Lage, 16 kleine Kunstwerke zu schaffen, allesamt mit einer eigenen Note.
Und, das ist nun meine Feststellung, ich habe keinen Lieblingssong, sie alle sind es geworden. Das letzte Wort überlasse ich Joey: »This album is dedicated to my wonderful family and beloved wife, Jennifer«.
Line-up:
Joey Stuckey (guitar, vocals, bass - #1, 5, 16)
Skeebo Knight (drums # 1, 16)
Steven Floyd (drums - #2, 4, 7, 8, 9, 11, 13, 15)
Jerome Thomas (drums - #3, 10, 14)
Greg Smith (drums - #5)
Miguel Castro (drums - #6, 12, percussion - #2, 4, 6, 8, 9, 11, 15)
"Moo Moo" Basil Dixon (percussion - #3, 5, 10, 14)
Byrd Wyatt (bass - # 4, 8, 11, 15)
"Slim" Donnell Powell (bass - # 2, 3, 6, 7, 9, 10, 13)
Skip Slaughter (bass - #14)
Michael Kady (bass, tuba - #12)
Ben Tucker (bass - #5)
Randall Bramlett (keyboard - #2, alto saxophone - #6)
Randy Beddingfield (keyboard - #5, 14)
Elbert Gadsden (keyboard - #4, 8, 11, 15)
Mike Eubank (keyboard - # 3)
Scott Turpen (saxophone - #4, 15)
Mariano Pacetti (saxophone - #5)
David Klee (flute - #12)
David Ragsdale (violin - #5, 14)
Theresa Hoebeke (violin - #13)
Barbara Aultman (cello - #9)
Jimmy Hall (harmonica - #4, 15)
Tim Brooks (guitar - #3)
Jimmy Herring (guitar - #10)
Jerry Earnest (guitar - #8)
Kenn Wynn (guitar - #14)
Tracklist
01:Free (4:25)
02:So Blue (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (2:06)
03:Mr. Mooney (from the CD "Take A Walk In The Shadows") (6:43)
04:The Light That Guides (live) (from the CD "Live & More Stuff") (5:21)
05:My Sociology (from the CD "Take A Walk In The Shadows") (3:34)
06:Bad Dreams (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (3:44)
07:Funny (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (5:39)
08:Banner (live) (from the CD "Live & More Stuff") (4:28)
09:Not The End Of The World (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (5:16)
10:Take A Walk In The Shadows (from the CD "Take A Walk In The Shadows") (3:08)
11:Narrow Minded (live) (from the CD "Live & Stuff") (6:07)
12:Until (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (3:19)
13:Try (from the CD "Ironies, Pain & The Light That Guides") (3:35)
14:Hate You (from the CD "Take A Walk In The Shadows") (5:48)
15:Still Me, Sane & Free (live) (from the CD "Live & Stuff") (3:31)
16:Hold (6:01)

The Light That Guides [Multimedia Track]
Walking Over My Grave [Multimedia Track]
Externe Links: