Kenny Wayne Shepherd, 08.05.2014, Kesselhaus, Berlin
Rocktimes Konzertbericht
Kenny Wayne Shepherd
Kesselhaus Berlin
08. Mai 2014
Konzertbericht
Stil: Blues Rock


Artikel vom 18.05.2014

       
Mike Kempf                   Holger Ott
Kenny Wayne Shepherd Ein junger Gitarrengott mit einer nicht minder interessanten Band hat sich in der Hauptstadt angesagt und wen wundert es da nicht, dass Kollege Mike und ich sofort in den Startlöchern stehen, um Kenny Wayne Shepherd mit seinen Mannen in Augenschein zu nehmen. Es ist nicht sein erstes Gastspiel in Berlin, dennoch ist der Mann für viele ein unbeschriebenes Blatt. Wenn man zudem noch den exorbitant hohen Eintrittspreis von knapp fünfzig Euro hinzuzieht, ist es nicht verwunderlich, dass der Saal nur spärlich gefüllt ist, obwohl ein großer Radiosender in Berlin seit Tagen die Werbetrommel rührt.
Wer ist dieser Kenny Wayne, der äußerlich einen sehr smarten Eindruck macht? Der Typ 'Schwiegermutterliebling' gibt sich ruhig und wortkarg und sieht deutlich jünger aus, als er es inzwischen bereits ist.
Nach seinen eigenen Angaben begann sein Interesse für Musik in dem Alter, in dem Kinder gewöhnlich auf dem Bolzplatz oder im Buddelkasten spielen. Eine Angewohnheit eines seiner Vorbilder, Stevie Ray Vaughans, weckte damals in ihm den Wunsch, unbedingt Gitarrist werden zu wollen: Vaughan hat bei seinen Konzerten gelegentlich Kinder seitlich Kenny Wayne Shepherd auf die Bühne geholt, damit sie die Show besser sehen können - bei uns natürlich undenkbar. Zu diesen Kindern hat, im Alter von sieben Jahren, der kleine Kenny Wayne gehört. Dass solch ein Erlebnis dazu führt ein Kind zu prägen, ist wohl ohne Zweifel. Was daraus geworden ist, sieht man glücklicherweise nun, denn er ist eine ungemeine Bereicherung der Musikszene und des Genres Blues und Blues Rock. Mit dreizehn hat er das erste Mal, selbst mit der Gitarre in der Hand, auf der Bühne gestanden und seitdem gemeinsam mit vielen berühmten Musikern gespielt und Tonträger aufgenommen. Leider bleibt sein Leben außerhalb der Musik völlig verschlossen und er selbst präsentiert sich auch nur wenig in der Öffentlichkeit, deshalb verlief ein angestrebtes Interview mit ihm auch nur im Sand.
Ohne Vorprogramm, dafür mit kleiner Verspätung, beginnt die Band ihre Songlitanei abzuspulen, denn anders kann man die erste halbe Stunde nicht nennen. Nach der Hälfte der Setliste, die zufällig direkt vor mir liegt, wandert mein Blick auf die Uhr und mir wird sofort klar, dass ich deutlich Kenny Wayne Shepherd vor Mitternacht im Bett sein werde. Es sind exakt dreißig emotionslose Minuten vergangen und ich frage mich, wohin der Weg heute Abend hier auf der Bühne noch führen wird. Wenn der Mann mit der Gitarre nicht so verdammt gut wäre, würde der Abend in einem Desaster enden, geht mir in diesem Moment durch den Kopf und ein fragender Blick zu Mike bestätigt meine Denkweise.
Kenny Wayne Shepherd weiß, wie gut er ist und er spielt diese Überlegenheit mit allen Zügen aus. Seine alte Stratocaster zeugt dazu von einem bewegten Musikerleben. Kaum noch eine Stelle, die mit Lack versehen ist. Er muss sie sehr lieben, denn nur selten gibt er sie, im Tausch gegen ein schneeweißes, moderneres Modell, aus der Hand. Noch hält er sich in seinen Soloausflügen damit zurück, zeigt nur ab und zu kurz, was die Besucher im Saal noch erwartet und hebt sich seine Höhepunkte für ganz zum Schluss auf. Seine Mitstreiter sind anfangs ebenfalls noch sehr zurückhaltend. Sänger und zweiter Gitarrist Noah Hunt hat eine sehr angenehme Stimme und macht gänzlich eine gute Figur, während er das Publikum professionell unterhält, ohne aufdringlich zu wirken oder sich in den Vordergrund zu drängen. Er ist, neben Shepherd, der herausragende Protagonist, im Gegensatz zu Drummer-Legende Chris Layton, Ex-Member der Band um Stevie Ray Vaughan, der über die gesamte Spielzeit einen eher Kenny Wayne Shepherd gelangweilten Eindruck vermittelt. Spaß an der Arbeit und an der Musik könnte anders aussehen, aber in den Charakter eines Menschen schaut man nicht hinein. Völlig anders hingegen ist Bassist Tony Franklin. Er nutzt die Bühne in voller Breite, um sich in Top Form zu präsentieren. Wirft man einen Blick auf seine Biografie, die auf Shepherds Webseite ausführlich einzusehen ist, so kann man vor Franklin nur den Hut ziehen. Er hat von allen die meiste Erfahrung und stand mit vielen Größen der Musikgeschichte auf der Bühne. Seine Spielfreude und sein hervorragendes Bassgezupfe steckt die Band an und als mit dem B.B. King-Medley endlich, kurz vor Ende des Hauptprogramms, die langen Werke zelebriert werden, kommt nun auch emotionale Bewegung in den Rest der Band. Selbst den Drummer sieht man kurz lächeln, nachdem er mit dem Zählen der Scheinwerfer an der Decke fertig ist.
Kenny Wayne Shepherd Herausragende Momente gibt es leider wenig. Letztendlich ist es das Gitarrenspiel von Kenny Wayne Shepherd, welches den Abend rettet. Die Songauswahl ist recht ausgewogen, obwohl seine neue CD, "Goin' Home", etwas zu kurz kommt. Lediglich "The House Is Rockin'" wird daraus gespielt. Der Rest des Abends ist ein Querschnitt aus seinem Schaffenswerk sowie eine Hommage an seine Vorbilder. Nebenbei gibt es noch zwei Appetithäppchen für sein Nebenprojekt The Rides, zu dem Stephen Stills und Barry Goldberg gehören. Es sind auch die einzigen Stücke, die Kenny Wayne selber singt. So kann man sich bei "Search And Destroy" und "Talk To Me Baby" ein Urteil über seine Gesangsstimme bilden, die doch etwas zart und verhalten klingt.
Kenny Wayne Shepherd Mit dem ausgedehnten Instrumentalstück "While We Cry" wird der Hauptteil des Abends nach etwas über einer Stunde beschlossen. Viel zu wenig, wie nicht nur ich empfinde, zudem der angekündigte Zugabenblock noch von vier auf drei Stücke gekürzt wird. Allerdings wird in den verbliebenen zwanzig Minuten kräftig gerockt. Sänger Noah Hunt verausgabt sich bei den ersten beiden Songs und Shepherd, sowie seine Band brillieren mit "Voodoo Child", dem alten Jimi Hendrix-Klassiker und darin dem längsten Gitarrensolo des heutigen Abends.
Mein Fazit für das Konzert von Kenny Wayne Shepherd sieht eher nüchtern aus. Die Musik und Kenny Wayne Shepherd deren Interpretation sind sehr gut. Die Auswahl der Lieder abwechslungsreich, aber zum Teil nur heruntergehauen. Der Preis viel zu hoch im Verhältnis für die Location, dem Bekanntheitsgrad der Band und deren Spielzeit. Vielleicht sieht alles etwas anders aus, Wenn Shepherd in einigen Jahren wieder hier haltmacht. Ja, ich wäre erneut dabei und ich kann trotz aller Widrigkeiten jedem nur empfehlen, ihn wenigstens einmal zu erleben. Er ist schon ein großartiger Gitarrist.
Vielen Dank an Janine Lerch für die Akkreditierung. Wir bitten die schlechte Qualität der Fotos zu entschuldigen, aber die Beleuchtungsspezialisten haben mal wieder ganze Arbeit geleistet.
Line-up:
Noah Hunt(vocals, guitar)
Kenny Wayne Shepherd (guitar, vocals)
Tony Franklin (bass)
Chris Layton (drums)
Setlist Kenny Wayne Shepherd:
01:Never Looking Back
02:Everything Is Broken
03:Butterfly
04:House Is Rockin'
05:Nevermind
06:Search And Destroy
07:Heat Of The Sun
08:Talk To Me Baby
09:Born With A Broken Heart
10:Come On
11:Dark Side Of Love
12:Shotgun
13:While We Cry

Encore:
01:Blue On Black
02:King Bee
03:Voodoo Child
Externe Links: