Es ist riskant, liebe Eltern, einem vierzehnjährigen Steppke die Erlaubnis für den Besuch eines Konzertes von Joe Satriani zu erteilen. Er könnte mit dem überaus gefährlichen 'Fusion-Virus' befallen werden. Welche Folgen das haben kann, ist bei Kevin Serra eindrücklich nachzuhören...
...und zwei Jahre später beginnt der Bursche bereits, inspiriert von Jazz, Blues, Heavy Metal und dem Progressive Rock der Siebziger, eigene Sachen zu schreiben. Nach einer Ausbildung zum Gitarristen in London gründet der junge Pole mit seinem italienischen Buddy, dem Drummer James Carta, die Band Quantum Legacy und nimmt mit ihnen - mittlerweile im eigenen Tonstudio - das Debütalbum "Deepest Desire" (2010) auf.
Nun - vier Jahre später - präsentiert Kevin Serra mit "Mirage Reflection" sein erstes Solowerk, eine EP mit fünf rein instrumentalen Tracks.
Natürlich sind die Folgen des Satriani-Konzertes unüberhörbar: Serra frönt dem Hard Rock und spielt dabei in einer überaus inspirierten Weise mit Fusion- und Progressive-Elementen. Weil er aber mehr auf Melodiebögen als auf 'Gitarren-Gefrickel' setzt, eignet sich möglicherweise ein Vergleich mit der Steve Morse Band wesentlich besser. Zudem haben Serras Kompositionen mehr Substanz als so manche von des Teufels Gitarristen, den man vielleicht ebenfalls auf dem Zettel haben könnte, dann aber schnell wieder streichen kann...
Riffbetont donnert "Honor The Brave" stürmisch in den Reigen der Aufnahmen. Die stilistisch ziemlich unterschiedlichen Solobeiträge von Serra und seinem Gast Andrea Maccianti sorgen für jede Menge Abwechslung. "Rising Aura" glänzt mit weit ausholenden Melodiebögen, die ebenfalls zu keinem Zeitpunkt die fehlenden Gesangsspuren vermissen lassen. Sehr viel vertrackter, rhythmischer präsentiert sich der Titelsong, der eindeutig auf die jazzrockige Bahn umschwenkt - hier darf auch erstmals ein klein wenig gefrickelt werden. Kein Geringerer als Alessandro Bertoni steuert ein gigantisches Sythesizersolo bei - kurzum: ein Hammersong!
Richtig stark sind auch die leicht orientalischen Klangfärbungen von Gitarren und Keyboards in "Acid Dream", die von James Carta, der zudem co-produziert hat, schlaggewaltig konterkariert werden. Und weiterhin bleibt kein Raum zum Atemholen: "Optic Red" spielt wieder die Trumpfkarte 'Fusion': gitarristische Melodiebögen vor jazzrockiger Rhythmik - ein großartiges E-Pianosolo, natürlich wieder Bertoni...
Abstriche müssen leider beim Mix gemacht werden. Für eine derart hardrockige Ausrichtung wünschte ich mir - gerade bei einem Genius wie Carta - viel präsenteres Schlagwerk und vor allem druckvollere Bässe. Beides kommt für meinen Geschmack etwas zu kurz. Das ist allerdings der einzige (winzige) Malus von "Mirage Reflection".
Unterm Strich bleibt nämlich in erster Linie ein hochmusikalisches und -inspiriertes Fusion-Album, das Kevin Serra in die Exraklasse katapultieren könnte. Wer auf intelligenten Gitarren-Rock steht, sollte "Mirage Reflection" und seinem begnadeten Protagonisten mal dringend 'ein Ohr schenken'.
Line-up:
Kevin Serra (guitars, keys, arrangements)
James Carta (drums)
Andrea Maccianti (guitar solo - #1)
William Stravato (guitar solo - #4)
Mattia Melis (bass - #1,2)
Mike Lepond (bass - #3)
Leszek Zyglowicz (bass - #4,5)
Alessandro Bertoni (key solos - #3,5)
Tracklist |
01:Honour The Brave (5:10)
02:Rising Aura (4:51)
03:Mirage Reflection (5:22)
04:Acid Dream (5:10)
05:Optic Red (5:25)
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