Malte Schillers Red Balloon "The Second Time Is Different" - Jazz aus deutschen Landen ist mittlerweile wieder etwas Besonderes, so auch hier.
Der Titelsong beginnt zur Einleitung mit einer einfachen Pianosequenz, immer wieder durch kurze Pausen unterbrochen, bis sich der Song durch den Hinzutritt der Bläser' formiert' - ein guter Einstieg. Das lässt bereits auf eine bestimmte Richtung schließen, eine Option auf gelungene feinsinnige Arrangements mit dem Gespür für Weite und Fläche. Herrlich, wie der Schlagzeuger mit filigranem Einsatz die Melodie untermauert - wunderbar, wie der Sound einer kleinen Bigband verschachtelte Elemente zum Klingen bringt, wie sich plötzlich die Posaune daraus erhebt und zu einem Solo anhebt. Dabei schwebt alles weiter in einem 'weich-wattigen' Ambiente, alles zart miteinander verflochten.
Das Vorbild für die Entstehung der Band Red Balloon soll die Gerry Mulligan Concert Band gewesen sein. Nun, von dieser Ausrichtung kann man mittlerweile nicht mehr viel bemerken, ist die Musik doch in eine ganz andere Richtung gewandert. Arrangements à la George Gruntz oder Maria Schneider sind da doch eher als Vergleich heran zu ziehen. Wie auch immer, auffällige und beständige Merkmale sind die Dichte der Ausführung der Arrangements und die dazwischen wie selbstverständlich als Bestandteile der Komposition anmutenden Improvisationen.
Dadurch mag in der Sicht einiger Hörer ein relativ starres Korsett entstanden sein, das die Frische des Jazz als Improvisationsmusik vermissen lässt, aber dafür strahlt das Ganze sehr viel tiefe Emotion, Schönheit und Feinklang aus. Doch sorgt die Komplexität der Kompositionen und der Arrangements dafür, dass Abwechslung groß geschrieben wird. Es finden sich traditionelle Elemente genauso wieder (besonders hervorzuheben auf "Giant Steps") wie die Moderne, wie man sie von Arrangeuren wie Gil Evans kennt. Unerwartetes trifft also auf Vorhersehbares und das in einer gewissermaßen magischen Kombination, die mitunter fasziniert. Wer also Klischeehaftes erwartet, dürfte enttäuscht werden und das ist auch sehr gut, denn der Jazz braucht solche Ideen, die ihn zwar nicht erneuern, aber immer neue Facetten hinzufügen.
Meine Gratulation an die Musiker dieser wirklich hervorragenden Darstellung eines interessanten Big Band-Sounds, ohne die Musikerfülle eines solchen Ensembles. Die beiden Fremdkompositionen fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Der absolute Klassiker "Lush Life" erfährt eine weitere Interpretation inmitten der wohl unzähligen Bearbeitungen. Sehr interessant ist der Mittelteil mit dem besonderen Arrangement anlässlich des Trompetensolos gestaltet. Hier gelingt es den Musikern erneut, diesem Titel ihren persönlichen Stempel aufzudrücken. Zum Abschluss folgt dann ein sanft dahinschunkelnder Song, in einem besonders luftig-leichtem Ambiente, hierbei scheinbar Folkloreeinflüsse aus verschiedenen Ländern und Kulturen aufgreifend - man schaue auf den Titel!
Diese Platte ist für mich bisher ein Highlight in diesem noch jungen Jazzjahr.
Line-up:
Malte Schiller (composer, arranger, tenor sax, flute, clarinet)
Charlotte Greve (alto sax, soprano sax, flute, clarinet)
Timo Vollbrecht (tenor sax, flute, clarinet)
Viktor Wolf (baritone sax, bass clarinet, flute)
Andrej Ugoliew (trombone)
Christopher Sauloff (bass trombone)
Florian Menzel (trumpet, flugelhorn)
Lars Seniuk (trumpet, flugelhorn)
Manuel Schmiedel (piano)
Andreas Waelti (bass)
Martin Kruemmling (drums)
Tracklist |
01:The Second Time Is Different
02:Keep The Child In Mind
03:Marlin
04:Salty Lake
05:Giant Steps
06:Lush Life
07:Tango I
(all arrangements by Malte Schiller, all compositions by Malte Schiller,
except #5 by John Coltrane, #6 by Billy Strayhorn)
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