Zum Auftakt seiner Deutschland Tour hatte
Mark Selby, gefragter Songwriter und Studiomusiker mit hochgelobten Fähigkeiten an der Gitarre und dazu noch mit einer Stimme gesegnet, die einen aufhorchen lässt, seinen Auftritt im Laboratorium in Stuttgart.
Mark Selby, der trotz seiner Begabungen, eher bescheiden und unauffällig auftritt, ist ein Meister der Zurückhaltung. Trotz seiner Erfolge als Komponist, z.B "There's Your Trouble", ein mit dem Grammy ausgezeichneter Nr.1 Hit der
Dixie Chicks, blieb der Mann bodenständig und will weiter nur gute Musik machen.
Nach kurzer Begrüßung wird das andächtig schweigende Publikum mit einer Solodarbietung ohne Mitmusiker durch ein Slide-Intro auf den Geschmack gebracht. Wenige Töne genügen, um einen Vollblutmusiker zu erkennen, der seine Stimmungen durch die Gitarre ausdrücken kann. Abwechselnd rockig, dann wieder bluesgetränkt, mal ruhig und dann wieder heftiger.
Auf jeden Fall ständig in Bewegung zu sein und dabei Fähigkeiten am Griffbrett zu zeigen, die ihm den Ruf eines Gitarrentalents eingebracht haben, das entspricht dem Naturell dieses Vollblutmusikers. Manchmal auch rauhe Töne wie bei "Unforgiven", nach seinem Lieblingswestern mit
Clint Eastwood benannt, wie er den Zuhörern in einer seiner vielen Ansagen zukommen lässt. Roots Rock mit vielen Soloeinlagen, die eigentlich den Hauptbestandteil seines Repertoires ausmachen. Erinnerungen an
John Mellencamp kommen, verschwinden dann aber wieder, wenn die bluesige Seite die Oberhand bekommt.
"Backdoor To My Heart" zeigt dann wieder die andere Seite, ruhig, fast elegisch rinnen die Töne aus den Verstärkern, sehr relaxt kommen die Slide-Einlagen um dann bei "Blue On Black", den er für
Kenny Wayne Shepherd geschrieben hat, in reinrassigen Blues überzugehen.
Mit einer beeindruckenden Intensität drückt die Stimme die Gefühle aus, um dann mit dem Klang der Sechssaitigen zu verschmelzen. Nach einem Querverweis auf
B.B. King, mit dem ebenfalls schon die Bühne geteilt wurde, läßt "Moon Over My Shoulder" leichten New Orleans Dixie erkennen, der jedoch dann mit variantenreichen solistischen Parts zu einem der Aushängeschilder für anspruchsvollen Blues wird. Überraschend die kurze Bluesharp-Einlage, die das erdige Feeling nochmals verfeinert. Trotz klarer Dominanz des Hauptakteurs, erhalten die Mitmusiker
Bernd Renn am Bass und
Josef Kirschgen genügend Freiräume zur Entfaltung.
Es spricht für den Hauptdarsteller, wenn er in fast allen Ansagen die Arbeit seiner Begleiter erwähnt und diese als wichtigen Bestandteil der Gruppenarbeit würdigt.
Im lockeren Westcoast-Sound rockt die Gitarre bei "You're Gonna Miss My Love" und liefert Gitarrensoli, wie sie ungeschminkter nicht sein könnten. Ausgestattet mit einer gehörigen Portion Selbstironie reduziert er seine Deutschfähigkeiten auf die Bestellung eines Altbiers und sorgt bei den Anwesenden für Gelächter. Mit "Dirt", dem Titelsong seines vorletzten Albums, werden hypnotische Riffs mit viel Melodie verschmolzen und gehen bei "Blind Since Birth" in beinahe südstaatenlastige Rhythmen über.
Nach einem mehr bluesorientiertem zweiten Teil und diversen Zugaben, begleitet von tosendem Applaus, endet ein konzertantes Erlebnis eines nicht zu Unrecht hochgelobten Musikers und grandiosen Instrumentalisten.