Schon häufiger in den letzten Jahren ist in Gesprächen im Freundes- und Bekanntenkreis der Name Mike Stern gefallen. Im Keller schlummern noch einige LPs von John Abercrombie (u.a. "Timeless" mit starken Abnutzungserscheinungen), John Scofield, Scott Henderson und Pat Metheny. Nichts spricht dagegen sich mit offenen Lauschern die neue Mike Stern CD in den Player zu legen.
Es kommt mir vor wie gestern: Sitze ich in einer Zeitmaschine? Diese Mucke gefällt mir ausgesprochen gut!

Mit "Who Let The Cats Out?" werden Grenzen zwischen Jazz, Funk, Blues und Rock auf effektvolle Weise aufgelöst.
Mike Stern sagt selber:
»...In some ways it is straight ahead, but filtered through my rock and blues influences.«
Geboren 1953 war er bereits mit 22 Jahren Mitglied der geschichtsträchtigen Formation Blood, Sweat & Tears, der er von 1975 bis 1978 angehörte.
Darüber hinaus hat er die Saiten beim Trompeter Miles Davis bedient ("We Want Miles" [1981], "The Man With The Horn" [1981] und "Star People" [1982] zusammen mit John Scofield). Immer wieder hat er in unterschiedlichen Projekten, z.B. bei den Brecker Brothers, als Gitarrist mitgewirkt.

Außerdem hat er sich im Januar 2006 mit hochklassigen Musikern der Szene in die Avatar Studios in New York begeben und sein nun mittlerweile dreizehntes Album unter eigenem Namen veröffentlicht. Seine Solokarriere startete 1985 mit "Neesh".

Für den Hörer ist "Who Let The Cats Out?" eine CD mit einem Effekt wie bei einer Kettenreaktion in 11 Teilen, zum größten Teil mit katalytischen Wirkungen durch die Top-Musiker.

Sterns klangvoller Output ist uniform mit einem Bungee-Seil: Geschmeidig spielt er mit den unterschiedlichen Musikstilen und verpackt diese in adäquate Emanationen. Nicht ganz unbeteiligt daran war bestimmt auch der ruhelose Keyboarder Jim Beard, der für die Produktion verantwortlich zeichnet.

Das gesetzt groovende funkige "KT", was für Kim Thompson (drums) steht, wird im Laufe des Tracks mit Rock-Riffs versehen, über die Roy Hargrove ein Trompeten-Solo bläst.
In traumhafter Symbiose hören wir Beards Piano und Sterns akustische Gitarre, unterlegt von feinfühligen Synthesizer-Tönen in "We're With You" und einer entrückten, sehnsüchtigen Harp (Gregoire Maret), die den Song zu einem Gesamtkunstwerk werden lässt. Zuhören und genießen, wie einen Tyrconnell Single Malt Whiskey (ohne Eis, bitte).

Der Harper kann noch ein zweites Mal sein Können unter Beweis stellen: Lässt es sich vielleicht etwa schon erahnen? "Texas"... Blues? Wir finden unsere Vorahnung bestätigt. Mike Stern hat für diese Nummer sogar das Bottleneck übergestreift und Maret haucht dem sphärischen "Texas" eine gehörige Portion Blues-Feeling ein.

"Who Let The Cats Out?" hat schon einige Hördurchgänge hinter sich und ich komme nicht umhin zuzugeben, dass eine gewisse 'Befürchtung' in mir schlummert, dieser Art zeitlos guter Musik wieder zu 'verfallen'.
"Leni Goes Shopping" widmet Mike Stern seiner Frau. Wie das beim Einkaufen so ist: Es kann entspannend aber auch hektisch sein.

Einheiten bildet auch der Bassist Richard Bona nicht nur mit seinem Instrument zum Schlagzeug. Wenn er mit seiner Falsettstimme singt, ist er verbunden mit den Klängen von Sterns Gitarre ("Good Question"). Noch deutlicher wird es mit "Language" (der Song-Titel passt) und in "All You Need".
Ähnlich einer Legierung, bei der unterschiedliche Metalle zu etwas Neuem werden oder einem Puzzle, bei dem einzelne Teile keinen Sinn ergeben und erst am Ende ein Bild ergeben, bilden die Musiker ein Gefüge.

Selbst nach dem abschließenden "Blue Runaway", in dem sich die Band die Freiheit nimmt, etwas 'aus den Fugen zu geraten', will man mehr...
Die Begeisterung für diese Musik hat mich wieder gepackt.

Line-up:
Mike Stern (guitars)
Kim Thompson (drums)
Dave Wreckl (drums)
Jim Beard (piano/organ/clavinet/synthesizers)
Chris Minh Doky (acoustic bass)
Meshell Ndegeocello (bass)
Richard Bona (bass)
Victor Wooten (bass)
Anthony Jackson (bass)
Bob Franceschini (sax)
Roy Hargrove (trumpet)
Bob Malach (sax)
Gregoire Maret (harmonica)