Glasklares Picking klingt aus den Boxen, eine sanfte Stimme beginnt zu singen und schon hat Paul Stephensons Magie den Zuhörer gepackt. Folkballaden über das Altern, die dunklen Seiten des Lebens, aber auch immer wieder Licht am Ende des Tunnels. Der britische Singer/Songwriter, der in Frankreich lebt, ist ein Geheimtipp im wahrsten Sinne des Wortes. Informationen über ihn sind nur sehr spärlich im Netz vertreten und doch hat er sich eine treue Fangemeinde erspielt. Für den ein oder anderen Folk- und Gitarrenfreak mag schon allein die Plattenfirma einen Kaufanreiz darstellen: "Girl With A Mirror" ist beim renommierten Stockfisch-Label erschienen, das für exquisiten Sound, akustische Musik und erstklassige Interpreten steht. Diesem Ruf wird man auch mit der vorliegenden Produktion gerecht.
Der warme Gesamtklang lässt jedem einzelnen Instrument genügend Raum zur Entfaltung und fügt die Samtstimme Stephensons kongenial mit ein. Zeitweilig könnte man bei geschlossenen Augen vermuten, die Musiker spielten direkt im eigenen Wohnzimmer. Die intime Grundstimmung der 15 Songs trägt nicht unwesentlich zu diesem Eindruck bei.
Dabei ist es vollkommen unmöglich, hier einen bestimmten Track herauszustellen, denn die rund 58 Minuten von "Girl With A Mirror" vergehen wie im Fluge. Obwohl die Scheibe kein Konzeptalbum im eigentlichen Sinne ist, erscheint sie doch wie eine Einheit. Der rote Faden, der sich durch die einfühlsamen Kompositionen zieht, heißt schlicht Paul Stephenson. Er hat einen unverwechselbaren, eigenen Stil. Das soll nicht heißen, dass der Mann keine Vorbilder hätte.
Er selbst nennt hier Simon And Garfunkel und die Beatles. Hie und da sind auch Anklänge an Al Stewart, James Taylor und Gordon Lightfoot zu entdecken, doch letztlich wäre ein direkter Vergleich nicht zutreffend. Diese Namen stecken allerhöchstens ab, in welcher Tradition Stephenson steht. Mit Ausnahme der 'Faboulous Four' sind alle genannten Künstler der Folk- und Songwriterbewegung entsprungen. Letzteres kann man durchaus im wörtlichen Sinne sehen, denn gerade Stewart, Taylor und Lightfoot liebäugelten doch auch sehr mit den Mechanismen des Popbusiness. Dadurch wurden sie nicht notwendigerweise schlechter, aber zuweilen ging doch etwas vom ursprünglichen Reiz ihrer Frühwerke verloren. Jene Unmittelbarkeit des künstlerischen Ausdrucks, das Gefühl, der Gitarrenheld spiele ohne große Schnörkel und direkt für ein überschaubares Publikum, kam eben abhanden, wenn der vormalige Folkie vom kleinen Club auf die Bühnen der großen Hallen wechselte. Auch die Arrangements wurden eher poppiger und schufen Schmusefeeling statt Authentizität.
Paul Stephenson liebäugelt zu keiner Minute mit vordergründigen Ausdrucksformen. Trotz der großen Anzahl von beteiligten Musikern wirken die Lieder stets sparsam arrangiert und authentisch. Man nimmt dem Singer/Songwriter seine Betrachtungen über das alltägliche Leben, die Liebe und Gedanken über den Verlust der Jugend einfach ab. Fast schon ist es so, als habe man mit ihm gerade persönlich über eines dieser Themen diskutiert und der gute Mann meint: 'Genau, so ist es. Dazu habe ich folgenden Song geschrieben!' - spricht's, greift zur Gitarre und legt los.
Es wäre wirklich höchst spannend, wie Stephenson seine Songperlen live darbringt. Wobei auch dies ein gutes Stichwort ist: Die Aufnahmen klingen allesamt so, als wären sie jeweils in einem Rutsch aufgenommen, nach dem Motto: 'What you hear is what we played!' Schnörkellos, gefühlvoll und ohne großes Pathos weben die Begleitmusiker im Einklang mit Paul Stephensons effektsicherem Gitarrenpicking einen zarten Klangteppich. Die Melodien und Hooklines werden zu Illustrationen für die poetischen Lyrics. "Girl With A Mirror" ist somit eine Art musikalisches Bilderbuch, in das sich jeder, der einen Draht zu zeitlosen Folkballaden hat, immer wieder gerne vertiefen wird.
Line-up:
Paul Stephenson (vocals, guitar)
Ian Melrose (guitars, dobro, flute)
Don Ross (dobro)
Manfred Leuchter (accordion)
Lea Morris (backing vocals)
Martin Huch (pedal steel guitar)
Beo Brockhausen (soprano saxophone, flute, mbira, percussion)
Alessandro Gulino (electric bass)
Hans-Jörg Maucksch (fretless bass)
Grischa Zepf (electric bass)
Ralf Gustke (drums, percussion)
Geigenhof-Quartett
Wojtek Bolimowski (violin)
Aleksandra Glinka (violin)
Oksana Labach (viola)
Lucile Chaubard (violoncello)
Tracklist |
01:The Silver String
02:God´s Upstairs
03:The Frozen Bird
04:Earthward Bound
05:Windmill Sails
06:Rainy Day Man
07:Back Where You Belong
08:I´m Not A Thing
09:To Be There
10:Now So Far
11:Girl With A Mirror
12:Playing Neptune
13:Only Everything
14:Eyes Will Be Open
15:Lost Out On Below
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