Stefan Saffer, 36, mit seiner Band The Courtmen, mittlerweile in Leipzig ansässig, ist für exzessiv lange Gigs bekannt, für Schweiss und Rock'n'Roll der ehrlichen, handgemachten Art.
Nun liegt seine erste Soloplatte vor. Und wie ein Neil Young, der öfter mal seinen "verrückten Pferden" den Rücken kehrte, um ein ruhiges Werk vorzulegen, überrascht auch "The Dark Frontier" mit Musik in allerbester angelsächsischer Singer/Songwriter-Tradition, die man von einem Landsmann so nicht erwartet hätte.
Mit nur dem Gitarristen seiner Band (der wohl getrost als Multiinstrumentalist bezeichnet werden darf!), einer Cellistin, einem Fiddler und einer Sängerin, daheim im Wohnzimmer auf 8-Spur-Harddisk mitgeschnitten, steht die Musik für Atmosphäre und emotionale Dichte.
Alle Songs, von Stefan Saffer selbst geschrieben, sind stark autobiographisch. Er verarbeitet hier offensichtlich das Spektrum seiner Lebenserfahrungen und damit das Stück deutscher Geschichte aus der Sicht westlich der Zonengrenze, das den meisten noch lebendig in Erinnerung ist.
Die Lieder handeln somit von Themen, die alle im heimischen Deutschland angesiedelt sind. Reflektionen über das von den Alliierten geteilte Land, eine bewegende Anklage über den Tod eines schwarzen Mädchens, das am Tag der deutschen Einheit von Neonazis in einem kleinen ostdeutschen Kaff sinnlos umgebracht wird, eine "strip-naked"-Auseinandersetzung seines Verhältnisses zu seinem Vater oder einfach nur über die Schönheit der Landschaft, in der er aufwuchs.
Das alles bewegt sich musikalisch auf höchstem Niveau, die Klänge von akustischer Gitarre, Mandoline, Akkordeon und allerlei Tasteninstrumenten sind schön verwoben, packende Gesangsstimmen schweben wie losgelöst über dem Klanggeschehen. Tolle Slide- und Dobrofills ("Train Of Youth", "Heartland") lassen aufhorchen. Saffer's Gesang ist angenehm sonor und so gut wie akzentfrei.
Eigentlich sollte man sich wünschen, dass die Texte in deutsch vorgetragen würden, damit sich so mancher selbst im Spiegel sehen könnte, auch wenn er der englischen Sprache nicht mächtig ist. Ort, Zeit und Subjekt sind bestimmt vielen von uns vertraut.
Die Produktion ist für eine Heimaufnahme packend authentisch, mit gutem Klang. Es ballt sich einem die Faust in der Tasche, dass Musiker dieser Qualität keinen Plattenvertrag haben, während unsäglicher Schwachsinn mit Millionen gefördert wird. Allen Liebhabern ungekünstelter, akustischer Musik, die durch ihren Charme dazu geeignet ist, mitzureissen und gleichzeitig zu entspannen, sollten hier zugreifen. Die CD gibt's momentan nur beim Künstler selbst. Also dort unbedingt mal vorbeischauen!
Spielzeit: 43:31, Medium: CD, Eigenproduktion, 2001
1:The Dark Frontier 2:Union Day 3:Watching The River Flow 4:My Daddy's Eyes
5:Train Of Youth 6:Anna's Thumb 7:Wrong Side Of The Tracks 8:Goin' Down These Lonesome Roads 9:Heartland 10:Maynflu (Meeting Of The Waters)
Manni Hüther, 22.02.2002
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