Saltatio Mortis (Totentanz) - diese Spielleute sind auch einem breiteren Publikum geläufig, spätestens seit sie im September 2009 mit ihrem Album "Wer Wind sät" in den Media Control Charts auf den zehnten Platz gelangten.
Pünktlich zur Walpurgisnacht und dem Start der Mittelaltermärkte bringen sie nun mit dem Silberling "Manufactum II" ihre zweite Liveaufnahme auf den Plattenmarkt. Aufgenommen wurde die Scheibe auf dem "Mittelalterlich Phantasie Spectaculum" in Telgte (Nordrhein-Westfalen) am 15. August 2009.
Fans - und solche, die es werden wollen - stimmen sie damit auf die zahlreichen Liveauftritte auf den Mittelaltermärkten quer durch die Republik ein. Dort wollen die Mannen rund um den lästerlichen Lasterbalk und den bescheidenen Alea auch in dieser Saison wieder die Zuhörer und -schauer einladen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Mit rein akustischer Instrumentierung gehen sie zurück zu ihren Wurzeln und präsentieren auf der "Manufactum II" Liedgut, das zum Teil bisher noch nicht konserviert erhältlich ist, sondern lediglich live genossen werden konnte.
So bunt und vielfältig wie ein Mittelaltermarkt ist auch das, was die Musikanten auf "Manufactum II" darbieten.
Ich lade Dich ein, zu einem Bummel über dieses akustischen Spektakel!
Hier, gleich zu Beginn, laden die "Merseburger Zaubersprüche" zum Verweilen ein. Die geheimnisvolle, verzaubernde Stimmung, die der Dudelsack herbeilockt, zieht die Zuhörer in ihren Bann und lässt sie sich mit »hoi, hoi«-Rufen der Magie ergeben.
Die schwedischen Werwölfe ("Varulven") im nächsten Lied sind zum Glück gut unter melodischer Kontrolle, nur stellenweise lassen sie trommelnd ihr bedrohliches Potential erahnen.
Ein Stück weiter bietet der "Dr. Eisenhans" dann das mittelalterliche Viagra feil - der Rhythmus lädt zum Hopsen ein und steigert damit ganz sicher auch die Durchblutung der betreffenden Regionen.
Von ganz weit her sind die mazedonischen Tänzer der "Skudrinka" angereist und bringen exotische, fast schon orientalisch angehauchte Pfeifenklänge auf den Markt. Die Füße können da nicht mehr stillstehen, die Melodie reißt mit.
Aus Frankreich grüßt mit der "Douce Dame Jolie" Guillaume de Machaut aus dem 14. Jahrhundert und lässt die 'Totentänzer' eine Huldigung der versammelten Weiblichkeit vornehmen. Eine weitere frankophile Anleihe wird mit dem schwungvollen "Dessous Le Pont De Nantes" dargeboten, das 1978 erstmals von der bretonischen Gruppe Sonerien Du veröffentlicht wurde und anscheinend gar nicht so alt und traditional ist, wie es klingt. Doch schon geht es mit deutschem Text und schwungvollen Trommeln, gekonntem Gepfeife und Gedudel weiter bei der Tag-und-Nacht-Gleiche "Equinox", die sich als fröhlich-ausgelassenes Fest präsentiert.
Das Feuer, das "Prometheus" auf die Erde gebracht hat, wird gleich danach zelebriert und auf das Publikum übertragen. So wie auch "Equinox" stammt dieser Song aus der eigenen, rockigen Küche der Totentänzer und vermag das Publikum selbst in der akustischen Version mitzureißen.
Bewegt und vielfältig wie das mittelalterliche Leben bleibt auch das handgemachte Album und bringt gleich danach das bretonische Traditional "Le Corsaire" in die Lautsprecher, das durch die hingebungsvolle Darbietung des Sängers Alea zum Hit der Marktsaison 2009 avanciert war.
Von den bretonischen Gefilden geht es weiter in die tiefste Wüste zu "Ali Ben", das mit humorvoller Ansage (»es war so heiß, dass wir sogar Wasser gesoffen hätten«) und orientalischen Klängen zu begeistern vermag.
Wer so weit reist, der fängt sich möglicherweise auch das ein oder andere ungeliebte Reisemitbringsel ein, wie beispielsweise den "Veitstanz", bei dem die Betroffenen tanzen, bis ihnen der Schaum aus dem Mund quillt. Sollte es sich bei dem Veitstänzer um einen Saltatio Mortis-Konzertbesucher handeln, so könnte tatsächlich die Musik der ausschlaggebende Faktor für dieses Phänomen sein und nicht, wie im Mittelalter üblich, die halluzinogene Wirkung des Mutterkorns.
Von den bisherigen Eindrücken erschöpft und durstig, sei nun ein Humpen Met erlaubt mit einem Blick auf den, der diesem schon zu reichlich zugesprochen hat und nun Ratlosigkeit bei seinen Gefährten hinterlässt - ja was denn nun tun, mit dem "Drunken Sailor"?
Rein instrumental wird dann bei "Tulla" Dampf gemacht, da geht mit keltisch-irischem Sound die Post ab. Das etwas ruhigere "Palästinalied" bietet eine kurze Verschnaufpause, damit zur Fan-Hymne "Spielmannsschwur" die Puste und Stimmen wieder da sind und zu Höchstform auflaufen können.
Bevor mit "Evve Gratum" aus der "Carmina Burana" zum Ausklang noch ein letztes Mal so richtig gefetzt wird, überraschen Saltatio Mortis mit einer eindrucksvollen Version des Klassikers "Loch Lomond". Alea und William, Sänger der niederländischen Folk-Band Rapalje, bringen eine reine Gesangsversion, die Gänsehaut hervorruft. Die beiden Stimmen ergänzen sich hier perfekt, bringen Tiefe und Volumen in den Vortrag und eine ganz andere, ergreifende Stimmung als die gleiche Nummer in der unübertroffen fetzigen Version von Runrig.
Nach einer guten Stunde Spielzeit ist der akustische Marktbummel nun beendet.
Was bleibt mir noch zu sagen?
Rasch die Goldtaler aus dem Beutel gekramt und nix wie hin zum Saltatio Mortis-Verkaufsstand - zumindest dann, wenn Ihr Euch Marktfeeling im typisch mittelalterlichen Sound auch zu Hause gönnen wollt.
Line-up:
Bruder Frank (Bass, Fretless Bass, Chapman Stick & electric Upright)
Jean Méchant 'Der Tambour' (Schlagzeug, Percussion, Gesang)
Samoel (Gitarre, Laute, Zister)
Alea der Bescheidene (Gesang, Sackpfeifen, Schalmeien)
Lasterbalk der Lästerliche(Schlagzeug, Davul, Percussion )
Falk Irmenfried von Hasenmümmelstein (Sackpfeifen, Schalmeien, Drehleier, Gesang )
El Silbador (Dudelsäcke, Schalmeien)
Tracklist |
01:Merseburger Zauberspruch (4:05)
02:Varulven (4:41)
03:Dr Eisenhans (3:02)
04:Skudrinka (3:01)
05:Douce Dame Jolie (6:18)
06:Dessous Le Pont De Nantes (2:50)
07:Equinox (3:48)
08:Prometheus (4:56)
09:Le Corsaire (3:54)
10:Ali Ben (3:36)
11:Veitstanz (3:59)
12:Drunken Sailor (4:02)
13:Tulla (4:39)
14:Palaestinalied (3:53)
15:Spielmannsschwur (3:47)
16:Loch Lomond (3:35)
17:Evve Gratum (2:27)
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Externe Links:
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