Keine einleitenden Kinkerlitzchen, kein Vorgeplänkel, kein Einstimmen … gleich die ersten Takte des "Long Distance Trip"-Albums, der Berliner Heavy Psychedelicer Samsara Blues Experiment packen den Hörer mit zwei Gitarren und Hawk
- / Floyd'schen Zitaten und jam-grooven mit ihm durch eine wabernde, düstere, von abgrundtiefen Bassgräben durchzogene, surreale Landschaft. Der Gesang, melodisch zum einen - wenn auch spärlich eingesetzt und dadurch der Musik Raum lassend - und in leichtem Erzählmodus zum anderen, legt sich angenehm den Instrumenten zur Seite.
"Long Distance Trip" ist nach zwei Demos (s/t, 2008 und USA 2009 Touredition, 2009) der erste Longplayer der Band und auch auf Vinyl (fast schon ein Muss - bei dieser Art von Musik) erhältlich. Dann aber ohne das Stück "Center Of The Sun". Christian Peters gründete Samsara Blues Experiment im Jahre 2007 und tourte bis heute quer durch Europa und die Westküsten der USA. Laut Infoblatt erspielte sich die Truppe einen internationalen Fankreis und die oben erwähnten Demos »gelten mittlerweile als Geheimtipp und als mit das Beste, was die Underground Szene in den letzten Jahren zu bieten hatte«.
Das will ich gerne glauben, denn diese schwere Mischung aus Stoner, Doom und Siebziger Lavalampenrock ist nicht von der Stange und auch nicht für Stangenhörer geeignet.
"Army Of Ignorance": Beeindruckend wie 20 (!) Stahlsaiten gefuzzt und tief an den Iron Man erinnern. Überhaupt sind die Gitarren immer zur Stelle. Psychedelisch in bester Tradition zum Beispiel bei "For The Lost Souls". Spannend der Songaufbau, mir kommt "Careful With That Axe, Eugene" in den Sinn. Die Musik klingt so 'bekannt', wie ein guter alter Freund jammt sie durch die Gehörgänge. Sie reminisziert und ist doch brandneu und bringt neue Momente, z.B. wenn das Tempo plötzlich in einen leichten Galopp fällt, der Sänger seinen Text einschreit und die Leadgitarre zu Bassgepolter loszieht ... Dann ein Break und Hinwenden zu einer Orgel-veredelten Traumpassage.
Gut, dass mir die CD-Version vorliegt, denn dadurch komme ich in den Genuss von "Center Of The Sun", eine Nummer, die sofort wegen ihrer psychedelischen Ausrichtung abdriften lässt. Das ist music for the mind, Seele baumeln lassen und den Gedanken freien Lauf lassen. Der Gesang ist leicht verhallt und nie so stark, als dass er die abhebenden Gitarren aufhalten oder stören könnte. Der Waschzettel spricht von konzeptionellem Improvisieren. Das trifft den Nagel so ziemlich auf den Kopf, denn so dominant die Instrumente auch sind, dahinter steckt präzises und ausgeklügeltes Songwriting und ein unsichtbarer Faden sorgt für 'Ordnung und Kalkül'. Allerdings auf eine Art und Weise, die dem Hörer als auch den Musikern alle Freiheiten lässt. Klingt komisch, ist aber so. Anhören ist die einzige Empfehlung, die ich geben kann. Eingestreute Wah Wah-Schönheiten hier, eine Black Sabbath-Spur dort und eine tief rumpelnde Bassline überall. Das passt!
"Wheel Of Life" startet mit akustischer Gitarre und lässt das Gefühl lebendig werden, auf einer morgendlichen Sommerwiese über die vergangene Nacht zu sinnieren. Das ist gelebte Musik, die ohne Probleme in der Lage ist, entsprechende Gehirnregionen beim Zuhörer zu erreichen. Nach diesem kurzen (4:27) und ruhigen Stück kündigt die Tracklist mit "Double Freedom" einen Fast-23-Minüter an und ich denke, diese Erholung ist notwendig.
Erstmal aber startet der lange Monstertrack gemütlich mit Sitarklängen, bis sich Lava-artig die Saitenphalanx in bester Doom-Tradition ergießt ... Und abrupt wieder erstarrt. »Maria und Josef«, das ist spannend, organisch und die Ausgeburt eines psychedelischen Stoner-Jams mit heavy Gitarrenlicks und sphärischem Timbre in den Vocals. Hinzu kommen feine Gitarrensoli im Hintergrund und trotzdem ist da immer diese fast süchtig machende Melodik present.
Zeit genug ist ja und so breakt es hin und wieder hinüber zu verzerrten, doomigen Instrumentalpassagen, die sich mit spacigen Sequenzen die Minuten teilen. Man weiß nie so genau, ob nun im nächsten Moment Ozzys Organ oder Gilmours Gitarre zum Leben erweckt werden. Nein, die Namen der Musiker lauten Christian, Hans, Richard und Thomas und die haben es faustdick drauf. Ich will jetzt nicht schließen, ohne die Drumarbeit wenigstens erwähnt zu haben. Die ist unspektakulär und macht nichts anderes, als Gitarren und Gesang den Weg zu bereiten. So wie die Sonne ganz unspektakulär scheint, aber dafür sorgt, dass der Wein gelingt.
Live muss das ein Erlebnis sein. Hingehen Leute. Dieses Jahr gibt es Samsara Blues Experiment unter anderem auf dem Herzberg-Festival sowie zusammen mit My Sleeping Karma auf einigen Konzerten (starkes Gespann). Wo und wann entnehmt bitte unserem Tourkalender.
Line-up:
Christian Peters (Leadgitarre, Gesang, Sitar, Orgel, Synthesizer)
Hans Eiselt (Gitarre)
Richard Behrens (Bass)
Thomas Vedder (Schlagzeug)
Tracklist |
01:Singata Mystic Queen (11:36)
02:Army Of Ignorance (4:35)
03:For The Lost Souls (9:57)
04:Center Of The Sun (13:08)*
05:Wheel Of Life (4:27)
06:Double Freedom (22:44)
(* nicht auf Vinyl)
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