Sara K. / Hell Or High Water
Hell Or High Water
Sara K. ist eine Besondere. Geheimnisvoll der Name, ungewöhnlich ihr Spiel auf einer viersaitigen Akustik-Gitarre; sie tourte mit Unterstützung und der Technik eines Herstellers nobler HiEnd-Lautsprecher. Ihre Produktionen erhalten regelmäßig das Prädikat: 'Die Audiophile' und macht eine Musik, die sich schwer beschreiben lässt. Zart? Nein - sensibel ja, aber durchaus kraftvoll.

Zum Zuhören, zum Hineinhören - zum Hineinfühlen. Aber nicht einschmeichelnd.
Sara K. ist um 1960 geboren, stammt aus Texas und lebt in einem kleinen Haus in der Wüste von New Mexico. Sie schreibt ihre eigenen, sehr persönlichen Songs und singt sie oft mit einer spröden Stimme. Auch das macht sie nicht leicht zugänglich. Variiert von einfachen Folksongs zu verspielten Arrangements, phrasiert jazzig oder tönt bluesig und lässt die wenigen Fremdvorlagen auf ihren Alben wie eigene klingen.
"Hell Or High Water" ist die zweite SACD, die auf dem deutschen 'Stockfisch'-Label erscheint. Vorher veröffentlichte sie ihre Alben auf dem für seine erstklassigen Aufnahmen bekannten 'Chesky'-Label (USA). Die klangen zwar wirklich audiophilst, aber auch irgendwie wie aus dem Elfenbeinturm. Nun, Günter Pauler, 'Stockfisch'-Boss, Produzent und Aufnahmeleiter in einer Person, ist auch ein absoluter Sound-Feingeist, der mit seinen Scheiben ebenfalls in der höchsten Liga spielt. Mit dem Unterschied zu 'Chesky', dass Sara K. bei ihm nicht wie eine Ikone, sondern wie eine sehr seelenvolle Künstlerin klingt, die durchaus diesseitig ist. Jeder der zehn Songs ist ein Juwel, eigenwillig gefasst und deshalb umso aparter.
Schon die Verpackung der SACD zeugt vom besonderen Inhalt. Die Plastikhülle massiver als üblich, mit gerundeten Ecken und einem Rastverschluss. Auch unter der Scheibe durchsichtig, unterlegt mit einem 'old fashioned' Foto der Künstlerin und ihrer Tochter. Dazu ein zwölfseitiges, üppig bebildertes Booklet mit den Songtexten, zu jedem ein kurzer Einleitungstext und liebevolle Erinnerungen an jüngst verstorbene Freunde, darunter auch Chris Jones, ihr Gitarrist bei 'Stockfisch'. Die CD ergänzt somit den musikalischen Nachlass des hervorragenden Spielers. Das Album ist in 'Direct Stream Digital' aufgenommen. Ich besitze zwar keinen Player, der das hochauflösende Format zu vollem Ton bringt, aber auch auf meinem herkömmlichen klingt sie vom Allerfeinsten.
"Stars" erinnert in der Anlage und in der Art, wie Sara K. singt, an Don Mc Lean. Ungewöhnlich für Sara K., fast schon 'süßlich', die Untermalung mit Glasharfe, Flöte und Glockenspiel. "Trouble" und "Curtain Calls" könnten von Interpretation und Arrangement her auch von Joni Mitchell aus den 80er Jahren stammen. Ein toller Shuffle ist "Fish Outta Water", bei dem Gitarre, Sax und Bass ein durchgehendes, grooviges Riff pumpen und die Künstlerin dazu stimmlich Cassandra Wilson-mäßig improvisiert. Ganz anders "Something More", das wie ein Märchen klingt, dessen Figuren aber auch heute noch regieren und manipulieren wollen … Das Cembalo verleiht dem Song sein altertümliches Flair und Frau K.' s Gesang ist eine einzige Hommage an die unvergessene Sandy Denny.
"Hell Or High Water", eine der beiden Fremdkompositionen, ist der Auftakt zu einer Blues-Trilogie, dem die 'keltische' Tin Whistle und eine seltsam hallende Flöte namens 'Fujara' kontrastierenden Reiz geben. Auch "I Can' t Stand The Rain" wird als lupenreiner Zwölftakter angestimmt, bei dem Chris Jones ein weiteres Highlight mit der Dobro setzt. Allerdings nicht als Tribute an Ann Pebbles, sondern an Lowell George, der den Song auf seinem Solo-Album hatte. Tief im Delta (samt Zikaden) angesiedelt ist "Set You Free", mit einem schönen Dr. John-Piano (von Christian Willisohn gespielt) und einem entrückten Chor zum Schluss. Sara K. als hervorragende, expressive Interpretin der Blue Notes.
Poesie pur ist "Streetlight's On", ein nostalgischer Walzer - so was hat Donovan früher mit großen Augen gesungen. Cembalo und dazu dieser akzentuierte Bass - "Golden Brown" kommt mir in den Sinn. Klasse, Ms K.! Mit "Ship In A Bottle" beschreibt Sara zum Schluss, wie zwiespältig sie sich manchmal fühlt. Fernweh und gleichzeitig das Bedürfnis, nicht fortgehen zu wollen, ein Leben in zwei Welten. Was für eine schöne Metapher, bei der ein Akkordeon für den sentimentalen Touch sorgt.
Ihre Begleitmusiker sind erste Wahl. Neben Chris Jones an den diversen akustischen Gitarren prägt vor allem Hans-Jörg Maucksch mit seinem bundlosen E-Bass den Sound. Beo Brockhausen setzt die besonderen Akzente mit Perkussion, Saxophon und zahlreichen ungewöhnlichen Instrumenten wie Autoharp, Udu, Kalimba, diversen Flöten oder Glasharfe. Dazu kommen weitere Gäste.
Die Vergleiche mit anderen Künstlern und ihren Stilen in diesem Review sind ein Beleg für Sara K.' s Vielseitigkeit, besonders auf diesem in sich geschlossenen Album. Und nur ein Hilfsmittel, ihre Musik etwas besser beschreiben zu können. Sie spielt mit den Stilmitteln ihrer Kollegen, kopiert sie aber keineswegs. Aber wer diese Künstler schätzt, wird auch "Hell Or High Water" mögen!
Die Scheibe wird wieder einmal 'die Audiophile' genannt werden. Hoffentlich wird dabei nicht übersehen, was für eine große Künstlerin Sara K. ist, die damit ihr wohl bisher emotionalstes Album herausgebracht hat. Vor dem reinen, schönen Klang steht eine Musik, die weitaus mehr Aufmerksamkeit und Passion verdient, als reproduzierte Detailtreue und perfekte Auflösung der Produktion.


Spielzeit: 49:59, Medium: SACD, Stockfisch Records, 2006
1:Stars 2:Trouble (In Your Eyes) 3:Curtain Calls 4:Fish Outta Water 5:Something More 6:Hell Or High Water 7:I Can' t Stand The Rain 8:Set You Free 9:Streetlight' s On 10:Ship In A Bottle
Norbert Neugebauer, 31.03.2006