Viele Blind Guardian-Fans waren geschockt, als Drummer Thomen Stauch Anfang des Jahres seinen Ausstieg aus Deutschlands zur Zeit erfolgreichster Metalband verkündete.
Die Gründe waren die berühmten musikalischen Differenzen, die ja immer gerne als Trennungsgrund angegeben werden. In Thomens Fall sind diese jedoch durchaus nachvollziehbar. Die Band wurde zwar von Scheibe zu Scheibe größer und größer, entfernte sich aber immer mehr von ihren musikalischen Wurzeln. Härte und Geschwindigkeit mussten Bombast und technischer Perfektion weichen. Konnte man "Nightfall In Middle-Earth" noch als gelungen bezeichnen so war mit der total überproduzierten "A Night At The Opera" der Bogen für viele alte Anhänger (wie auch mich) doch etwas überspannt.
Auch Thomen konnte sich schon lange nicht mehr mit dem Sound von Blind Guardian identifizieren und als zu Beginn der Arbeiten am neuen Album einige der von ihm geschriebenen Songs als unpassend abgewiesen wurden, beschloss er sich von seinen alten Mitstreitern zu trennen.
Kurz darauf nahm er Kontakt zu seinem alten Freund Piet Sielck auf, dem Gitarristen und Bandkopf von Iron Savior, dessen erstes Album Thomen bereits mit einspielte und der schon als Tontechniker an einigen alten Blind Guardian-Alben mitwirkte. Dieser zeigte sich begeistert von den Songs und man beschloss ein weiteres Mal gemeinsame Sache zu machen. Verstärkt durch die beiden schwedischen Musiker Jens Carlsson (Vocals) und Emil Norberg (Guitar) von der Band Persuader, deren CD Piet kurz zuvor produziert hatte, war das Line up komplett, das nun unter dem Namen Savage Circus firmieren sollte.
In Piet Sielcks Hamburger 'Powerhouse Studio' wurde nun das Debüt "Dreamland Manor" aufgenommen. Und dieses Debut hat es in sich. Schon die erste Nummer "Evil Eyes" macht unmissverständlich klar, in welche Richtung es geht: druckvoller Power/Speedmetal in bester alter Blind Guardian-Manier.
Man hört den Songs förmlich an, wie sehr Thomen diesen Stil vermisst hat. Hammersongs wie "Between The Devil And The Seas", "Waltz Of The Demon" oder die tolle Ballade "Beyond Reality" hätten mit ihren Wahnsinnsmelodien und packenden Chören wirklich prima auf die Klassiker "Somewhere Far Beyond" und "Tales From The Twilight World" gepasst.
Ausfälle sucht man auf dieser Scheibe vergeblich, weshalb es mir auch schwer fällt, irgendwelche Titel hervorzuheben. Gelegentlich klingen hier und da auch leichte Iron Savior-Einflüsse durch, doch was sollīs, schließlich wird Piet einen Großteil des Materials mitgeschrieben und arrangiert haben und warum sollte er seine Handschrift verbergen?
Sehr verblüffte mich auch die Stimme von Sänger Jens Carlsson, die der von Guardian-Frontmann Hansi Kürsch so sehr ähnelt, dass es schon fast unheimlich ist.
Als ich die CD das erste Mal hörte glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen.
Auf Grund dieser Tatsachen wird es sicherlich wieder einige Nörgler geben, die Savage Circus als Plagiat abtun, was aber völlig unberechtigt und unfair wäre. Denn Thomen und seine Jungs haben ein absolut ehrliches und ambitioniertes Stück Heavy Metal abgeliefert, das seine ehemaligen Kollegen aus Krefeld erstmal toppen müssen.
Ob sie das allerdings schaffen werden, wage ich zu bezweifeln.
"Dreamland Manor" ist für mich jedenfalls ein großartiges Album geworden, das mir beim Hören eine Menge Spaß bereitet hat.
Es bleibt nur noch zu hoffen, dass die Band den verdienten Erfolg auch wirklich einfahren kann. KAUFEN !!
Spielzeit: 54:43, Medium: CD, Dockyard1, 2005
1.Evil Eyes 2.Between The Devil And The Seas 3.Waltz Of The Demon 4.Tomorrowland 5.It-The Gathering 6.Beyond Reality 7.When Hell Awakes 8.Ghost Story 9.Born Again By The Night
Stefan Gebauer, 08.09.2005
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