Und noch ein letztes Mal, bei dem ich die Ehre habe, den aktuellen Re-Release einer Platte von Savatage genauer unter die Lupe zu nehmen!
Nach ihrem 1987er Durchbruch mit
Hall Of The Mountain King befanden sich die Floridianer auf dem direkten Weg nach ganz oben. Elemente der klassischen Musik flossen mehr und mehr in den einstmals kernigen US Metal-Sound, die Piano-Parts (eingespielt von Sänger
Jon Oliva höchstpersönlich) kamen immer deutlicher zum Vorschein. Das fing bereits mit dem eben genannten Vorgänger an, der jedoch noch mehr im metallischen Gewand daherkam und höchstens aufgrund der 'Bergkönig'-Thematik im Titelsong und dem "Prelude To Madness" an
Edvard Grieg zurückerinnerte, und wurde auf "Gutter Ballet" perfektioniert. Ende 1989 über Atlantic Records erschienen, markierte die Scheibe so etwas wie einen Wendepunkt in der Bandgeschichte, untermalt von dem von
Gary Smith gezeichnetem Cover, das die Elemente aus Metal und Klassik bildlich miteinander verbindet. Außerdem markierte dieses Album den Einstand des Zweitgitarristen
Chris Caffery, der neben Gitarrengott
Criss Oliva (R.I.P.!) ein perfektes Bild ablieferte.
Songs wie der flotte, noch sehr an frühere Stücke erinnernde Opener "Of Rage And War", die herzzerreißende Halbballade "When The Crowds Are Gone" oder die rockige, ein bisschen von
Power Of The Night -Tagen geprägte Nummer "She's In Love" sind zu Recht in die Metal-Geschichte eingegangen und ich kann es nur bestens verstehen, wenn dieses Werk heutzutage als ultimatives
Savatage-Album angesehen wird. Als wohl großartigsten Song des gesamten Longplayers muss man jedoch den unsterblichen Titeltrack bezeichnen, der allein aufgrund seines magischen Klavierintros schon der pure Wahnsinn ist: symphonisch, episch und dennoch verdammt heavy. Wenn ein Metalhead hier keine Gänsehaut bekommt, dann ist ihm wirklich nicht mehr zu helfen! Dazu ist die Produktion, die damals zum zweiten Male in Zusammenarbeit mit
Paul O' Neill (er produzierte bereits "Hall...") entstand, sehr fett und kraftvoll geworden und passt zu den Songs wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer! In meinen Augen schafften es
Savatage in der Zeit danach auch nicht mehr, einen solch zeitlosen Klassiker zu erschaffen - auch wenn das darauffolgende "Streets: A Rock Opera" (1991) und die frühen
Zak Stevens-Werke wirklich nicht von schlechten Eltern waren.
Nun noch die obligatorischen Worte zum eigentlichen Re-Release: wie alle anderen Werke im Digipak mit einem (etwas dünn geratenen) Booklet daher kommend, das - wie auch bei den anderen Platten bereits - ein paar kurze Zeilen von Jon zur Entstehung des Albums und ein paar Worte zu jedem einzelnen Song beinhaltet, dazu natürlich noch die obligatorischen Songtexte. Hätte durch den Klassikerstatus der Scheibe schon ein wenig dicker ausfallen können, aber das ist jetzt Erbsenzählerei! Als Bonustracks gibt es zwei weitere Akustikversionen aus der Jon Oliva-Session von 2010, dieses Mal "Alone You Breathe" und "Handful Of Rain". Hier wären zwar meiner Meinung nach Liveaufnahmen von der damaligen Megatournee angebrachter gewesen, aber wer sich gerne Unplugged-Aufnahmen reinpfeift, der dürfte hier seinen Spaß haben. Mir gefällt es zugegebenermaßen eher weniger.
Man mag vielleicht - so wie ich - aufgrund des persönlichen Geschmacks die alten, räudigeren und ungehobelteren Platten lieber hören, doch rein objektiv betrachtet ist "Gutter Ballet" das perfekte Werk: vielseitig, abwechslungsreich, durchdacht und dennoch eingängig. So sahen das im Übrigen auch die Schreiberkollegen vom Rock Hard, die "Gutter Ballet" in ihrem Buch "Best Of Rock & Metal - Die 500 stärksten Scheiben aller Zeiten" auf den 37. Platz hievten. Ohne weitere Diskussion: So muss anspruchsvoller Heavy Metal klingen!
8,5 von 10 RockTimes-Uhren!