Die vorletzte Runde des
Savatage-Backkatalogs wird eingeläutet und wir haben es nun mit "Handful Of Rain", erstmals 1994 veröffentlicht, zu tun.
Das Jahr zuvor war ein schwarzes Jahr für die Band:
Jons Bruder
Criss starb bei einem Verkehrsunfall und zu allem Übel räumte auch noch
Steve Wacholz seinen Drumhocker.
Steve war es leid, auf
Olivas neu eingeschlagenen, musikalischen Pfaden mitzuwandeln.
Was blieb dem 'Mountain King' also übrig, als sich in die Arbeit zu stürzen, um auf andere Gedanken zu kommen?
Nach einem Anfall von Arbeitswut entstand innerhalb kürzester Zeit das Album "Handful Of Rain", produziert natürlich von
Paul O'Neil und dem Bandchef persönlich. Interessant dabei ist, dass
Jon neben Klavier und Keyboard auch den Bass, sämtliche Rhythmusgitarren sowie das Schlagzeug selbst einspielte (obwohl im Line-up des Booklets was anderes zu lesen ist - siehe unten). Die Leadgitarrenparts übernahm
Alex Skolnick (
Testament). Keine leichte Aufgabe für den Jazz-Gitarristen, die für
Savatage so typisch verzerrten Akkorde mal locker aus dem Handgelenk zu schütteln.
Criss hinterließ mit seinem exzellenten Gitarrenspiel eine Lücke, die sich leider nur sehr schwer wieder schließen ließ.
Für die Vocals war Sänger
Zachary 'Zak' Stevens zuständig. Warum
Steve Wacholz in den Linernotes immer noch als Drummer genannt wurde, obwohl er sich ja schon lange aus dem
Savatage-Camp verabschiedet hatte, wird wohl
Jons Geheimnis bleiben. Denn als man mit der Platte im Gepäck auf Tour ging (die übrigens als World-Tour abgebrochen werden musste, weil sich ein Manager an der Bandkasse vergriffen hatte, so dass man lediglich ein paar Japan-Gigs durchziehen konnte), schwang stattdessen bereits
Jeff Plate die Stöcke.
Herausgekommen ist ein sehr düster gehaltenes, emotionales (aber auch abwechslungsreiches) Album, spielte doch der Gedanke an den Tod des Bruders beim Entstehungsprozess von "Handful Of Rain" eine große Rolle.
Im Vergleich zu den Vorgänger-Scheiben wird hier sogar teilweise wieder an frühere Glanztaten angeknüpft. Bereits beim Opener "Taunting Cobras" wird die alte Heavy Metal-Keule in feinster Manier geschwungen. Auch der Titelsong ist ein Kracher »allererster Kajüte« - wie unser Joe immer zu sagen pflegt und bei "Nothing's Going On" kommen Mattenschwinger ebenfalls voll auf ihre Kosten.
Das mit wunderbarem Satzgesang vorgetragene, bombastische "Chance" erweist sich selbst Jahre später noch als ein musikalisches Juwel, "Castles Burning" oder auch die Instrumental-Nummer "Visions" dürften für alle Proggies interessant sein.
Gerade das sehr komplexe "Chance" gibt einen Vorgeschmack auf das, was uns die Band in den kommenden Jahren servieren wird: Epischer Bombast Metal.
Balladen fehlen ebenfalls nicht, dafür stehen das bluesig angehauchte "Stare Into The Sun" sowie "Watching You Fall" Pate, aber mit den üblichen Hausfrauen-Schmalz-Balladen haben diese Songs überhaupt nichts gemein, im Gegenteil, es werden sogar Assoziationen an den alten Waldschrat
Zakk Wylde wach.
"Alone You Breathe" wurde von
Paul und
Jon als Widmung für
Criss geschrieben. Wer beim Anhören dieses Stückes keine Gänsehaut bekommt, ist selbst dran schuld.
"Handful Of Rain" ist ein Album, das für mich neben
Hall Of The Mountain King und
Dead Winter Dead zu den absoluten
Savatage-Klassikern gehört.
Nach der Neuauflage bei earMusic/Edel wurde der Silberling mit zwei Bonustracks bestückt: jeweils eine Akustik-Version von "Believe" sowie eine 2011er Version von "Summer's Rain".
Und wie immer wieder erwähnt: Alle Neu-Veröffentlichungen zusammengenommen bilden den
Savatage-Schriftzug.