Und wieder ein neues Album der polnischen Prog Rock-Institution SBB, dieses Mal ohne Titel. Keyboarder Józef Skrzek hatte die Platte dergestalt angekündigt, dass ein neuer Sound zu erwarten sei: »Frisch, gereift, aber spontan und voll an jugendlicher Energie« Nun, da kann man dann wohl gespannt sein.
Im Booklet werden die einzelnen Titel offensichtlich erklärt, leider in polnischer Sprache, so dass ich hierzu keine Aussage treffen kann. Auf der Webseite der Plattenfirma gibt es folgende Erläuterung: »Each song relates to the important events and situations related to the history of the band, but also to the people who played an important role in SBB's life.« Das, was ich der Beilage allerdings entnehmen kann, ist, dass die Band offensichtlich geschrumpft ist, weil nur der Keyboarder und ein Herr mit Schlagzeugsticks auf dem Cover abgebildet sind. Also Hardin & York in Neuauflage? Nein, ich kann eine Gitarre hören - Apostolis Anthimos ist dann wohl auch mit an Bord und das ist auch gut.
Der Songzyklus startet ohne Gesang, nur Sprachfetzen, alles fließt, die Musik erscheint wie ein Traum, eröffnet einen Blick auf persönliche Exkursionen durch dieses Traumland. Durch den sehr lockeren Aufbau der Arrangements wird auch der Weg zu jazzigen Improvisationen frei, die sich jedoch nicht durch Hitzigkeit und Schnelligkeit auszeichnen, sondern ebenfalls durch freies Fließen. Auf jeden Fall fällt mir auf, dass hier die für Rock üblichen Strukturen fehlen - das hat viel von der Atmosphäre einer Jamsession. Das bedeutet, dass diese neue Platte möglicherweise die Hörerschaft spalten kann. Es kommt - wie eigentlich immer - auf den Standpunkt des Betrachters an und wie frei man sich macht, um Musik nicht nur zu hören, sondern auch zu erleben. Ist man voreingenommen oder fremdelt man mit Unbekanntem, so wird man hier schlecht ein relativ objektives Urteil fällen können.
Rein sachlich betrachtet, bietet diese CD unter dem Aspekt von Professionalität sehr gute Musik. Gefühlsmäßig öffnen sich ebenfalls Türen, aber sicher andere... hier wird dann das eine oder andere 'Zugangsproblem' zu finden sein. Der kontinuierliche Gesang fehlt, klare Themen auch, für einige mag auch sogar Langeweile aufkommen. Dabei ist die Musik im Detail sehr abwechslungsreich, nur eben nicht effekthascherisch, sondern bisweilen gar sehr meditativ. Auf "Zwatpienie Lakisa" klingt es dann mit drohnenhaftem Unterbau sogar fernöstlich. Eigentlich ist das Instrumentalmusik, denn es sind nur gelegentliche Stimmeinsätze zu verzeichnen, so zum Beispiel auch auf "Ameryka", dem Titel, der mich sehr an Pink Floyd erinnert. Ich mag dieses Stück mit diesem herrlich gefühlvollen Gitarrenspiel sehr. Daneben dominiert natürlich der Synthesizer, aber auch das Piano kommt immer wieder zum Einsatz, so bei "Memento".
Überwiegend sind es nicht ganz so lange Titel, bis auf den letzten Track mit elf Minuten. Aber insgesamt erscheint mir die Platte wie aus einem Stück, fast schon wie ein heimliches Konzeptalbum, da es stimmungsmäßig doch ineinander übergeht. »Frisch, gereift, aber spontan und voll an jugendlicher Energie«, um auf diese anfänglich aufgeführte Aussage zurückzukommen: Frisch klingt es, gereift und spontan auch, aber anstelle der jugendlichen Energie sehe ich eher professionelle Altersweisheit, in positivem Sinne wohlgemerkt. Vielleicht ist das Musik von Älteren für Ältere? Jedenfalls fühle ich mich angenehm angesprochen. Es regt nicht so auf, sondern lässt der Muße freien Lauf…
Line-up:
Józef Skrzek (bass, piano, organ, Micro Moog, Mini Moog)
Apostolis Anthimos (guitars)
Gabor Nemeth (drums, percussion)
Tracklist |
01:Piwnica
02:Niemen
03:74
04:Bunkry Wiedenskie
05:Zwątpienie Lakisa
06:Aries
07:Urodziny w Roskilde
08:Rozstanie
09:Ameryka
10:Nowy Wiek
11:Lot nad Chicago
12:Seged
13:Memento
14:Muzy
15:Zaufani
16:Requiem
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