Schluff Jull / No Matter Of Age
No Matter Of Age
Na endlich: die dritte CD der Deutsch-Jammer. Zum Glück unterstützt die Band die beliebte Trading Praxis, so dass es immer wieder Konzerte auf CD zwischen den regulären Veröffentlichungen gibt und die Warterei nicht so schlimm ist.
In "Come spring", dem ersten Track darf sich die Bläsersection um Schorsch mal wieder so richtig austoben. Sogar die ersten Töne gehören ihnen. Sehr locker gleitet der Song aus den Boxen in meine Ohren. Auch die Gitarre im Mittelteil hat etwas lockeres: aus dem Handgelenk gespielt und auch stilistisch an den frühen Mark Knopfler erinnernd.
Eine wunderschöne Harmonica leitet den Titelsong ein. Bob Dylan meets Tom Petty auf einem Neil Young-Konzert - und das alles mit einer gehörigen Prise an Blasinstrumenten.
Nichts für Suizidgefährdete ist "Road Marks/Not happy". Beispiel:
"There are so many lifes that we could live
but we're bound to one"
.
Traurige Musik mit ebenso klingendem Saxophon, die dann aber via Gitarrenläufe zum Mitwippen wechselt und schließlich heißt es im Text ja auch "I'm not happy, but happieness ain't the aim of life". Kein Titel für Hedonisten. Ach ja, gegen Ende des Titels spielt einen die Gitarre schwindelig.
"No Mistakes" bietet den Wah-Wah Fans ein schönes Solo (Heinz, Olaf: ist doch ein Wah-Wah?)
Uuh, schon wieder Lyrics, die zum Nachdenken anregen:
"Look at your hands
Doin' somethin' you never wanted to do
Look at you feet
Movin' somewhere you never wanted to go
Listen to your words
Tellin' something you never wanted to say"
.
So, bis hierhin muss man die Texte einfach mitverfolgen. Jetzt leitet die Choreografie geschickt per Wah-Wah über, zum ersten Coversong. Yeah, und was für einer. Ja, eben wechselt der Rhythmus und ich höre "I know you rider" von den Dead. Dieser Song gehört zu meinen absoluten Favoriten und was Schluff Jull aus dem Traditional macht ist erste Sahne. Wenn Ihr mich jetzt sehen könntet: Meine Füße und auch mein Kopf sind in Dauerbewegung, während die Finger über die Tastatur springen. Das ist einer dieser Momente, wo ich die oben zitierten Lyrics weit von mir weise.
"At least sometimes" kenne ich bereits. Wie übrigens auch "Take my chance". Ich habe drei Konzerte der Band mit diesen Tracks. Nun endlich auch hochoffiziell.
Und da ich bisher nur Texte mit etwas mutlos machendem Inhalt zitiert habe, gibt es hier etwas, dass meiner Realität schon eher entspricht:
"Ain't life beautiful?
At least sometimes"

Auch dieser Titel ist eher von der ruhigen Sorte. "Feuerzeug-hochhalt-Musik". Schön und ganz unaufdringlich.
Nun aber, "mein Highligh" auf dieser CD: "Take my chance". 13:38 Minuten mit einer Trompete, wie ich sie bisher nur von Schorsch gehört habe. Klagend, fordernd; unterbrochen von hart angeschlagenen Basssaiten. Dann ertönt ein traumhaft gefühlvolles Saxophon. Wenige Lyrics, hier dominieren eindeutig die Instrumente.
Auch die Gitarre wird ganz dezent eingesetzt. So etwas gehört normalerweise an den Anfang der Siebziger nach San Francisco. Bin mir aber ganz sicher, dass einige Trading-CDs auch dort kursieren. Das ist Baymusic.
Obacht, auf den Text achten, denn das Booklet bietet nur das "Rohgerüst". Olaf hat im Song etwas mehr parat: Hidden Lyrics.
Cover Nummer zwei: "Friend of the devil". Leider nicht meine Lieblingsversion. Die ist eindeutig auf "Last Time Around Before 2000" aus Marienheim/Viersen. Denn dort singt Olafs Tochter Anna und bereitet mir jedes Mal eine gehörige Gänsehaut beim Anhören.
Aber auch diese Version bietet eine Besonderheit: ich bin jetzt bei Minute vier und da sollte laut Booklet der Song auch schon längst fertig sein. Ich bin noch am Tippen dieser Zeilen und bei Minute fünf kommt wieder Musik und die Playeranzeige steht immer noch auf Track 8. Funky tönt es aus den Boxen, das kenn' ich doch: "Welcome Mr. P. Man", bisher auch nur live bekannt von zwei Trading Shows.
Habe ich jetzt 'ne Fehlpressung oder handelt es sich um einen Hidden Track? Da ich zwei CDs geordert habe und beide das gleiche bieten, der Track außerdem in keinem Booklet erwähnt wird, gehe ich von einem Hidden Track aus.
Mein Fazit: Eindeutig die ruhigste Platte der Band, irgendwie "erwachsener". Nicht musikalisch, denn da ist die Band schon immer erwachsen. Aber textlich und stimmungsmäßig hat "No Matter Of Age", meinem Empfinden nach, ein anderes Ziel, als die beiden Vorgängeralben. Die CD ist im Gesamten ernster, so zumindest kommt sie bei mir an und ich werde sie genießen und beim Deadheadmeeting im Mai in Plauen dann auch live erleben können.
Spielzeit: 58:24, Medium: CD, Taxim, 2001
1:Come Spring, 2:No Matter Of Age, 3:Road Marks / Not Happy, 4:No Mistake, 5:I Know You Rider, 6:At Least Sometimes, 7:Take My Chance, 8:Friend Of The Devil, 9:Welcome Mr.P.Man (Hidden Track)
Ulli Heiser, 30.03.2001