Seconds Out / Quarter Past Nine
Quarter Past Nine
Wenn man mich fragt, wer die progressive Musik maßgeblich geprägt hat, dann nenne ich zwangsläufig stets die Gruppen Yes und natürlich Genesis aus der Zeit von ihrer Gründung bis ins Jahr 1977. Das ist im Wesentlichen die Zeit mit Peter Gabriel, der die Band 1975 verließ. Im Anschluss übernahm Phil Collins den Gesang und Genesis veröffentlichten noch zwei weitere, verheißungsvolle Alben. Als Gitarrist Steve Hackett 1977 die Band ebenfalls verließ, änderte sich der Stil von Genesis maßgeblich. Um die Kurve zu bekommen, sei noch mal darauf hingewiesen, dass die Musik von Genesis auf Grund ihrer damaligen Komplexität, ihrem Bombast und ihrer Virtuosität an den Instrumenten zu einem der meist geachteten Acts wurde, die das Rock-Business bis heute hergibt. Die Alben "Foxtrot" (1972), "Selling England By The Pound" (1973), "The Lamb Lies Down On Broadway" (1974) mit Peter Gabriel sowie "A Trick Of The Tail" (1976) und "Wind & Wuthering" (1977) sind Meilensteine in der Geschichte der progressiven Musik.
Als Martin Hofmann (u.a. Mitinhaber von Musik Service, einem der führenden Musikhäuser in Deutschland) 1991 die Idee hatte, zusammen mit ein paar guten Instrumentalisten die Musik von Yes, King Crimson, Gentle Giant oder Pink Floyd zu proben, kam dabei erstaunlicherweise Seconds Out heraus, benannt nach dem schönen Live-Album von Genesis aus dem Jahre 1977. Seconds Out, das ist heute wohl die angesagteste Genesis-Coverband in Deutschland und es ist zu vermuten, dass diese Formation sogar europaweit mithalten kann. Ich konnte mich erst kürzlich davon überzeugen, als die Band anlässlich der "Night Of The Prog" auf der Loreley, fast auf den Tag genau 30 Jahre, nach dem Genesis auf dem legendären Felsen ihr Stelldichein gegeben hatten, das gleichnamige Album live präsentierten.
Seconds Out haben sich im Laufe der Jahre die Songs Ton für Ton erarbeitet und sind so nah am Originalsound, dass es fast schon unheimlich wirkt. Und ganz nebenbei wird an so manchen Stellen die exzentrische Bühnenshow der Band ebenfalls originalgetreu zelebriert. Martin Hofmann liebt die Perfektion und steckt sich bis heute sehr gerne anspruchsvolle und hohe Ziele. So spielt er ganz nebenbei auch noch bei Echoes, einer in gleichem Maße angesagten Pink Floyd-Coverband. Es heißt auf der Band-Site: »Musikalisches Know How, technische Raffinessen und eine beeindruckende Lightshow helfen dabei, Sound und Atmosphäre der großen Vorbilder nachzuahmen«. Das trifft wahrlich so zu.
Um sich von der Stärke von Seconds Out zu überzeugen, kann man über die Website dieses Live-Album mit dem Titel "Quarter Past Nine" erwerben. Die Scheibe wurde im Mai 2003 im Colos-Saal in Aschaffenburg vor begeistertem Publikum aufgenommen. Und auch die Tracklist besticht neben einem astreinen Sound. "Watcher Of The Skies" von "Foxtrot" beginnt unnachahmlich (gewagtes Wort, wenn man von einem Cover spricht) mit den Tasten von Markus Nanz und Johannes Hofmann (Bruder und Geschäftspartner von Martin Hofmann). Peter Gabriel oder die markante Stimme eines Phil Collins nachzusingen, ist in der Tat nicht einfach. Jürgen Votawa gelingt dies in vorzüglicher Art und Weise. Kenner wissen, wie sehr das Lied "Here Comes The Flood" vom Gesang und den seichten Pianoklängen lebt. Dazu gesellt sich das starke Gitarrenspiel von Tommy Weber und die präzisen Drums von Christian Koch.
Natürlich gibt es ausschweifende Songs. Eine Legende ist das über 20-minütige "Suppers Ready", ebenfalls von "Foxtrot". Seconds Out bieten die progressiven und anspruchsvollen Genesis in einer heutigen Zeit, geben den älteren Fans von uns die Chance, alte musikalische Zeiten im originalen Sound aufleben zu lassen und übermitteln der jüngeren Generation ein Feeling, welches von Anfang der 70er bis heute die Fans elektrisiert hat. Das Repertoire umfasst inzwischen mehrere Stunden, die Band hat so ziemlich jeden erwähnenswerten Song von Genesis drauf. Die Aschaffenburger spielen in unregelmäßigen Abständen live und wer die Chance hat, sollte diese nutzen und in eine ganz besondere Klangwelt eintauchen. Die Termine sind zukünftig den Tourdaten bei RockTimes zu entnehmen. Darüber hinaus empfehle ich absolut dieses Live Album, welches mit dieser Musik ein hochwertiges Produkt darstellt und absoluten Hörspaß garantiert.
Line-up:
Jürgen Votawa (vocals)
Tommy Weber (guitars)
Martin Hofmann (bass)
Markus Nanz (keyboards)
Johannes Hofmann (keyboards)
Christian Koch (drums)


Spielzeit: 74:08, Medium: CD, Eigenproduktion, 2005, Progressive Rock
1:Watcher Of The Skies (8:11) 2:The Cinema Show (11:19) 3:Supper's Ready (26:12) 4:Firth Of Fifth (9:12) 5:Dance On Volcano/Los Endos I (14:02) 6:Here Comes The Flood (5:10)
Ralf 'Jogi' Ruhenstroth, 14.08.2006