Seven Steps To The Green Door / The Puzzle
The Puzzle Spielzeit: 62:50
Medium: CD
Label: F.act Records
Stil: Crossover

Review vom 14.09.2006


Ingolf Schmock
Unzählige deutsche Bands träumen wohl davon, in der Heimat mit einem Debüt ein Bein auf den Boden zu bekommen.
Die monatelange Arbeit und Mühe hat sich gelohnt, denn das vorliegende Album dokumentiert in jeglicher Hinsicht ein musikalisches Konzept, welches über Kreativkopf Marek Arnolds eigentliche Stammcombo Toxic Smile eindeutig hinausgeht.
Musikalisch bewegen sich Seven Steps To The Green Door irgendwo zwischen Rock, Jazz und so genannter 'Neuer Musik', bedient damit im besten Sinne das Subgenre, das man gemeinhin als Crossover bezeichnet.
Die Sachsen wagen sich in musikalische Grenzbereiche und machen somit deutlich, wie sehr sich verschiedene Stilelemente beeinflussen. Teile, in denen die starke Rhytmussektion dominiert, wechseln sich mit reinen luftigen Jazzeinlagen ab, durchkomponierte Strecken mit scheinbar Improvisierten.
Der Gesamtcharakter der Platte ist meist stark rhythmisch orientiert, doch auch melodisch eingängige Sätze finden Zugang in das außerordentlich vielfältige Werk. Vielleicht sollten hier die verschiedenen Stilmittel zur Darstellung ständig wechselnder Gefühlsebenen herhalten, anderseits wird dadurch die Grenze reiner Gefälligkeit schnell erreicht.
Es gelingt ihnen aber, gleichzeitig eingängig und vielschichtig zu sein, griffige Melodien, einprägsame Hooks, melancholische Rockelemente in eine abwechslungsreiche Songstruktur zu verpacken.
Die Protagonisten beweisen mit ihrer Beflissenheit am Instrumentarium, dass sie ihr Handwerk schon sehr routiniert beherrschen. Durch die Kollaboration der Musiker verschiedener Couleur, wie Schlagzeuger Ulf Reinhardt und Basser Heiko Rehm von der ex-Funkrockformation Mothers Pride, Andreas 'Eddie' Gemeinhardt, ein gefragter Live-und Studiogitarrist (verdient seine Brötchen derzeit noch bei "Jugendliebe"-Trällerlärche Ute Freudenberg), die sonst im metallischen Bereich agierenden Sänger Lars Koehler (Xtro) nebst Ronny Gruber (Testimony) und Saxophonist, Pianist Marek Arnold, der die progressive (ToxicSmile), jazzige (Passage, Coloured Rain) Facette mit einbringt, wird zudem die stilistische bzw. klangliche Breite erweitert. In der fabelhaften Sängerin Anne Trautmann fand die Mannschaft neuerdings feminine Verstärkung.
"The Puzzle" ist insgesamt ein stimmiges Werk, einerseits modern, andererseits zu sehr durchschaubar und klischeebelastet. Wenigstens wird hier beileibe songdienlich gearbeitet, der progressive Overkill bleibt den Zuhörern erspart.
Nett sind auch die elektronischen und musikalischen Spielereien, wenn auch meines Erachtens der uninspirierte Rap-Sprechgesang ("Everytime", "As One" ) nicht unbedingt als künstlerischer Zugewinn zu vermerken ist.
Man rast nicht mehr durch die Songs, sondern fährt die meiste Zeit mit mittlerem Tempo. Durch das schlafwandlerische Zusammenspiel aller Beteiligten, variieren die Klangfarben bis hin zum Auf- und Abbau von Spannung, und demonstrieren eine Achterbahnfahrt der Stilmixe.
Trotzdem retten glücklicherweise die hervorragenden Vokal-starken Sänger über eine zeitweise abgegriffene Ästhetik hinweg.
Überhaupt regiert dabei ein gefälliges Kombinieren schmeichelnder oder kräftiger Gesangsharmonien oder schlichter, poppiger Elementen, was im Ergebnis für die Art von Musik sorgt, die ohne Unterlass so manchen CD-Spieler strapazieren dürfte.
So bekommt der Opener "Everytime" durch die Sprechgesangeinlage einen zeitgeistgemäßen provokanten Anstrich verliehen. Im sich nahtlos anschließenden "Sigrid" hingegen, verschwören sich wuchtige Keyboardläufe gegen die elektrische und akustische Gitarre. Durch die Einfügung von Piano, Saxophon und Klarinette entsteht kurzweilig eine leicht beschwingte Jazz-Atmosphäre, was im Ergebnis eine gelungene, komplexe musikalische Fusion darbietet.
Erwähnenswert ist die einzige Instrumentalkomposition des Albums, "The Puzzle". Eine grandiose Symbiose aus elektrischen Sounds und homogenem Instrumentarium, die bei der Kür an allerbeste Phasen deutscher Jazzrockgeschichte erinnert.
Trauriger und per se emotionaler Höhepunkt, ist die Ballade "Farewell", welche von Anne Trautmanns soulig warmen Timbre wie ein roter Seidenbezug kunstvoll umhüllt wird.
Zusammen ergibt das Gros der Songs süffige und herzhaft frische Musik mit Schmackes und Kultur, auch wenn ich hier und da noch etwas mehr Leidenschaft vermisse.
Leider macht danach der recht ueberfluessige Hidden-Track 20 (11 - 19 Stille) das Kraut nicht fett, da es sich dabei nur um ein flaches, gar nicht ernstzunehmendes Jazzversatzstück handelt.
Eine Veredelung bekommt das Album durch das Mitwirken von Norbert Jäger, seines Zeichen legendäres Gründungsmitglied der seit nunmehr zweiundvierzig Jahren aktiven ostdeutschen Proglegende Stern Combo Meissen, der die Percussions einspielte.
Alles in allem ist das Gesamtwerk einfach nur Musik aus dem Herzen der Inspiration. Seven Steps To The Green Door bietet alles, was anspruchsvolle Rockmusik so auszeichnet, ist somit eigentlich massentauglich. Ob sich aber die grüne Tür zum Erfolg damit öffnet ist fragwürdig, denn dieses Bandprojekt ist immer noch weit vom medienkompatiblen Schlichtprogramm entfernt.
Im Hinblick auf die Tatsache, dass hier ein Erstlingswerk vorliegt, sei erlaubt zu bemerken, dass das Ganze zwar recht nett, aber schon noch ausbaufähig ist.
Das Album "The Puzzle" erscheint in einer limitierten Erstauflage beim Label von Produzent Thomas Schäfer und Marek Arnold, F.act Records, in einer Special Edition inklusive Metallpuzzleteil.
Tracklist
01:Everytime
02:Sigrid
03:Enslaved
04:Diary
05:Tell Me
06:Days Run Away
07:At The End Of December
08:The Puzzle
09:As One
10:Farewell
20:Hidden Track [11-19: Stille)
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