Sgt. Sunshine / Black Hole
Black Hole Spielzeit: 50:58
Medium: CD
Label: Elektrohasch, 2007
Stil: Psychedelic Prog / Stoner Rock

Review vom 24.05.2007


Ulli Heiser
Erinnert sich noch jemand an die 'alten Zeiten', als Partyräume im Prinzip Matrazenlager waren, als Lavalampen und Plasma-Streuscheiben wirre Effekte an nikotingelbe Wände warfen? Damals hatte jeder einzelne (männliche) Partygänger mehr Haare auf dem Kopf, als heute (mindestens) zwei komplette Fußballmannschaften. Autos bezeichnete man als Tiere (Käfer, Ente), oder nannte sie schlicht P7 oder R4. In rauchgeschwängerter Atmosphäre lauschte man entrückt völlig abgefahrener Musik.
Vieles hat sich geändert, aber im Player dreht sich gerade eine Scheibe, die mich an all das eben Erwähnte erinnert.
Sgt. Sunshine kommen aus Malmö, Schweden und das Label Elektrohasch (wer sonst?) führt sie unter Heavy Psychedelic Rock und progressivem Stoner Rock. Dem ist zuzustimmen. Nicht einverstanden bin ich mit dem Anspieltipp für Eilige, denn bei den drei erwähnten Nummern ist auch der Opener "Music Sweet Master". Mir jedenfalls ist das zu schräg, denn ich finde, man hat es leicht übertrieben mit dem heavy psychedelen. Besonders die eingespielten 'Geräusche' stören doch etwas. Zumindest ist es sehr gewagt damit die CD zu starten, weil potentielle Käufer dadurch nicht mehr weiter skippen könnten.
Der "Old Man" ist da anders. Progressive Breaks trennen Wah Wah-Schrammeleien, Bassgebrabbel und herrlich psychedelische Sequenzen. Auch "Overload" treibt uns klasse psychedelische Momente durch die Ohren. Spannend baut sich das Stück auf, die Gitarre übernimmt und glühende, sphärische Saiten lassen uns entspannt auf der Matratze lümmeln. Es hilft nichts, aber leider ist mir eine Aussage des Waschzettels nicht selbst eingefallen und so zitiere ich die absolut treffende Aussage: »Ein düster verdrogter Groovesound, feucht und verraucht, wird von Gitarren-Wahnsinn umspielt«. So ist es, man sollte das jetzt nicht falsch verstehen: Auch wir rauchen keine Bong, sondern eine Shisha, genießen gerade einen leckeren Espresso und verstehen das Zitat sowieso als Metapher und so geben wir es auch weiter. Musik ist hier die Droge; ungefährlich, legal und jederzeit ohne Nebenwirkungen zu nehmen.
Auch "Sun Tree" fährt eine volle psychedelische Stoner-Breitseite mit allen möglichen Genre-Zutaten. Lateinamerikanische Einsprengsel geben dem Ganzen eine weitere, besondere Note. Nicht nur aus Schweden, sondern auch aus Chile und Kuba kommen die Bandmitglieder, was den südamerikanischen Touch erklärt. Ungewohnt klar und ruhig startet "Go Out Fishing". Fast ein wenig folkig, möchte ich sagen. Aber was die Jungs aus ihrem Instrumentarium herausholen, spricht dann doch eher dagegen. Eine schöne, entspannte Nummer. Wie auch "Mar Borrascosa" und da liegt nach meinem Ermessen auch die Stärke der Band. Im Gegensatz zum Opener haben die Stücke, denen man mit halbgeschlossenen Augen folgen kann, eine andere Art von Tiefe. Man kann abtauchen und sich treiben lassen, der wie aus weiter Ferne klingenden Gitarre gemächlich folgen oder sich auf dem weichen Teppich, gelegt von Bass und Schlagzeug, heimelig fühlen.
'Unruhiger' wird es bei "Tell Me", was weniger am Werkeln der Instrumente, denn an den unorthodoxen backings von April Gonzales liegt. Auf der anderen Seite ist diese 'Unruhe' in Verbindung mit der harten und stark verzerrten Gitarre aber auch faszinierend.
Richtig 'unruhig' ist die "Hidden Propaganda". Erinnert mich an den Eindruck, den ich gleich bei "Music Sweet Master" hatte. Man muss sich dem Treiben hingeben und sich führen lassen. Bloß nicht versuchen, eine Strophe oder gar einen Refrain zu suchen. Jeden Ton der kommt nehmen und gar nicht harren, auf das was kommen könnte, denn es kommt garantiert was anderes. Einmal das System erkannt, macht die Nummer Spaß. Besonders, wenn nach ca. vier Minuten die verhallte Gitarre losmarschiert und man meint, der Bass würde gerade wegen permanenter Stromstöße zu brennen beginnen. Wahsinn, dieser Drive. Hab ich geschrieben, dass die Stärke der Band in den ruhigeren Stücken zu finden ist? Vergesst es, dieser Pyscho-Stoner-Galopp, der eben aus den Speakern kracht, ist geil. Ich kuck aus dem Fenster, aber die Ente ist nicht mehr. Zum Glück gibt es Bands wie diese, die einen daran erinnern. An eine Zeit, als man Autos als Tiere bezeichnete und Lavalampen schwindlig machende Muster an nikotingelbe Wände zauberten.
Sgt. Sunshine debütierte 2003 mit "Sgt. Sunshine". Dieses erste Werk ist natürlich auch bei Elektrohasch zu erhalten. Stilecht auf 180er Vinyl, remastert, handnummeriert und auf 500 Exemplare limitiert.
Line-up:
Robin Rubio (drums)
Michael Mino (bass)
Eduardo Fernandez (guitars, vocals)

Guests:
April Gonzales (backing vocals - #9)
Martin Fassberg (outro solo guitar - #7)
Tracklist
01:Music Sweet Master
02:Old Man
03:Dreams Of Wonder
04:Overload
05:Sun Tree
06:Monte Azul
07:Go Out Fishing
08:Mar Borrascosa
09:Tell Me
10:Hidden Propaganda
Externe Links: