Shaaman / Reason
Reason
Es gibt Scheiben, die schon allein durch die Kurzbeschreibung der Label bzw. Promo-Companies neugierig machen. So erging es mir bei Shaaman: "Die Scheibe weiß mit einem einzigartigen Mix von Metal, progressiven Elementen und Süd-amerikanischen Einflüssen zu überzeugen."
"Voila!" - dachte ich mir, klingt gut, also lass ich das Teil mal einfliegen und hab es wirklich nicht bereut.
Nun ja, Namen wie André Matos (Vocals), Luis Mariutti (Bass) und Ricardo Confessori (Drums) dürften in der Szene keine Unbekannten sein - ich erinnere an Angra! Weiterhin mit an Bord ist Hugo Mariutti an der Axt.
"Reason" ist nach dem Debüt "Ritual" und der starken Live-Scheibe "Ritualive" mittlerweile die dritte Veröffentlichung der Brasilianer, die sich nach einem Rechtsstreit gezwungen sahen, dem Bandnamen noch ein zweites "a" beizufügen. Offensichtlich war eine einheimische Truppe schneller und hatte sich den Namen Shaman schon gesichert. Tröstet Euch Jungs - so'n zweites "a" sieht einfach nur schick aus *g*. Und im Logo wurde diese Zwangsmaßnahme doch recht gut gelöst.
Stimmbandvirtuose Matos (der übrigens lt. Presse in Frankreich und Italien gefeiert wird, wie ein Superstar - ops - sorry - in Germany wäre das ein Schimpfwort, André) und seine Mitstreiter verstehen es, Melodie und Härte gekonnt miteinander zu verbinden, ohne dabei jemals langweilig zu wirken. Die Songs sind zum Teil echte Ohrwürmer und reihen sich wie auf einer Perlenkette homogen aneinander, auch wenn von der gefühlvollen Ballade über teils bombastische Songs bis hin zur Uptemponummer wirklich alles vertreten ist, was eine gute Scheibe ausmacht.
Richtig heftig geht es also gleich mit dem Dampfhammer "Turn Away" zur Sache, bei dem einem die Doublebässe sowas von gepflegt um die Ohren gedonnert werden, dass mein Tinnitus kleine Freudenhüpfer vollführt. Ein würdiger Opener, der sofort neugierig macht!
"More" - warum dieser Sisters Of Mercy-Klassikers nun unbedingt gecovert werden musste, bleibt wohl einzig und allein das Geheimnis von Shaaman. Zumal es doch schon genug mehr oder weniger gelungene Versionen davon gibt, wobei ich nicht behaupten möchte, dass hier nun schlechte Arbeit abgeliefert wurde.
Natürlich fehlen auch die obligatorischen Balladen nicht, die von Sänger Matos regelrecht zelebriert werden, wie zum Beispiel der Titeltrack, der auf seinem Höhepunkt mit Streichereinlagen sowie einem feinen Gitarrensolo brilliert und somit eine fast atmosphärische Stimmung zaubert.
Toll auch "Innocence", das sehr ruhig und entspannt beginnt, wiederum mit Streichern, Klaviereinlagen sowie Flöten versehen ist und sich im Laufe des Songs steigert, dabei teilweise gar mit sägenden Gitarrenwänden aufwartet. Kleine Keyboardsprengsel sowie würzende Effekteinlagen - wie zum Beispiel die sanfte Frauenstimme im Endteil - geben den letzten Kick. Da ist man doch geneigt, glattweg das Repeat-Knöpfchen zu drücken.
Immer wieder fällt mir auf, dass die gesamte Scheibe mit sehr vielen liebevollen, aber nicht zu kitschigen Details geschmückt ist, die sozusagen das Sahnehäubchen auf meinem Eisbecher sind.
Ob nun bei "In The Night" mit einem leicht brasilianisch-folkloristischem Touch versehen oder auch das herrliche "Iron Soul", ein weiteres Highlight auf der Platte, dass jeden Progmetaller garantiert mit der Zunge schnalzen lässt. Klassische Parts, verschleppter Rhythmus, sanfter Gesang, um nach einem Doublebass-Break wieder in vollem Galopp nach vorn zu preschen, feine Gitarrensoli - einfach nur geil!
Spaß macht auch der Nackenbrecher "Trail Of Tears" - schön groovi nach vorn treibend, bei dem Axe-Man Hugo Mariutti seine Fingerfertigkeiten beweisen kann.
Nun - mein Entschluss, mir die Scheibe einfliegen zu lassen war wohl nicht der schlechteste.
Mir macht der Silberling unheimlich viel Spaß, zumal er sehr abwechslungsreich ist.. Ich denke, die bereits wartenden Fans werden nicht enttäuscht. Produzent Sascha Paeth (Edguy, Rhapsody) hat offensichtlich sein Bestes gegeben und dem Ganzen einen amtlichen Sound verpasst.
Ich denke, shamanische 7 RockTimes-Uhren sind angemessen.


Spielzeit: 41:58, Medium: CD, AFM Records, 2005
1:Turn Away 2:Reason 3:More 4:Innocence 5:Scarred Forever 6:In The Night 7:Rough Stone 8:Iron Soul 9:Trail Of Tears 10:Born To Be
Ilka Czernohorsky, 09.06.2005