Shadowman / Different Angles
Different Angles
Wenn sich vier gestandene Lichtgestalten des Rockmusikbusiness den Bandnamen Shadowman verpassen, hat das entweder mit Selbstironie oder übertriebenem Understatement zu tun. Fest steht, mit Schattendasein hat die Musik dieser starken Band wenig zu tun. Aber vielleicht ist die Sache ja auch viel einfacher gestrickt: Das Quartett leidet schlicht und einfach nur unter einer kollektiven Sonnenallergie (ach, stimmt ja, sind doch Briten...).
Am ehesten kann man vielleicht die Geschichte noch auf Chris Childs und Harry James übertragen, die zugegebenermaßen bei Thunder nicht so direkt im Fokus standen, wie die beiden Masterminds der Truppe, Luke Morley und Danny Bowes, aber dies durch ihre instrumentalen Fähigkeiten und den stets vorhandenen Schuss trockenen Humors jederzeit wett machten. Zum anderen haben sie auch seit geraumer Zeit mit ihrem fleißigen Wirken in ihren Nebenprojekten wie The Stand, Bad Influence oder auch jetzt mit Shadowman eindeutig bewiesen, dass man sich nicht auf den mit Thunder erworbenen Lorbeeren auszuruhen gedenkt.
Die Zusammenarbeit von Steve Morris (Heartland) und Steve Overland hatte sich bereits beim Project The Ladder bewährt, dass von Morris produziert wurde. Kurze Zeit später hatte Shadowman dann ja mit "Land Of The Living" ihr zurecht mit viel Lob überschüttetes Debüt abgeliefert. Morris hatte schon 2004 in einem Interview versprochen, dass bei Erfolg des Albums in jedem Fall ein Nachfolgewerk aufgelegt werden soll. And here it is: "Different Angles", das ab dem 10.03.2006 in den Plattenläden zu erwerben sein wird.
Einziger Unterschied zum Erstwerk: Diesmal hat Steve Morris wie schon bei The Ladder auch die Tätigkeit an den Reglerknöpfen (statt Pete Coleman) ausgeführt. Wer eventuell immer noch auf eine Rückkehr zum melodischen Hard Rock von Steve Overlands angesehener Ex-Band FM gehofft hat, kann sich diese Gedanken schnell wieder aus dem Kopf schlagen, auch Overlands Ausflüge in den psychedelisch angehauchten Pop-Bereich mit SO sind Schnee von gestern. Es ist wieder Melodic-Rock angesagt, aber in seiner schönsten Form. Im Prinzip macht man da weiter, wo man bei "Land Of The Living" aufgehört hat.
Wunderbares Songwriting, instrumentell alles an der richtigen Stelle (besonders die Gitarrensoli) plaziert und exzellent gespielt (klasse Grundlage, das immer wieder rhythmische Treiben der Thunder-Fraktion), dazu Steve Overlands unnachahmlich dezent bluesige Tonlage im Stil eines Paul Rodgers, kombiniert mit einem erträglichen Schuss Frauenversteheranteil der Marke Michael Bolton / Paul Carrack, die gerade auch in den balladesken Momenten so manches Damenherz zum Schmelzen bringen wird.
Es beginnt schon mit einem umwerfenden klassischen Melodic-Rock-Gitarrenintro zum Opener "Learn To Live Without You", das satt dahin groovt und von einem Hauch zarter Latino-Atmosphäre umgarnt ist. Einer der Höhepunkte sicherlich "Cry Wolf", eine tempobreak-reiche Nummer mit schweren Gitarrenriffs und einem herrlich relaxt-bluesigen Instrumentalausklang, der mich an Peter Greens "Slabo Day" vom legendären "In The Skies"-Album erinnert. Besonders gefällt's mir, wenn Bad Co.-Feeling durch die etwas rockiger ausgelegten Stücke ("Way Of The World", "Dreams Die Hard" oder "Satellite") weht, aber auch Ohrwürmer wie "Did It For Love" und das hit-verdächtige "Runaway Girl" (mit jeweils genialen Stratocaster-Passagen von Steve Morris) stehen ganz oben auf der Skala. Hervorragend die Uptemponummer "Chains" mit kurzen Headbanging-Phasen, flottem Drumming und schönem Double-Leads-Spiel. Im Prinzip gibt es keinen Ausfall, auch die Anordnung der Titel ist hervorragend aufeinander abgestimmt worden, so dass nie Langeweile Einzug hält.
Zusammengefasst: Wer auf ein Hardrockspektakel der Marke Thunder / FM hofft, sollte, falls vorhanden, sich an der ersten Scheibe von Shadowman oder der von The Ladder orientieren und schauen, ob er damit klar kommt. Der Rest, der auf tolle Melodien von exzellenten Profi-Vollblut-Musikern steht, wird die Scheibe sowohl in kalter Jahreszeit wie auch bei 30 Grad im Schatten immer wieder gerne in den CD-Player werfen. "Different Angles": Im Melodic-Rock-Bereich sicherlich ein Highlight des noch frühen Jahres 2006, zumindest aus meinem Blickwinkel!


Spielzeit: 54:17, Medium: CD, Escape Music Ltd, 2006
1:Learn To Live Without You 2:Take Me Home 3:Cry Wolf 4:When It's Gone It's Gone 5:Way Of The World 6:In The Shadows 7:Did It For Love 8:Chains 9:Dreams Die Hard 10:Runaway Girl 11:Satellite 12:Shine On
Daniel Daus, 06.03.2006