Silver Dirt / Sonic Boom
Sonic Boom Spielzeit: 53:10
Medium: CD
Label: Eigenvertrieb, 2006
Stil: Sleaze Rock

Review vom 11.12.2006


Tom Kaldyka
Rock aus der Schweiz, da fallen mir ganz spontan natürlich Krokus und Gotthard ein.
Nun gesellen sich Silver Dirt dazu, die sofort den richtigen Weg eingeschlagen haben. Sie studierten die alten Rock-Dinos und gründeten daraufhin eine Led Zeppelin-Coverband. So weit, so gut. Und wenn man (in der Schweiz) schon mal eine gute Band mit lauten Gitarren und ordentlich Druck hat, was liegt näher als seine eigenen Songs zu schreiben und eine Platte herauszubringen? Und hier ist sie! Mit ihrem Debüt-Album "Sonic Boom" haben Silver Dirt ein richtig dreckiges Sleaze-Rock'n'Roll-Album vorgelegt, das seine Wurzeln definitiv bei den guten alten Bands wie Led Zeppelin, den Stones, Iggy Pop und AC/DC hat.
Rockfreundlich aber bestimmend kommt am Anfang der CD der kleine Hinweis: »Hey you! Crank up the volume, it's a rock 'n' roll record! Goddamn it!«. Gesagt, getan. Und schon geht's los. Aus dem linken Lautsprecher ertönt ein einfaches, wie druckvolles Gitarrenriff. Der Einfluss von AC/DC ist hier nicht von der Hand zu weisen. Und der Aha-Effekt: Diese CD ist in Stereo abgemischt. "Go! She Said" ist ein gelungener Auftakt für eine Rockscheibe. Ohne Rücksicht auf Verluste (von HiFi-Anlage und Ohren) wird hier klar, dass die Schweizer rocken können. Auch wenn es angebracht ist - an dieser Stelle noch kein Lob. Die lobenden Worte hebe ich mir für später auf, denn schon beim Opener wird klar, dass mich hier noch einiges erwartet.
Mit dem Titelstück "Sonic Boom" geht's in die zweite Runde. Keine Up-Tempo-Nummern, wie man es zum Beispiel bei Motörhead erwarten würde... bis jetzt zumindest nicht! Einfach nur starker, straighter Rock bei dem alles stimmt. Die Gitarre von Dirty Lyo, und die Drum & Bass-Sektion mit Dirty Seb und Silver Gregg ergänzen sich hervorragend, und die Stimme von Silver Steff runden das Ganze ab. Ich würde übrigens darauf wetten, dass es sich bei den Namen um Künstler-Namen handelt :-)
"City Prowler" ist dann nochmal eine Nummer wilder. Kommt mir aber irgendwie bekannt vor. Vielleicht eine Cover-Version eines unbekannten Kiss-Songs? Es hat auf jeden Fall etwas von Kiss - und zwar das, was ich an ihnen immer gemocht habe: Es rockt! Ein Blick in das Booklet verrät aber, dass dieser Song ebenfalls von Silver Dirt geschrieben ist. Yeah! Gut gemacht, Jungs!
Es stört mich ein wenig, dass ich auch beim nächsten Track "About Rock 'n' Roll" wieder an eine alte Rockband denken muss. Silver Dirt hat es nicht verdient, nur mit anderen Bands verglichen werden zu müssen! Es ist ja nicht grundsätzlich so, dass sie keinen eigenen Sound haben. Wie dem auch sei; das hat zumindest den positiven Nebeneffekt: Es spiegelt die große Rockbandbreite wider und kann vielleicht noch den einen oder anderen Skeptiker dazu beeinflussen, mal reinzuhören. Fazit zu diesem Stück: Die Band hat auch ganz klar LPs von The Who gehört (und darauf bin ich nicht nur deshalb gekommen, weil im Booklet Keith Moon erwähnt wird.)
"The Last Time" ist ein Rolling Stones-Cover und definitiv die einzige Covernummer auf der CD. Ich habe aber das Gefühl, dass die Herren Jagger und Richards schon eine Spur zu alt für diesen Rocksong sind. Gut, dass die 'Jugend' diesen klasse Song am Leben hält. Er passt perfekt zur Band und ich finde es leicht ironisch, dass dieses Cover mal gar nicht nach 'gecovert' klingt. Unter anderem auch ein Beweis, dass die Band etwas von ihrem Handwerk versteht.
Unterstrichen wird dieser Beweis durch das darauf folgende "Last Exit/Voodoo Land". Keine geprügelte Rocknummer, die von vorne bis hinten durchgezimmert wird, sondern ein abwechslungsreicher Sleaze-Rock mit einigen Höhepunkten. Dass man anfangs etwas 'ruhiger' beginnt, freut sowohl meine Ohren als auch meine Anlage. Mit 'ruhiger' meine ich allerdings nicht balladesk, sondern nur im Vergleich zu den sonst harten Riffs. Die Highlights: das treibende Schlagzeug, das mir von der ersten Sekunde an gefällt, die einfache aber doch umfangreiche Klang- und Tempovielfalt, die sparsam aber passend eingesetzt wird, die Lead-Gitarre, die dem Ganzen das gewisse Etwas gibt und der Refrain, der zum Mitsingen einlädt.
Der folgende Song nennt sich "Mean Machine" und klingt auch so. Wie es sich für eine Rockband gehört, tut sie das, was sie am besten kann: rocken! Mir kommt der Gedanke, dass der Titel "Killer Machine" auch passen würde - der Track ist gnadenlos. Er ist hart und aggressiv. Zu meiner Beruhigung hole ich mir eine Flasche Bier. Die Band hat es damit also geschafft: Ich fühle mich gut - ich bin in totaler Rockstimmung.
Auch mit "Angel With Silver Wings" meinen es Silver Dirt gut mit mir. Nicht weniger hart, aber dafür einen Touch langsamer, ermöglicht mir die Band für eine Zigarettenlänge mein zuvor beim 'Tanzen' verschüttetes Bier aufzuwischen:-)
Und von dem Engel mit silbernen Flügeln geht es direkt ein paar Etagen nach unten in den "Room 666". Hat für mich weniger mit dem 666-Teufel zu tun, dafür mehr mit der Leidenschaft für den Rock'n'Roll. Textauszug, wenn ich das bei dem 'Krach' (positiv gemeint) richtig verstehe: »We've been up all night, loving every night, no matter what they say, we're doing ok.«
"She's Got To Be" ist für mich purer Rock'n'Roll. Großartiger Song! Ich freue mich schon auf die nächste Party, wo ich ihn meinen Kumpels vorstellen kann. Es rockt und rollt - und in Folge davon verschütte ich beim Luftgitarrenspielen (oder war's beim Rumspringen!?) nun noch den Rest von meinem Bier. Das war es mir aber wert.
Von mir aus könnte die CD jetzt zu Ende sein - die ersten zehn Tracks haben mich überzeugt und erfreut. Ist sie aber nicht. "Sonic Boom" ist aber jetzt schon ein Killer-Album!
"Wasted Dream" erinnert mich an Green Day... ist doch eine Punkrockband!? Nun ja, gut, Silver Dirt ist 'ne Nummer härter, aber.... ich bin jetzt doch leicht verunsichert. Zu diesem Stück verweigere ich deshalb mal die Aussage und mache lieber mit "Zero Gravity" weiter. Der Song hat einfach alles (!) und ist damit mein Favorit auf der CD. Rock-Drums - Gitarren-Riff - Bang! Rock! ... Yeah! Es folgt ein hammergeiles Gitarrensolo. Die Tatsache, dass eine 'Cow-Bell' zum Einsatz kommt, verleiht dem Ganzen etwas Einmaliges auf dem Album.
Mit "Freedom Haven" kehren Silver Dirt zu 'ihren Wurzeln' zurück und spielen zum Abschluss im Led Zeppelin Blues Rock-Stil. Hier stimmt einfach alles - das muss man gehört haben!
Kurzes Fazit: Silver Dirt beweisen eindrucksvoll ihren Sinn und ihre Leidenschaft für den Rock. Gelungen und abwechslungsreich präsentieren sie sich von ihrer besten Seite. Die Tastsache, dass definitiv die einen oder anderen Einflüsse von diversen Rockgrößen zu hören sind, werte ich als Plus und als Statement der Band.
Vom ersten bis zum letzten Song ist "Sonic Boom" eine überdurchschnittlich gute Rock-Platte. Die Scheibe ist weder langweilig, noch gewöhnungsbedürftig. Auch wenn mir einige Sachen 'bekannt' vorkommen, verliert die Band nicht ihren eigenen Stil aus den Augen.
Ich bin gespannt und freue mich auf das, was noch kommen wird.
Line-up:
Silver Steff (lead vocals)
Dirty Lyo (all guitars, backing vocals)
Dirty Seb (bass, backing vocals)
Silver Gregg (drums, backing vocals)
Tracklist
01:Go! She Said
02:Sonic Boom
03:City Prowler
04:About Rock 'N' Roll
05:The Last Time
06:Last Exit/Voodoo Land
07:Mean Machine
08:Angel With Silver Wings
09:Room 666
10:She's Got To Be
11:Wasted Dream
12:Zero Gravity
13:Freedom Haven
Externe Links: