Simple Minds / Black & White 050505
Black & White 050505
Am Anfang waren Johnny And The Self Abusers.
Nun ja, ganz so einfach ist es nun doch nicht.
Zumindest so viel ist erwiesen, dass die schottische Band Simple Minds ihre Wurzeln im Punk hat.
1977 gründete John Milarky mit dem später sehr erfolgreichen Songwriter-Duo Jim Kerr (Vocals) und Charlie Burchill (Gitarre) sowie Brian McGee (Drums) und einigen Leuten aus Milarkys Umfeld die Punk-Band Johnny And The Self Abusers. Man versuchte sich an diversen Coverversionen, löste sich aber recht bald wieder auf.
Kerr, Burchill, Mc Gee, verstärkt durch Duncan Barnwell (Gitarre), Keyboarder Michael McNeil und Bassist Derek Forbes versuchen im Februar 1978 einen Neustart mit Simple Minds (der Name wurde übrigens einem David Bowie-Song entlehnt).
Orientierungslos dümpelt die Band eine Zeitlang vor sich hin (das Debüt zum Beispiel reichte vom flotten Beat über Punkadaptionen bis hin zum New Wave), bis man Anfang der 80er endlich den passenden Stil gefunden hat - eine Mischung aus epischen Sounds und eingängigen Melodien. Trotzdem finden die ersten drei Platten wenig Anklang.
Nach Erscheinen der, ursprünglich als Doppelalbum geplanten "Sons And Fascination" und "Sisters Feeling Call" (letzteres ist ein Konzeptwerk), wird wiederum eine neue musikalische Qualität erreicht: aufwändige Arrangements, mächtige Soundgemälde, die bis ins Dramatische ausufern, prägen die Kompositionen.
Vier Jahre nach Bandgründung begann der Aufstieg von Simple Minds, es folgten mehrere Hitsingles und ausverkaufte Stadion-Konzerte. Aber auch das Bandkarussell drehte sich in der Zwischenzeit mehrmals.
Als Simple Minds 1985 mit dem Soundtrackbeitrag "Don't You (Forget About Me)" zum Film 'The Breakfast Club' gar einen Nr. 1-Hit in den USA landen der sich über vier Monate in den Charts hielt, haben sie es endgültig geschafft: sie waren in die erste Liga des Rock-Olymp aufgestiegen.
Man legte eine längere Pause ein, um 1989 zu neuen Ufern aufzubrechen und entdeckte den "Folk, Blues und schweren Rock" für sich.
Das Ergebnis: die EP "Ballad Of The Streets" (GB: Platz 1 und D: Platz 3) mit der erfolgreichen Ballade "Belfast Child".
Das folgende, hochpolitische Album "Street Fighting Years" war ein weiterer Meilenstein in der Geschichte von Simple Minds: Platz 1 in Großbritannien, Platz 70 in den USA und Platz 1 in Deutschland.
Im Mai wurde eine siebenmonatige, sehr erfolgreiche und umjubelte Welttournee gestartet.
Danach erscheint die EP "Amsterdam" und es ist an der Zeit, sich eine Erholungspause zu gönnen und an neuen Songs zu schreiben.
Überbrückt wurde die Auszeit mit dem Sampler "Themes Vol. 1: March'79 - April'82" sowie diversen Singleveröffentlichungen, bis dann 1995 das Duo Kerr/Burchill mit "Good News From The Next World" versucht, wieder an glanzvolle Zeiten anknüpfen.
2002 erscheint ein weiteres Studioalbum: " Cry".
Schnitt:
Wir schreiben das Jahr 2005 und Simple Minds melden sich mit ihrem neuen Studio-Silberling "Black & White 050505" eindrucksvoll zurück. Neben Charlie Burchill, Jim Kerr und Drummer Mel Gaynor hat die Band einen Neuzugang zu verzeichnen: Keyboarder Eddie Duffy.
Nun, dass sie immer noch in der Lage sind, Songs mit sehr viel Ohrwurmcharachter zu schreiben, bewies gleich der erste Hördurchgang und - hier reiht sich Hit an Hit, es gibt einfach keinen Hänger.
Ich weiß nicht, wie oft die Platte zwischenzeitlich bei mir lief wobei sich mein erster Eindruck nur noch mehr festigte...
Man hat das Gefühl, eine Einladung zum 'Wellenreiten' bekommen zu haben, denn die Kompositionen vermitteln ein stimmungsmäßiges Auf und Nieder - "Black & White" eben.
Sei es nun das herrlich groovende "Stay Visible" mit den für Simple Minds so typischen Piano-angehauchten Synthi-Klängen, begleitet von einer sehr dominanten Gitarre, der den Silberling eröffnet und sofort ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Oder die etwas poppigere Hit-Single "Home", die den Fans als Appetithäppchen serviert wurde und somit bereits hinreichend bekannt sein dürfte.
Es folgt "Stranger", ein feiner, leicht verträumter Song, der im Refrain mit epischen Klänge aufwartet. "Different World" dagegen ist wieder sehr kraftvoll und optimistisch, bis dann "Underneath The Ice" den Hörer regelrecht in eine traurig-melancholische Gemütslage versetzt. Aber nein, man versinkt nicht darin, denn ein Fünkchen Hoffnung blinkt 'am Ende des Tunnels' wieder auf.
Das leicht rockige "The Jeweller (Part 2)" war ursprünglich für das 'verlorene' Album "Our Secrets" geplant. Nun hat man es mit auf diese CD gepackt und es fügt sich wunderbar in die übrigen Stücke mit ein.
Der Titeltrack, eine Midtemponummer mit wunderschönen bombastischen Parts, nimmt den Hörer sofort gefangen und sorgt für Gänsehaut-Feeling. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie der Finger Richtung 'Play'-Taste geht. Nun, es nützt aber alles nichts, die Leser warten und möchten auch noch etwas über die beiden nächsten Nummern erfahren, deren Erwähnung keinesfalls überflüssig ist, denn...
aber erst einmal kommt richtig schön locker-flockig "Kiss The Ground" daher und vertreibt die melancholische Stimmung, die die vorherigen Tracks verströmten, der Fuß wippt mit, man hat die Alltagssorgen sofort vergessen.
Und dann kommt "Dolphins": was hier abgeliefert wurde, lässt schon fast die Kinnlade nach unten klappen. Mit Pianoklängen beginnend baut sich der Song langsam auf und steigert sich durch einsetzende Synthis nach und nach zu einer sphärischen Dichte, wobei eine geradezu mystische Stimmung erzeugt wird. Man hat das Gefühl, 'Dolphins' vor dem geistigen Auge durch die Meere gleiten zu sehen und fühlt sich eingefangen in einem Reigen wunderschöner Klänge - einfach nur toll!
Hören wir eine neue Simple Minds-Hymne? Beeindruckend auch hier wieder Kerrs Stimme, die mich gerade bei diesem Stück an Mark Knopfler, ab und zu aber auch an Bono (U2) erinnert.
Was mir besonders gefällt, ist die Tatsache, dass Qualität statt Quantität geboten wird. Die Platte enthält 9 Songs, aber es wurde auf Fills verzichtet. Jede Nummer, sei sie nun bombastisch oder auch einfach gestrickt, passt und macht "Black & White 050505" zu einem rundum gelungenen Hörerlebnis.
Für alle Simple Minds-Fans: die Scheibe gehört unbedingt in Eure Sammlung und von mir gibt es dafür 9 hervorragende RockTimes-Uhren.


Spielzeit: 41:13, Medium: CD, Sanctuary Records, 2005
01. Stay Visible 02. Home 03. Stranger 04. Different World 05. Underneath The Ice 06. Jeweller 07. Black And White 08. Kiss The Ground 09. Dolphin
Ilka Czernohorsky, 10.09.2005