Skyron Orchestra / Situations
Situations
Hey, Hey, Hey!! Moment mal! Hab ich irgendwas verpasst? Gestern Nacht zu viel getrunken oder einfach nur verpennt, dass mich jemand in H.G.Wells Zeitmaschine verfrachtet und in die Frühsiebziger geschickt hat? Nachdem, was mir hier aus den Boxen entgegenknallt, kann es eigentlich gar nicht anders sein.
Was das Skyron Orchestra hier auf "Situations" abzieht, ist authentischer Krautrock der alten Schule. Dröhnende Orgel, wummernder Bass, schöne, melodische Gitarrenmelodien und (wie so oft beim Krautrock), ein etwas gewöhnungsbedürftiger Gesang.
Und die Songs sind klasse! Atmosphärisch, trotzdem mit jeder Menge Power ausgestattet, abwechslungsreich, vertrackt und dennoch zugänglich, mit klasse Gesangsmelodien und exzellentem Schlagzeug.
Die Orgel wummert majestätisch, hält sich aber zu den richtigen Zeitpunkten auch clever zurück. Hölle nochmal, je länger die CD läuft, desto mehr will ich wissen, mit wem ich es hier zu tun habe.
Hm, Skyron Orchestra kommen also aus dem schwedischen Göteborg und es handelt sich bereits um das zweite Album der Band. Und beim Studieren der (leider noch nicht sehr ergiebigen) Website fällt mir dann fast das Gesicht ab.
Der Sänger ist nämlich gar keiner, sondern vielmehr eine Sängerin! Was natürlich alles wieder in ein ganz neues Licht rückt. Jetzt machen auch die etwas an Nico (Ex-Velvet Underground) gefärbten Vocals, die nach teutonischem Akzent klingen, Sinn. Was dann fast wieder der Brückenschlag zum Krautrock wäre.
Wobei Krautrock wohl ein veralterter Begriff zu sein scheint und der sowieso nur für deutsche Bands bzw. in Deutschland ansässige Bands verwendet wurde. Und so wird die Musik des Skyron Orchestra als Prog Rock bezeichnet. Von mir aus. Auch gut!
Die in anderen Reviews angeführten Vergleiche mit den seligen Jefferson Airplane kann ich dagegen kaum nachvollziehen. Völlig andere Baustelle für mich, selbst wenn sich der Sound der Schweden sehr stark nach den 70er Jahren anhört.
Ich bin sehr positiv überrascht, was da in Skandinavien gerade vor sich geht. Nach der Brimstone Solar Radiation Band nun also auch das Skyron Orchestra, das sich durchaus gekonnt an alten Sounds bedient und diesen ein neues, qualitativ erstklassiges Songgewand verpasst. Und wer weiß, wie viele solcher Bands es da oben noch gibt? Sehr begrüßenswert, wenn ihr mich fragt.
Meine Favoriten? Jaaa, gute Frage. Sicherlich haben u.a. "Can't Control", "Call Their Names" oder "Sacred Atmosphere" einen kleinen Vorsprung, aber es ist bemerkenswert festzustellen, dass sich die Songs qualitativ weder vom Songwriting, noch von der Darbietung und den jeweils feinen Melodien unterscheiden: Alle befinden sich auf einem gleichwertigen hohen Niveau.
Schwachstellen sind eigentlich auch keine auszumachen. Und der deutliche Akzent beim Gesang ist eher sympathisch, als störend.
Absolut würdig, mal angecheckt zu werden.
Die Band:
Veronica Lostjaerna - Vocals
Tomas Madig - Guitars, Vocals
Anna Glans - Organ, Electric Piano
Jonas Elgemark - Bass, Trumpet
Stefan Oerstroem - Drums


Spielzeit: 50:28 Min, Medium: CD, Transubstans Records, 2006, Prog Rock
1:Can't Control 2:Sacred Atmosphere 3:Out Of My Mind 4:Situation 5:Looking For A Trace 6:My World Salvation 7:Desire 8:Living In A Void 9:Call Their Names 10:It Can't Be Me 11:Cut It Out 12:Smiling Surface 13:Life Cycle 14:Star
Markus Kerren, 01.08.2006