Slayer / Christ Illusion
Christ Illusion
Slayer sind wieder da. Nach fünf Jahren Wartezeit meldet sich die wohl extremste und kompromissloseste Metal Band aller Zeiten zurück. Kaum ein Album der letzten Zeit wurde von Fans und Presse so ungeduldig herbeigesehnt wie das neue Werk der kalifornischen Totschläger.
Auch ich saß monatelang auf heißen Kohlen, da die Veröffentlichung immer wieder verschoben wurde. Trotz meiner großen Erwartungshaltung konnte ich mich einer gewissen Skepsis nicht erwehren, da die letzten Scheiben alles andere als überragend klangen. Die Nu-Metal lastige "Diabolus In Musica" von 1998 stellt für mich sogar den absoluten Tiefpunkt in der Karriere Slayers dar. Die darauf folgende "God Hates Us All" fiel zwar etwas besser, aber für Slayer Verhältnisse zu unspektakulär aus. Also war ich unglaublich gespannt wie "Christ Illusion" nun klingen würde.
Schon nach den ersten Klängen des Openers "Flesh Storm" glaube ich meinen Ohren nicht zu trauen: Da knallt mir ein Mörderriff entgegen, das sofort Erinnerungen an glorreiche "Reign In Blood"-Zeiten in mir weckt. Die Band metzelt mit einer halsbrecherischen Geschwindigkeit und wahnsinniger Brutalität drauf los, wie ich sie von ihr nicht mehr erwartet hätte. Man hört sofort, dass der heimgekehrte Originaldrummer Dave Lombardo wieder hinter der Schießbude sitzt. Auch bei den folgenden Stücken "Catalyst" und "Skeleton Christ" prügelt er die Band gnadenlos nach vorne und stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass er nicht umsonst als der unumstritten beste Thrash Metal-Drummer der Welt bezeichnet wird. Unglaublich, was ich da höre.
Bei der nächsten Nummer "Eyes Of The Insane" wird das Tempo gehörig zurückgenommen. Getragen von einem abgedrehten, melodischen Riff baut die Nummer nach und nach eine bedrohliche Stimmung auf, die mich entfernt an "Dead Skin Mask" vom "Seasons In The Abyss"-Album erinnert. Wie schon früher zeigen Slayer auch hier wieder einmal, dass man nicht unbedingt schnell spielen muss, um brutal und gemein zu klingen. Ein weiterer Beweis für die Einzigartigkeit dieser Musiker.
Nach einer kurzen ruhigen Einleitung kreist bei "Jihad" erneut mächtig die Axt, und die Geschwindigkeit wird wieder gewaltig erhöht. Ebenso wie beim darauf folgenden "Consfearacy", bei denen Dave Lombardo durch seine unvergleichlichen Double Bass-Attacken glänzt. Wahnsinn!
Danach wird die Handbremse ein wenig angezogen. Trotzdem walzt das groovige "Catatonic" erbarmungslos alles nieder.
Auch "Black Serenade" beginnt zunächst als Midtempo-Stück, um im Mittelteil zu explodieren.
Die beiden rasend schnellen letzten Nummern "Cult" und "Supremist" versetzten dem Hörer dann endgültig den Gnadenstoß. Hier ziehen Slayer noch einmal alle Register ihres Könnens und hinterlassen einen gleichermaßen beeindruckten wie maßlos begeisterten Rezensenten.
Ich hätte es nie und nimmer zu träumen gewagt, dass Slayer noch einmal zu alter Stärke zurückfinden und ein solches Wahnsinnsalbum herausbringen würden. Seit "Seasons In The Abyss" von 1990 habe ich kein derart geniales Material mehr von der Band gehört. Vielleicht hat den beiden Gitarristen und Hauptsongschreibern Kerry King und Jeff Hanneman in den letzten fünfzehn Jahren einfach nur Dave Lombardos Schlagzeugspiel als Inspirationsquelle gefehlt, um solche Killersongs wie auf "Christ Illusion" zu kreieren.
Man kann hier nur mutmaßen. Was auch immer der Grund gewesen sein mag, Slayer haben für mich eines der stärksten Alben ihrer Karriere vorgelegt und ihren Status als größte Thrash Metal-Band aller Zeiten mehr als eindrucksvoll untermauert. "Christ Illusion" ist auf dem besten Weg sich zu einem ebensolchen Klassiker zu entwickeln wie "Reign In Blood", "South Of Heaven" oder "Seasons In The Abyss".
Ich kann jedem Fan der Band nur empfehlen sich so schnell wie möglich zum Plattenhändler seines Vertrauens zu begeben, und sich diese Hammerscheibe zu kaufen.


Spielzeit: 38:29, Medium: CD, American Recordings (Warner), 2006, Thrash Metal
1:Flesh Storm 2:Catalyst 3:Skeleton Christ 4:Eyes Of The Insane 5:Jihad 6:Consfearacy 7:Catatonic 8:Black Serenade 9:Cult 10:Supremist
Stefan Gebauer, 13.08.2006