Nachruf / Zum Tod von Jeff Hanneman
R.I.P. Das Blut wird für immer in den Wolken bleiben



Nachruf vom 29.05.2013


Marius Gindra
Jeff Hanneman (31.01.1964 - 02.05.2013)
Wir schreiben Freitag, den 03. Mai 2013: Es ist 11 Uhr am Vormittag und der Verfasser dieser Zeilen hat wieder einmal aufs Neue die unglaubliche Ehre, seine wertvolle Lebenszeit im sechsten Stockwerk eines rissigen, ausgelutschten Betonklotzes, auch unter dem Begriff Berufsschule geläufig, zu verbringen. Auf einmal klingelt lautstark das Handy los: Es ist Kumpel Hagen, der wohl eine äußerst wichtige Message übermitteln möchte; er weiß ja schließlich, dass bei mir gerade Unterricht stattfindet. Weggedrückt, 15 Minuten später in der Pause zurückgerufen...
»Jeff Hanneman ist tot«, tönte es mit bedrückter Stimme aus dem Hörer. Nun, was denkt man in solch einem Moment, in dem man erfährt, dass ein Gründungsmitglied einer steten Konstante im Heavy Metal-Lebenslauf gerade von uns gegangen ist? Man glaubt es zuerst einmal nicht, doch wieso sollte ein enger Kumpel einen verarschen? Ganz klar: Die Meldung musste einfach verlässlich sein!
Jeff HannemanWie es 'The Antichrist' himself vielleicht so wollte, fielen die letzten beiden Schulstunden anschließend flach, die Trauerfeier konnte daher verfrüht starten. Kaum Zuhause die Tasche abgelegt, ging es mit dem gottgleichen, '83er Debüt "Show No Mercy" los: »Eviiiiiiiiil, will take your sooooooooul! Eeeeviiiiiil, my wrath unfooooolds!«. Die restlichen fünf lebenswichtigen Alben für jeden Thrasher (meiner Meinung nach somit alles bis zum 1990er Meisterwerk "Seasons In The Abyss") folgten chronologisch, die eine oder andere Hopfenkaltschale in Maßen (oder war es doch eher in Massen?) ebenfalls...
Aber das sind doch alles nur persönliche Anekdoten eines jahrelangen 'Slaytanic Wehrmacht'-Anhängers, man sollte als Fachkundiger auch noch ein paar sachliche Inhalte über den Herrn Hanneman liefern können: Geboren am 31. Januar 1964 im kalifornischen Oakland, gehörte er ab 1981 als gerade mal 17-Jähriger, vom Hardcore Punk-Virus infizierter Jüngling zur Urbesetzung von Slayer. Für viele Fans ist es heute noch unverständlich, doch Jeffs Gitarrenspiel stand immer hinter dem seines Kollegen Kerry King an: Vielleicht waren die Rollen innerhalb der Band von Anfang an klar verteilt? Kerry die Rampensau, Jeff der Mann fürs Handwerk? Die Lead- und Rhythmusgitarre wurde stets untereinander aufgeteilt, wobei man Jeff eher der gnadenlosen Riffabteilung zuordnen konnte. Doch auch als Songwriter und Texteschreiber hatte er maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg unserer heiß geliebten 'Totschläger': So stammten beispielsweise die beiden Bandhymnen "Angel Of Death" und "Raining Blood" größtenteils aus seiner Feder.
Kehren wir einmal in die jüngere Vergangenheit zurück: Im Januar 2011 wurde schließlich bekannt, dass der sympathische, blonde Hüne einen Spinnenbiss erlitten hatte und sich dadurch eine sogenannte nekrotisierende Fasziitis einhandelte - eine sehr selten auftretende Infektionskrankheit, bei der die Haut bei lebendigem Leibe abstirbt. Um sich davon wieder erholen zu können, wurde er von Exodus-Axtmann Gary Holt ersetzt. Wie wir nun wissen, war diese Pause leider für immer... Doch scheinbar hatte seine Todesursache nicht direkt mit der Infektionskrankheit zu tun; er starb am 02. Mai 2013 an (vermutlich alkoholbedingtem) Leberversagen.
Glücklicherweise hatte auch ich noch einmal die große Ehre, ihn live zu erleben; und zwar im Juli 2010 auf Tournee im Wiesbadener Schlachthof. Es war damals mein erster Slayer-Gig und ich vergesse ganz sicher niemals, wie ich bei "Hell Awaits" (und zwar MIT Intro!) sämtliche Fassungen und jegliche Beherrschung über meinen Körper verlor; und das in einer knallvollen Halle, bei gefühlten 50 Grad Innentemperatur und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit! Es war auch das bisher einzige Konzert, nach dem ich mit sogenannten 'Froschfingern' (Ihr wisst schon: Wenn man zusammen geschrumpelte Haut auf den Handinnenflächen beispielsweise nach längerem Baden oder Schwimmen hat...) aus der Halle heraus gegangen bin. Kurz gefasst: Es waren die mitunter besten, intensivsten 90 Minuten meines Thrasher-Daseins und genau so wie an diesem Abend werde ich den viel zu früh Verstorbenen immer in meiner Erinnerung behalten!
Jeff, wenn es irgendwann einmal statt Wasser Blut regnet, wissen wir jedenfalls alle, dass Du denen da oben gerade mächtig den Arsch versohlst! Doch das machst Du garantiert auch jetzt schon, wenn Du nicht die wunderbare Ehre hattest, 'South Of Heaven' zu landen - und wir Metalheads auf dieser kaputten, korrupten Erdkugel werden Deine Musik garantiert niemals vergessen!

Rest in Peace, Jeff!
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