Mit einem Riff der Marke Faces und Honky Tonk Piano Läufen startet "Can't Understand" und treibt sich schwül durch die ersten Minuten, bis der Reverend (Rev) sein erstes Solo in den Raum werfen darf. Noch gezügelt und relativ kurz, aber ich will das an dieser Stelle schon verraten: da kommt noch Einiges im Verlauf der CD, die mit fast achtzig Minuten bis zum Bersten gefüllt ist.
"Don't Ask Why" schaltet um in einen irren Groove. Jam pur der lockeren flockigen Art. Die Gitarre kommt aus dem Handgelenk und Ron Rifkin wieselt über die Tasten, dass es eine wahre Freude ist.
Marshall Tucker Band trifft auf die Allmans, wobei der Can't You See-Anteil eindeutig der Größere ist. Diese Symbiose aus Groove und Southern-Flair gipfelt in unbändigem Drive und lässt, was Melodie, Hooks und Erkennungswert angeht, absolut keine Wünsche offen.
Pianodominiert der nächste Track "Head Case". Der Rev reitet auf dem Pianoteppich, bis er das Loch in Selbigem findet und ausbricht. Die Nummer hat was von Leon Russell'schem Ausdruck während einer Fahrt durch die Sümpfe Louisianas.
Es schließt sich ein 'Zehneinhalbminüter' an. Und was für einer!
Mark Rudzinski, seines Zeichens Drummer startet und der Rev zeigt alsbald was eine Southern-Gitarre ist, wie sie klingen muss und spätestens beim Einsatz der Hammond bekomme ich zumindest einen unbändigen Appetit auf scharfes Chicken mit nachgesüßten Su.
"A Midsummer Night's... ", mit seinen immer auf den Punkt kommend Refrains, dem sich über viele Minuten erstreckenden Gitarrensolo ist SR Klischee pur, beinhaltet also alle Zutaten und schaukelt sich ungekünstelt und absolut locker nach Vorne. Bravo!
Auch im Titeltrack immer wieder diese so typischen Gitarrenlines. Die Nummer ist etwas 'ruhiger', was den Groove angeht. Bisschen 'schwerer' und leicht ABB-lastig.
"Jackals" startet fast wie eine Joe Cocker Nummer. Keine Bange, nur die ersten Töne, dann wird es schnell tanzbarer Nahkampf. Nicht balladesk, denn die 'schmalzige Süße' fehlt. Rockblues trifft es wohl eher und Rev darf ausserdem wieder lecker in die Saiten greifen.
Southern-Jam, acht Minuten lang: diese Attribute gehören zu "Writing History" und ich wünsche Sol Dog, dass der Name der Nummer zu der Vita der Band passen wird.
Rev gründetet Sol Dog vor ein paar Jahren als Blues Band. Na zum Glück kam aber bald der Wechsel zum jetzigen Stil. Sicher auch weil Southern Rock ihn, neben anderen Genres, schon immer beeinflusst hatte. Interessant auch die Bio von Ron Rifkin, stand er doch schon bei Chick Korea im Line-up.
Auch der Mann an den Fellen, Mark Rudzinski und Bassmann Curtis "Miles" Long sind alte Hasen und im Prinzip schon immer Musiker. Merkt man der kompletten Band auch an, denn wie Zahnräder greifen alle Akteure ineinander und produzieren diesen fast organischen (so sagt die Band selbst) Sound.
"Train" schaltet wieder ein paar Gänge zurück. 'Bärchen'-Jürgen, dem wir diese geile Truppe hier verdanken, klassifiziert "Train" als Southern-Gospel-Rock-Nummer mit schwül-drückenden Gitarrenläufen. Yep, Jürgen, besser kann man es nicht beschreiben. Hammondtunes, gospelartige Refrains und immer wieder 'schraubt' sich die Gitarre in luftige Höhen, ja legt ab Minute vier einen traumhaften Solo über die Gleise, auf denen der Gospel-Train groovend gen Süden rattert.
Fast Hendrix-like eröffnet der Rev "Circle Of Light", unterstützt von Curtis "Miles" Long , der einen grummelnden und rollenden Bass beisteuert. Gov't Mule trifft auf Cream, die mal Jimi, dann wieder EC an der Klampfe haben.
Dann Wah-Wah-t sich Reverend wieder aus dem Schatten der berühmten Kollegen.
Die Hammond eröffnet Anyway, wieder rollt der Bass dazu um dann von einer fast funkigen Gitarren unterstützt zu werden, welche im Verlauf der nächsten sechs Minuten eindeutig zeigt, was Dominanz bedeutet.
"Style" lässt ansatzweise ein klein wenig Little Feat Feeling aufkommen. Nicht zuviel, eher so die kleine Zehe.
Produziert wurde "Whatever Gets You There" von Johnny Neel, dem man die letzte (offizielle) Nummer gewidmet hat und logo, Mr. Neel wirkt selbst mit. Jam pur ist das, Freiraum für jeden einzelnen Musiker. Was die Orgel angeht: mal klingt das wie Booker T, dann wieder nach Blood Sweat & Tears. Und weil sich jeder austoben darf, gibt es auch keine Gesang.
Eigentlich ist laut Booklet nun Schluss, aber mein Player zeigt noch eine Nummer an. Eingeleitet durch ein paar Sekunden Stille bei "Whatever Gets You There". Dann bricht es los: Akustisch und fast jeder 'grölt' ins Micro, oder jammt mit dem, was er gerade als Instrument erwischt. Das Ganze endet in einer Art Country-Boogie.
Meine Empfehlung: Unbedingt bei Bärchen mal reinhören und natürlich kaufen.
Spielzeit: 77:48, Medium: CD, Eigenvertrieb, 2005
1:Can't Understand 2:Don't Ask Why 3:Head Case 4:A Midsummer Night's... 5:Whatever Gets You There
6:Jackals 7:Writing History 8:Train 9:Circle Of Light 10:Anyway 11:Style 12:Fifteen Seconds Of Johnny 13:(Hidden Track)
Ulli Heiser, 30.04.2005
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