»Die Musik von SolarPhase entspringt einem Lebensgefühl«, so heißt es auf der Webseite der Band, die offensichtlich in Münster ihren Sitz hat. Ich stoße auf den Begriff Lounge, was für mich oft der Ausdruck purer Langeweile ist. Aus drei Mitgliedern besteht die Band. Bianca Körner ist in den Bereichen Jazz, Pop, Funk, Soul, Rock, Klassik und Lounge zuhause und in verschiedenen Formationen tätig. Gitarrist Peter Schilmöller spielt Jazz, Pop, Rock und Fusion - auch freiberuflich mit verschiedenen Bands - und zu guter Letzt ist es der Produzent und Bassist Matthias Rethmann, der die Fäden für dieses Projekt wohl in der Hand hielt. Auch ihm sind Blues, Jazz und Rock nicht fremd. Insofern dürften alle drei für diese Platte aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz geschöpft haben und ich war gespannt, was sich daraus so entwickelte.
'ElectroAcousticLounge' soll wohl der Oberbegriff für das Dargebotene sein. Auffällig ist bei der Songauswahl der hohe Anteil an Fremdkompositionen, meistens aus dem Poplager, sogar Michael Holm musste (beim letzten Stück) herhalten. Nun ist es an mir, das, was mir meine Ohren offerieren, niederzuschreiben. Und ich sage es gleich vorweg: Subjektiv gesehen bin ich total enttäuscht, sodass ich nachfolgend versuchen werde, weitgehend die Objektivität zu wahren.
"Billie Jean" - ja, man erkennt das auch sofort... von Michael Jackson. Ich höre Perkussion, Schlagzeug und viele Keyboards. Nanu, nichts davon auf der Besetzungsliste, also muss ich davon ausgehen, dass das, außer den aufgeführten Instrumenten, alles programmiert ist. Schade, das macht die Musik sehr künstlich - beim Opener für mich durchaus noch erträglich. Auch gesanglich ist die Interpretation des Hits gut besetzt, etwas cool dargeboten mit gefühlvollem Ansatz. Nur - dem Ganzen fehlt Soul! Also, seelenlos, seiner Seele beraubt, und genau das wird mit dem zweiten Titel und diesem Plastikrhythmus erschreckend deutlich: Diese Musik ist künstlich, aber keine Kunst. Nie mochte ich so richtig die aus meiner Sicht verfehlte Richtung des Jazzers Jan Hammer, als dieser mit der Musik zu "Miami Vice" bekannt wurde. Doch nun würde ich genau das viel lieber hören, denn in jene Richtung zielt diese Musik auch. Zur Abrundung werden nun sogar noch Sitarklänge einbezogen.
Genauso geht es grundsätzlich weiter: Ein Song nach dem anderen erfährt eine aus meiner Sicht wenig interessante Interpretation. Dafür sorgen die nervenden elektronisch-stampfenden Rhythmen, da nützen auch die Bemühungen der Sängerin und des Gitarristen bei gelegentlichen Soloeinwürfen nicht viel. Das eingangs erwähnte Lebensgefühl besitze ich offensichtlich nicht - das, was hier loungig zur Ruhe einladen soll, strapaziert meine Nerven mehr als es der freieste Free Jazz jemals vermögen wird. Klar, das ist subjektiv, und wer so etwas mag, sollte sich nicht abschrecken lassen von diesem hohen Maß an Elektronik und künstlich wirkender Musik. Einige Titel davon sind rein instrumental und gezielt auf diese Richtung abgesteckt. Da sie eigenständig sind, kann ich sie als Kompositionen gelten lassen und ich halte sie auch im Rahmen dessen, was sie ausdrücken sollen, für gelungen. Das entsprechende Klientel dürfte damit gut bedient sein.
Titel wie "Maniac" werden entschleunigt und gewinnen dadurch einen ganz anderen Charakter. Sicher ist das gut gedacht, doch mangelt es ein wenig an leidenschaftlicher Umsetzung dieser Gedanken - zu nebensächlich und teilweise schlaff und lustlos wirkt das auf mich. "Asturias", dieses wunderbare Gitarrenstück von Isaac Albeniz. Klar, das wird hier kein "Flamenco Fury", etwa von Carlos Montoya oder anderen Größen der Gitarrenszene. Diese Version hätte in einer Version der damaligen Fusionband Sky um den Gitarristen John Williams glänzen können, jedoch bleibt es hier eine im Ansatz sicher interessante Interpretation, die allein durch die Gitarren eine schöne Note erhält, aber im Endergebnis noch besser hätte sein können. Allerdings hebt sich dieses Stück relativ angenehm aus dem oft einschläfernd-loungigem Umfeld ab und ist eines der wenigen Glanzpunkte dieser Produktion (die übrigens rein klanglich ganz großartig ist!). Nach dem flott holpernden "Passing By" dann die Überraschung, "Traenen luegen nicht" ist in der Tat sehr eigenwillig, mit Vibrafonklängen untermalt, aber ein Schlager bleibt eben ein Schlager. Für mich gewagt, aber nicht gewonnen - meine daraufhin einsetzenden Tränen lügen ebenfalls nicht.
Sonderbar ist Folgendes: Habe ich mich doch mit den Einzelkünstlern beschäftigt und festgestellt, dass mich zum Beispiel Hörproben von Bianca Körner mehr überzeugen haben können. Vor allem ihre sehr schöne Interpretation von "Caravan"! Ebenso den Soloaktivitäten der anderen Musiker bin ich durchaus zugeneigt. Nun, diese Musik wird auch ihr Publikum finden, möchte ich jedoch Lounge oder solche Musik, wie sie hier geboten wird, dann griffe ich auf andere Möglichkeiten zurück - zum Beispiel auf Robert Miles und sein "Children", weil das konsequenter und guter Electro Pop ist.
Line-up:
Bianca Körner (Gesang)
Peter Schilmöller (Gitarre)
Matthias Rethmann (Bass, Produktion)
Musikalische Gäste:
Nadja Kossinskaja (Akustikgitarre)
Jan Richter (Gitarre)
Tracklist |
01:Billie Jean [Jackson]
02:D-Side [Rethmann]
03:Take My Breath Away [Moroder]
04:Died In Your Arms [Eede]
05:Sharp View [Rethmann]
06:Don't Speak [Stefani]
07:Can You Tell [Rethmann]
08:Maniac [Sembello]
09:Asturias [Albeniz] (mit Nadja Kossinskaja)
10:Summer Smile [Rethmann]
11:Passing By [Rethmann]
12:Traenen luegen nicht [Bembo/Holm]
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