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Eine CD aus Israel hatte ich bisher noch nicht aus meinem Postkasten gefischt. Doch diesmal wird es mit "Natural Causes" von Solstice Coil meine persönliche Premiere mit einer Rezension eines Tonträgers aus dem Nahen Osten. Bereits 2005 fand die Band mit ihrem Debütalbum "A Prescription For Paper Cuts" beim Progressive Rock-Liebhaber einige Beachtung. Wobei der Begriff Progressive bei dem vorliegenden Scheibchen sehr dehnbar ist.
Schellende Telefone, schnell bewegende Schreibmaschinentasten und ein Stimmenwirrwarr erwecken in mir den Eindruck den Besuch eines Pressebüros, dabei ist es nur der Anfang vom Opener der Platte "Question Irrelevant". Fortan nehme ich eine Mischung aus Progressive und modernem Metal-Rock wahr. Dass zwischendurch Opher Vishnia sich mit einem spielstarken Gitarrensolo verewigt, wertet das Teil für mich auf. Doch die Band versucht auch die Nervenstränge des Konsumenten bis zum Äußersten zu reizen, höre folgendes "Outcome Inevitable". Hier sind harte Nehmerqualitäten gefragt! Dagegen wirkt "Fall Schedules" fast wie 'ne Ballade, unterstreicht aber die Vielfältigkeit der Band, die ihr neuestes Werk mit viel Abwechslung garniert haben. Nicht umsonst sind im Line-up Violinen-Spezis und Cellospieler erwähnt, die insgesamt für einen unvorhersehbaren Tonträger sorgen. Ob es aber Sinn macht, jedes Instrument bis ins Detail zu beschreiben, gerade die Angaben im Bassbereich mit Elektrik- und Fretless-Bass (Unterschied ist der, ein Fretless-Bass hat keine Bundstäbchen) wirkt etwas aufgeblasen. O.K., ich lass das jetzt mal so stehen, entscheidet letztlich nicht über die Lieder der Platte. Der erste Durchlauf erinnert mich sofort ans Dream Theater, ohne deren Klasse zu erreichen.
Trotzdem, was sich letztlich in der Gesamtheit widerspiegelt, ist nicht von Pappe. Die Songs wurden mit einer Schnelllebigkeit ausgestattet, lassen meist modernere Prog-Klänge vom Stapel, sind mit reichlich Metal-Splittern gewürzt und wagen sich ab und zu auch in Hardrock-Regionen ("Too Many Regrets", "Human Again") vor. Einen richtigen Anspieltipp habe ich nicht parat, ebenso wenig konnte ich eine Loser-Nummer herauspicken.
Shir Deutchs Gesang kommt meist sehr melancholisch rüber, gekonnt, doch für meinen Geschmack manchmal zuviel des Guten. Die Instrumentalisten ebnen dem Sänger einen grundsoliden Klangteppich, wobei bei mir die Drums und die Soli der Stromklampfe am meisten hängen geblieben sind. Hier bitte noch "Singalong Deathtrap" beachten, ebenfalls wegen eines spielstarken Gitarrenlaufs. "Recipe For Eternity" wurde von den Gaststreichern begleitet, findet allein schon deshalb meine Beachtung, doch insgesamt lässt mich das Teil auch hier nicht vor Begeisterung aus den Latschen kippen.
Fazit: Gar nicht so schlecht, was die Israelis meinem Player angeboten haben. Progressive Rock-Fans sollten sich ein Reinhören gönnen, ebenso die Musikliebhabern, die nach allen Musikrichtungen offen sind. Ich selbst frage mich, was mich nun doch an der Tonkonserve stört? Sie liegt mir, anhand meist epischer Einflüsse, etwas zu schwer im Magen. Letztlich ist es wie immer, alles reine Geschmackssache.
Line-up:
Shir Deutch (vocals, acoustic guitar, electric guitar)
Opher Vishnia (lead guitar, e-bow, various effects)
Shai Yallin (synths, keyboards, piano)
Yaniv (electric & fretless bass guitars)
Yatziv Caspi (drums)
Guest Musicians
Neta Cohen-Shani (cello)
Daniel Tanchelson (viola)
Dror Lellouche (violin)
Maya Lee Roman (violin)
| Tracklist |
01:Question Irrelevant (5:34)
02:Outcome Inevitable (2:01)
03:Fall Schedules (4:49)
04:I Know (4:43)
05:Human Again (5:37)
06:Singalong Deathtrap (5:36)
07:Walking Graveyards (4:06)
08:Too Many Regrets (6:46)
09:Moral Oxidation (4:03)
10:Replacing People (6:10)
11:Designed Instincts (5:09)
12:Recipe For Eternity (5:09)
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