Somebody's Darling / Jank City Snakedown
Jank City Snakedown Spielzeit: 40:28
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2013
Stil: Roots Rock


Review vom 12.08.2013


Steve Braun
Als Gott am achten Tag die Black Crowes erschuf, hatte er einen wesentlich besseren Tag erwischt als noch 48 Stunden zuvor. Dieser hässliche Lehmklumpen war zweifelsohne eine Missgeburt, da half selbst der kostbare Hauch göttlichen Odems nicht wirklich weiter. Das komisch beschnitzte Sparerib war zwar etwas ansehnlicher, erwies sich aber wenig später als die Mutter allen Übels. Wenn Gott wüsste, was sich aus diesen Apfeldieben und Brudermördern entwickelt hat, er würde sich im Grab umdrehen...
Aber bei den Crowes hatte er unbestreitbar 'ein Händchen' - im Gegensatz zur Menschenbrut hatte das wirklich Seele, atmete wahrhaft göttlichen Atem. Und Gott sah, »was er da gemacht hatte, es war sehr gut!« Dieser Seitenzweig der Menschheit strotzt geradezu vor Lebenshunger. Und die alten 'Oberkrähen' sitzen - mittlerweile etwas altersschwächelnd - auf ihren Schaukelstühlen und betrachten ihre Saat, die prächtig aufgegangen ist und gedeiht.
Der neueste Spross sind die texanischen Roots-Rocker Somebody's Darling, die mit ihrem Zweitwerk "Jank City Snakedown" meinem Receiver gerade die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit aufzeigen. Diese Scheibe ist laut zu hören... und ich meine hier richtig laut!!
Über Somebody's Darling etwas Biografisches im Netz zu finden, ist gar nicht so einfach. Man gibt sich etwas zugeknöpft... Vor drei Jahren hat man wohl ein erstes Album veröffentlicht, das sich offenbar ebenfalls in den Nischen des Internet zu verbergen scheint. Für "Jank City Snakedown" haben die vier Musiker samt Sängerin eine letztlich erfolgreiche Kickstarter-Aktion angekurbelt. Anschubfinanzierungen dieser Art müssen gelegentlich - was das Endergebnis betrifft - etwas kritisch betrachtet werden. Im vorliegenden Fall war diese Kampagne allerdings ein wahrer Glücksfall für alle Musikfreunde, die die Krähen tagtäglich im Herzen spazieren tragen!
Der Bandname ist übrigens ein sehr schöner Begriff aus dem US-amerikanischen Bürgerkrieg. Als Somebody's Darling bezeichnete man damals, durchaus liebe- und ehrenvoll, einen nicht identifizierbaren, toten Soldaten.
Die Musik von Somebody's Darling auf den eingangs zitierten Roots Rock zu reduzieren, wäre eine grobe Simplifizierung. Hier fließen jede Menge Jam- und Country Rock ein, in Dreiteufelsnamen auch das, was man mit 'Americana' sehr schwammig zu beschreiben sucht. Gelegentlich 'rotzt' ein Riff auch schon mal in griffigster Stones-Manier. Ein Spritzerchen Gospel ist hier und da ebenfalls zu vernehmen. Eine Reduktion auf den Sound der Krähen wäre allerdings gegenüber dem texanischen Fünfer ungerecht. Zu eigenständig und seelenvoll sind die zehn Songs, zuviel Herzblut streckt hörbar darin.
Es ist einfach herrlich, in nahezu völlig digitalisierten Zeiten noch solche durch und durch analogen Aufnahmen um die Ohren geschlagen zu bekommen. Auf diese Weise haben alle Takes einen knackigen Biss und viel Bodenhaftung bei gleichzeitiger, manchmal geradezu 'cremiger' Wärme. Dass sie (selbstredend) live eingespielt wurden, glaubt man ebenfalls herauszuhören.
Glanzpunke setzt neben der phantastischen Sängerin Amber Farris und dem einfühlsamen Gitarristen David Ponder vor allem der 'Analog Man', Keyboarder Michael Talley. Mal sind es flirrende Hammond-, mal knurrige Wurlitzer-Passagen, die den Hörer - meist unterschwellig - gefangen nehmen.
Neun von zehn Titeln sind deutlich unter der Fünf-Minuten-Marke angesiedelt und entsprechend kompakt. Man spürt allerdings, wie diese in einer heimeligen Club-Atmosphäre förmlich explodieren können. In diesen Kompositionen steckt eine gewaltige Menge Zündstoff. Der Rausschmeißer "The Middle" ist dann doch noch ein Beinahe-Longtrack geworden, obwohl man - von der Intensität betrachtet - das Teil ruhig auf das Doppelte hätte aufblasen können. Glutvolle Rocker und überaus altruistische Balladen bzw. Halbballaden halten sich in etwa die Waage. Was mir persönlich besser gefällt, ist nicht auszumachen - hier macht's die Mischung! Ob das stampfende "Keep Shakin'", das vertrackt Crowes-a-like rockende "Back To The Bottle", das rotzig schrammelnde "Pretty Faces" oder mein persönlicher Überflieger "Weight Of The Fear" (mein Song des Jahres??) - die Rocker bringen's allesamt, natürlich auch die ungenannten!! Die Balladen "My Own Medicine", "Maybe" und "Pretty Leaves" kehren hingegen das Innerste nach außen, krempeln einen förmlich um, rühren zutiefst an. Dies alles wird von der einzigen Halbballade, dem bereits angesprochenen "The Middle", überstrahlt. Wenn hier die Leine nach knapp vier Minuten losgelassen wird, sollte wirklich kein Auge mehr trocken bleiben. Eine saustarke Nummer mit enormem Suchtfaktor!!
Mit Somebody's Darling meldet sich schon wieder ein ganz heißer Kandidat für den Newcomer des Jahres an. Ist offenbar ein guter Jahrgang - vor allem für den Kram, der aus der Neuen über den Atlantik in die Alte Welt schwappt. Wer auf aufrichtigen, ur-amerikanischen Rock mit Eiern steht, sollte sich "Jank City Snakedown" unbedingt geben!!
Line-up:
Amber Farris (vocals, guitars)
David Ponder (guitars)
Michael Talley (keyboards, background vocals)
Wade Cofer (bass, background vocals)
Nate Wedon (drums, percussion)

Additional Musicians:
Jonathan Tyler (harp - #1)
Beau Bedford (add. keys - #1,2,4, add. guitar - #10, background vocals - #6,10)
Tracklist
01:Cold Hands (3:26)
02:Wedding Clothes (3:17)
03:Keep Shakin' (4:37)
04:Back To The Bottle (4:11)
05:My Own Medicine (2:50)
06:Maybe (4:21)
07:Pretty Faces (3:09)
08:Weight Of The Fear (3:42)
09:Pretty Leaves (4:13)
10:The Middle (6:03)
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