Im Sommer 1969 hörte ich diese Platte zu erstenmal. Schon der ranklotzende, rhythmisch vertrackte, schwere Schlagzeug-Einstieg in "Waiting For The Wind", der dann durch noch schwerere Hammondakkorde abgelöst wird, erzeugte nur noch kopfschüttelndes Staunen. Vor Freude, wohlbemerkt!

Spooky Tooth war in jener Zeit mit Gary Wright (voc, key, p), Greg Ridley (b), Luther Grosvenor (g), Mike Harrison (voc, key) und Mike Kellie (dr) besetzt. Sie spielten einen ausgefeilten Rock, sehr heavy, der aber auch durch und durch von Blues,- Gospel,- Country,- und Soulelementen bestimmt war. So oder so ähnlich steht's bestimmt in jedem halbwegs vernünftigen Rocklexikon, denn das ist sicher die zutreffendste Beschreibung der Musik, die diese Top-Formation durch fast ununterbrochenes Touren, u.a. als Support der Rolling Stones auf die Bühnen brachte.

Produziert wurde die Platte vom mittlerweile verstorbenen Jimmy Miller, der auch schon für "Beggars Banquet" von den Stones verantwortlich zeichnete. Im Booklet lese ich, dass er derjenige war, der den Einfall mit dem Schlagzeug-Intro zu "Waiting For The Wind" hatte - das sei ihm ewig gedankt. Als Aufnahmeingenieur hatte man Andy Johns verpflichtet, ebenso eine mehr als bekannte Grösse in den Island,- Morgan,- und Olympic Studios in London.

Andy Johns saß u.a. auch während der Produktion von Led Zeppelin II am Mischpult, und ebenso wie die vorliegende "Spooky Two" weisst auch der Led Zeppelin-Klassiker einige klangliche Härten auf, von teilweise recht heftigem Klirr gekennzeichnet, der auch durch das Remastering beider Alben nicht mehr richtig glattgebügelt werden konnte. Da waren die Anzeigen der Aufnahmegeräte sicher öfter mal im roten Bereich.

Die Mischung macht's, das gilt auch für "Spooky Two". Ganz geschickt wechseln sich hier schwere, aber eher langsame, harte Rocksongs ("Waiting For The Wind", das neunminütige "Evil Woman", "Better by You, Better Than Me") mit (halb-)akustisch erzeugten Sounds ("Feelin' Bad", "That Was Only Yesterday") und einem Gospel-Soul-Rock-Amalgam ("Lost In My Dream", "Hangman Hang My Shell On A Tree") ab. Als glückliche Tatsache darf gelten, dass mit dem Bariton von Mike Harrison und dem Falsett von Gary Wright für die jeweiligen Songs hervorragende Stimmen zur Verfügung standen.

Von den 'heavy'-Klängen mal abgesehen, ergeben sich an manchen Stellen Parallelen zur Stimmung der ersten beiden Platten von Humble Pie. Der Im November 2003 verstorbene Greg Ridley hat dann auch nach den Aufnahmen von "Spooky Two" die Band verlassen und mit Peter Frampton, Steve Marriott und Jerry Shirley die 'Supergroup' Humble Pie gegründet.

Die Bonustracks wurden vom Single-Mono-Mix übernommen, und man kann schön hören, was da alles getan wurde, um die Musik in jedem Kofferradio klingen zu lassen. Durch die Komprimierungen wird aber auch vor allem der typische Hall des Schlagzeugs unter den Teppich gekehrt. Ein interessanter Vergleich zu den sauberen Stereo-Abmischungen des Albums selbst. Nötig gewesen wären diese Bonustracks aber nicht. "Oh! Pretty Woman" vielleicht ausgenommen, es war eine Single der Band, die auf keiner LP erschien.

Das Songwriting auf "Spooky Two" ist erstklassig, die Produktion mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln (bis auf die angesprochenen technischen Limitierungen) hochgradig gelungen. Das Remastering der neuen Ausgabe von Repertoire beschert uns einen um etliche Dezibel höheren Pegel und durchsichtigere Höhen, wobei das Rauschen sogar fast ganz unterdrückt werden konnte. Geliefert wird die CD in einem schönen Digi-Pack mit einem angemessenen Booklet, zu dem der bekannte Rock-Kritiker und Autor Chris Welsh die Linernotes beigesteuert hat.

"Spooky Two" gehört für mich persönlich zu den 20 besten Platten aller Zeiten, ein Werk das auch nach 36 Jahren kein bisschen angestaubt klingt und rundrum Spass macht und das mit intelligenten Sounds und Abwechslungsreichtum zu überzeugen weiss. Ein Reissue, das überfällig war.