Purer Boogie Rock erwartet mich heute Abend hoffentlich, denn ich bin auf dem Weg ins Tempodrom, um vielleicht eine der erfolgreichsten und beständigsten Bands dieses Genres zum letzten Mal zu sehen. Status Quo sind auf "Quid Pro Quo"-Tour, und schon diese Ansage könnte darauf hindeuten, dass die alten Recken bald nicht mehr in die Saiten greifen. Wie bei der letzten Tour vor zwei Jahren haben sie sich erneut einer Band aus dem deutschsprachigen Raum als Vorprogramm bedient. War es zuletzt die Spider Murphy Gang, so darf dieses Mal Opus zeigen, ob sie es schaffen das Publikum in der ausverkauften Halle anzuheizen.
Mit Opus verbindet den ungeübten Hörer eigentlich nur ein Song; "Live Is Live", der immer noch ein beliebter Gassenhauer bei den kommerziellen Radiostationen ist. Deshalb ist meine Erwartung an den Rest ihrer Musik gelinde gesagt nicht sehr hoch, allerdings werde ich eines besseren belehrt, denn man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben.
Eine Stunde und ganze elf Songs werden Opus zugestanden um zu zeigen, dass sie eben nicht nur dieses eine bekannte Stück auf der Pfanne haben. Der Anfang ihrer Show klingt allerdings nicht anders als von mir erwartet. Viel Mainstream aus Musik, die gut im Autoradio zu hören ist. Sänger Herwig Rüdisser versucht in den Songpausen ständig das Publikum in seinem österreichischen Dialekt zu animieren, was zum Teil unterhalb der Gürtellinie liegt. Zum Glück ist die Mehrheit der Besucher weit über achtzehn und steht über solchen Animationsversuchen. Geholfen hat es aber wenig, das Publikum bleibt, bis auf einige Hardcore-Fans verhalten. Interessant wird es erst, als der besagte Gassenhauer seine Daseinsberechtigung absolviert hat, und die Band anschließend zum Teil die Bühne verlässt. Mein Gedanke schweift in die Richtung, dass nun noch eine Zugabe in ähnlicher Richtung zum Besten gegeben wird, als sich die Bühne noch weiter abdunkelt und mit Hilfe mystischer Beleuchtung eine völlig neue Atmosphäre erzeugt wird. Die verbliebenen Musiker spielen ein Instrumental, das stark im Prog angelehnt ist. Ich erwache plötzlich aus meinem Halbschlaf und spitze die Ohren. Was geht denn dort auf der Bühne mit einmal ab und welche Sinneswandlung findet hier statt? Der Song entwickelt sich zum Highlight der Band. Völlig vergessen ist das vorangegangene "Live Is Live", und nachdem sich die Musiker ca. fünf Minuten austoben können, kommen Sänger Rüdisser, sowie seine Backgrounddamen zurück auf die Bühne und stimmen in das Werk mit ein. Nach Ende dieses Epos' kann ich ihnen nur zugestehen, dass das grandios war. Ich spiele mit dem Gedanken mir, nur wegen dieses einen Songs das Album "Eleven" zuzulegen, auf dem dieser verewigt ist. Solche Spontaneinfälle kommen mir nur, wenn etwas wirklich sehr gut ist. Allerdings weiß das Opus leider nicht, denn, statt nun ihre Aufführung zu beenden, denn besser kann es einfach nicht werden, kicken sie sich selbst raus, indem sie den gleichnamigen Titelsong des erwähnten Albums spielen. Der kommt leider nur mäßig rüber und sorgt dafür, dass Zugabe-Rufe ausbleiben. Trotzdem, in Anbetracht des einen hochkarätigen Songs, war es eine recht gute Wahl des Vorprogramms. Sehr entgegenkommend für den hohen Altersdurchschnitt im Saal.
Dreißig Minuten PP (Pinkelpause) stehen nun auf dem Programm, bevor pünktlich um halb Zehn Rossi, Parfitt und Co. nach einem langen Intro auflaufen. Es folgen neunzig Minuten purer Boogie Rock und gefühlte einhundert Songs. Da Status Quo wie gewohnt ihr Material im Dauerfeuer abbrennen, verstreicht dabei die Zeit wie im Fluge. Verständlicherweise ist es schwer für eine Band mit überdurchschnittlich vielen Hits all diese in ein Programm unterzubringen, das nicht nur die Band aus Altersgründen übersteht. Also werden die meisten Songs nicht ganz ausgespielt und es geht einer in den nächsten reibungslos über. Damit Francis Rossi auch mal nach Luft schnappen kann, legt er zwei kleine Pausen ein, in denen er das Publikum sehr gut unterhält, und auch versucht seinen britischen Humor anzubringen. Mit Erfolg, denn die Stimmung steigt von Song zu Song. Um so viel Musik wie möglich zu spielen, ist auch ein Medley aus neueren und ganz alten Stücken dabei. Status Quo erinnern sich dabei daran, dass sie mal als Beat-Band angefangen haben und genau diese Songs sind es, die mir an diesem Abend am besten gefallen.
Natürlich dürfen auch solche Klassiker wie "In The Army Now" oder "What Ever You Want" nicht fehlen. Das Bühnenbild ist dabei wie immer sehr schlicht gehalten. Lediglich eine mehrfach geteilte Videowand zeigt Farbspielereien, und einige wenige Scheinwerfer setzen die Musiker ins rechte Licht. Allen voran Francis Rossi, der die gesamte Breite der großen Bühne für sich in Anspruch nimmt. Sein Wegbegleiter und Busenkumpel Rick Parfitt, im neuen aerodynamischen Haarschnitt, der ihm nicht steht, hält sich dabei sehr zurück, und treibt oft mit dem Rücken zum Publikum vor seiner Verstärkergalerie herum. Zum Glück teilen sich beide die Gesangspassagen, dadurch ist er auch mal an der Frontline zu sehen. Immer noch am besten sieht es aber aus, wenn beide ihre Gitarren synchron spielen und gemeinsam so richtig abrocken.
Als zusätzlicher dritter Mann an der Gitarre tritt Keyboarder und Mundharmonikaspieler Andy Bown in Erscheinung. Seit vielen Jahren sind er und sein Kollege am Bass, John 'Rhino' Edwards, als feste Mitglieder in der Band und haben sich sehr gut etabliert. Beide liefern eine klasse Arbeit und Performance ab, und mit Drummer Matt Letley bilden sie eine ausgezeichnete Rhythmusgruppe. Letley hat auch die Gelegenheit eine Solo-Einlage vorzuführen, die im Anschluss nahtlos in "The Killer" übergeht.
"Rockin' All Over The World" bildet den Abschluss eines angenehmen Abends, bei dem viel in Nostalgie geschwelgt werden konnte. Ohne Kommentar verlassen Status Quo die Bühne, um sich lange vom Publikum durch Applaus bitten zu lassen, noch einen drauf zu legen. Die Coversongs "Rock and Roll Musik" und "Bye Bye Johnny" stehen noch auf dem Programm, und ich verlasse auch mit einem zufriedenen Bye Bye die Halle. Vielleicht sieht man sich ja doch noch einmal wieder.
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