Bandehen mit längerer Haltbarkeit sind mittlerweile immer seltener präsent, durch Dick und Dünn, auch in weniger ergiebigen Zeiten zu geh'n, eine wahrhaftige Rarität.
Wo die einen über Jahrzehnte zu wirtschaftlichen Unternehmen und Banknotenbeflasteter-Unsterblichkeit verkamen, bemühten sich andere, sich gegen knappe Kassen und die nachwendlichen Befindlichkeiten neuer Konsumenten zu erwehren.
Wenige der einst eingemauerten Protagonisten dagegen behielten von der bitteren Medizin dennoch keine irreversiblen Schäden und fanden, wenn auch geraume Jahre später, einen zweckoptimistischen Schlupfwinkel.
Umso erfreulicher ist es, dass sich eine von Rückgrat-nagenden Zwangspausen begleitete, jedoch dienstälteste und in musikalischen Sprachbildern verhaftete Rock-Kapelle des einstigen Arbeiter- und Bauernstaates studiotechnisch neu konsolidiert.
Sächsische Tanzboden-Rock'n'Roller, welche einst dem Paradigma musizierender britischer Kunststudenten, anstatt dem Dämmerlicht einer eingemauerten Radau-Generation folgend, im ostdeutschen Dreigestirn einer überambitionierten, und der Klassik verbundenen Nischengruppierung wirkten, stellen sich nun dem monumentalen Schatten ihres etablierten Schaffens und dem kommentierenden Geseire alles sezierender Schmierfinken.
Keinesfalls liebäugelnd nach engstirnig werberelevanten Zielgruppen sowie kreativ verschlissen vom personell zermürbenden Kreuzzug durch vergangene Jahrzehnte und kommerzanbiedernden Querschlägen möchten die einst 'staatlich' anerkannten Synthie-Dialektiker das etwas ausgeblichene Warenetikett Stern Combo Meissen mit frischem Glanz erfüllen.
Mit dem erheblichen Erwartungsdruck einer mitgealterten Anhängerschaft und den Verfechtern konzeptionell abendfüllender Rocksinfonien im Nacken, wagen sich die Matadore einst miefiger und gefühlsduseliger 'Maueridyllen' nach über zwanzig Jahren ins Rotz-kontaminierte Auffangbecken der mittlerweile Tonträger-kollabierenden Chefetagen.
In Zeiten, wo deutschsprachiges dem angelsächsisch-populären Musikgut längst die Stirn bietet, vermögen es in liedhafter Larmoyanz verpackte Geschichten um die Berg- und Talfahrten des Lebens und deren aufdrängende Spurensuche im versiegenden Sandkasten der Zeit mit unverkrampftem Geist und Nostalgie-freiem Blick zu sozialisieren.
Die dem zwingenden Rhythmus und vermeintlich bemühtem Tasten-Himalaya zugeneigten Pop-Exkurse, Schicht um Schicht geradezu pedantisch gegossenen musikalischen Manifeste, womöglich dem vulkanen Feuer aus Tasten-Altmeisters
Thomas Kurzhals Studioschmiede entrissen, buhlen auf "Lebensuhr" um die erwärmende Gunst nachgewachsener, und neuen Hörgewohnheiten zugewandter Rezipienten.
Bei aller Anbändelung mit digitalen Studio-Dogmen brillieren dennoch einige geschmackvolle Momente ihrer Tugenden, geschwollene Tastenflächen mit dem Hang zum Progressiven, aber auch synthetischer Pop mit saloppen Rockismen propagieren diese bestenfalls tönende Ökumene als Zwang zu musikalischer Häutung.
Dem Mief provinziell musizierender 'Krauter' längst entwichen, üben sich die Protagonisten vor allem in waghalsiger, wenngleich leichtfüßiger Rhythmik, veredeln den leichtverdaulich tänzelnden Grundtenor dank ihres Neuzuganges und Ideen-Merlins
Marek Arnold mit jazzigem Ambiente, lassen bedauerlicherweise nur zu selten den allesfressenden Rock-Bastard unter einer verhärteten und mit volkstümlicher Lebenshilfen-Poesie behafteten Pop-Glasur hervorblitzen.
Nichtsdestotrotz erlag Bandguru
Martin Schreiers Gesinde den Versuchungen von Synthesizer-wogenden Geschwülsten und Retro-Pest befallenen Wortgewandtheiten eines altgedienten Mauer-Pop-Dichters wie
Norbert Kaiser, der willens ist, anstatt abgegriffener
Grönemeyer-Agitationen einen seichten Windhauch Männerromantik und gesunden Fingerzeig-Zynismus zu bemühen.
So wird mit "Das kurze Leben des Raimund S." Essig auf die eitrigen Wunden einer zunehmend entmenschlichten Cyberwelt-Verblödungsmaschinerie vergossen und mit Reinhard Fißlers säuerlicher und selbstmontierter Kollektivschau auf einstige Stern Combo-Pretiosen und die eigene Bedeutungsschwere am mottigen Ostalgie-Muff gerüttelt.
Mit Letzterem gelang der seit Jahren mit einer schwerwiegenden Nervenlähmung an Ganzkörperhilfsmittel gefesselten Sangesikone
und ihrer einstigen Weggefährten ein rühriges, von porzellaner Stimme getragenes Plädoyer an das Leben und wohlgemeintes Missionieren gründenkender Vernunft.
Vertrautes und untrennbar Kauziges ihrer durchaus reifen Frühwerke erleuchtet nur zeitweise wie eine lodernde Fackel im Herbststurm die von entkrampften Pop-Modernismen zerklüftete Szenerie und bedient mit einem ausgedehnten Schwulst-Instrumental und Martin Schreiers babylonischen Weisheiten in "Die Zeder von Jerusalem" die betonierten Erwartungshaltungen einer unter der stalinistisch beäugten Kulturglocke erwachsenen Hörerschaft.
Durch die transparent arrangierten und verlässlich groovenden Beats des frischblütigen Rhythmusduos und dem einnehmenden Klangraum der virtuosen Tastendeko laviert sich Larry B's einfräsende, sowie gleichsam cremige Stimme, als sei selbige gerade eben mal der Ursuppe eines schwarzen Gospels entsprungen.
Kurzum, an dem mit vernehmbar neuen Batterien ausgestatteten sächsischen Musiker-Kollektiv und seinem erquickenden Produkt herumzumäkeln, wäre ungefähr so sinnvoll wie eine punktuelle Geschmacksanalyse von tiefgefrorener Plastik-Pizza.
Die schwitzige Zangengeburt der dienstältesten Aktiv-Kapellen des deutschsprachigen Raumes strebt im Ergebnis nach einer akustischen Koalition der Generationen, birgt sowohl einen Funken Hoffnung für die musikalisch ewig Gestrigen als auch für bildungsgenährte Schnellverbraucher.
Die Meissner pflegen schließlich dennoch eine durchaus gewinnversprechendere Klangtapete, um ihren farbenprächtigen Kunst-Pop
aufzutragen und proklamieren neben reichlich in Poesie getauchter Suche nach dem Gral irdischen Daseins eine andächtige Ode an die Mutter Erde.
Dieses Hörwerk ist eine kalorienreiche Buttercremetorte, deren derzeitiger Nährwert wohl locker der schaumgeschlagenen Barrikadenromantik germanischer Studiolabore und netten Versuchen einer Weltrettung Paroli zu bieten vermag.
Abgesehen vom zusammengeklaubten Bonus-Debilstückchen "Gelbe Elbe" bietet "Lebensuhr" in Zeiten Katastrophen-beschwörender Bierseeligkeit und Occupy-Bewegung eine mit aufrechter Haltung und grundsolidem Handwerk verstärkte Kurzweil und die musikalischen Indizien für eine ungebrochene Aufklärung hirnzementierter Vorurteile.