Eine Open Air Show, die am Freitag um 18:00 beginnen soll? Mit nur zwei Bands?
Unglaublich, also taten die meisten Gäste den Zeitplan als Phantasterei ab und kamen prompt zu spät.
Das bedeutete eine leere Wiese vor der Bühne, auf der die erste Band tapfer ihr Set herunterspielte. Ihr Set? Naja, das ist wohl ein kleiner Euphemismus, denn Apple Jack stellte sich als lupenreine Coverband heraus. Dieses Metier ist normalerweise nicht Sache der RockTimes und wird in der Regel von uns ignoriert. Aber Apple Jack spielten durchaus ambitioniert. Unter grauen Wolkenwänden ließ sich insbesondere die quirlige Frontfrau nicht den Spaß verderben. Das zweite Standbein der Band ist zweifellos der Gitarrist, welcher dem Deep Purple Song "Hush" mit schwerem, bleiernen Groove neuen Esprit verlieh. Auch die anderen Nummern von u.a. Janis Joplin, Skunk Anansie und Billy Idol waren rockig bis hart arrangiert und durchaus hörenswert. Leider ließen Apple Jack sich nicht überreden, ihre Version von "Sweet Home Alabama" zu spielen, sehr zur Enttäuschung unseres Gastschreibers Janos Wolfart, der diesen Song lautstark forderte, wie bei jeder Show übrigens, die wir mit ihm zusammen besuchten.
Die Band brach an diesem Abend gleich zwei Rekorde: Den der - nach eigenem Bekunden - geringsten Zuschauerzahl und den des jüngsten Zuschauers. Grade mal 18 Tage zählte der - ob ihm die Musik gefiel, ließ sich allerdings nicht feststellen.
Nur schade ist, dass sich eine Band wie Apple Jack stolz in die lange Liste unzähliger und meist farbloser Coverbands einreiht, und kein Wörtchen mitreden will auf der Suche nach dem besten Riff der Welt, der sicherlich noch nicht gespielt wurde.
Es folgte eine Umbaupause - kurz, da Drummer Matt Carmichael der Einfachheit halber das Instrument seines Vorgängers benutzte. Die Band legte selbst Hand an.
Die Steve-Schuffert-Band tritt in klassischer 3-Mann-Rock-Besetzung an. Neben dem bereits erwähnten Drummer zupfte Pete Tomarakos am Bass herum. Als Handelsvertreter in Sachen Fendergitarren nahm Steve himself seinen Platz auf der rechten Seite der Bühne ein. Immer wieder richteten sich die Blicke der Musiker und der inzwischen zahlreicher gewordenen Gäste skeptisch zum Himmel. Jeder wusste, dass es mit dem Regen heute Abend noch nicht zu Ende sein konnte. Wie eine drohende Wolke zogen die drohenden Wolken langsam, dunkel und in großen Flotten über den Abendhimmel.
Im ersten Set powerte die Steve Schuffert Band "Hot Love", einige Songs vom Album "Love, Sex + Freedom" und zwei Stücke von der sich gerade in Produktion befindlichen neuen CD heraus. Schon bei den ersten Songs zeigte sich, welche wichtige Rolle Pete Tomarakos als Basser einnimmt. Durch seine fundierte und souveräne Arbeit gibt er Steve immer wieder die Gelegenheit zu Solopassagen, ohne das der Gesamtsound durch die dann fehlende Gitarrenrhythmik geschmälert wird. Keine einfache Aufgabe, aber wirklich perfekt bemeistert.
Anschließend brauchten die Musiker eine kleine Pause. Offiziell in der Hoffnung auf ein wenig mehr Dunkelheit, inoffiziell sah man sie gemeinsam den Grill entern.
Nach einer rund halbstündigen Pause ging es weiter. Die inzwischen herein brechende Dämmerung ließ dann auch einige Zuschauer etwas näher an die Bühne kommen. Die vereinzelten Regentropfen verdampften auf den Körpern der enthusiastischen Zuschauern. Man sah sich in Hippieattitüden windende Frauenkörper ebenso, wie exstatische Ein-Fuß-Wipper bei sonstiger komplettkörperlicher Paralyse. Nur führte auch bei ihnen die Hand des öfteren den Trank zum Schlund.
Auch Pete Tomarakos konnte sein Gesangstalent beweisen. Er intonierte eine rockige Version des Beat Songs "Back In The USSR". Ein Höhepunkt des Sets war zweifellos das Trommelsolo. Matt Carmichael hämmerte auf dem Leihkit das Thema von Led Zep's "Moby Dick" zurecht. Wie beim Original stellenweise mit bloßen Händen. 7 Minuten dauerte das Drumgewitter. Zwischendurch stand er vor Begeisterung immer mal wieder auf oder zeigte dem Publikum, das es auch mit nur einem Arm geht. Respekt!
Keiner wollte die Jungs von der Bühne lassen. Mit gemeinsamen Kräften konnte die Band zu einer letzten Zugabe überredet werden: "Crossroads".
Danach hatte die Steve Schuffert Band auf dem Geländer der Zollhauses Freigang. Wer wollte hatte also Gelegenheit, mit den Jungs das eine oder andere wohlverdiente Freierabendbier zu schlabbern.
Was uns sonst noch aufgefallen ist:
Dass die - nach tagelangem Regen - erwartete Schlammschlacht ausfiel;
Dass die Leute im Zollhaus immer ein wenig freundlicher sind als anderswo;
Dass im Zollhaus Bands eigentlich erst von der Bühne dürfen, wenn die Cops sie da runter holen. So jedenfalls nach Aussage des Besitzers;
Dass die Preise überaus zivil waren;
Dass dem großen angsteinflößenden Show-Hund die Musik wohl nicht wirklich gefiel. Er platzierte während des Gigs nonchalant einen Haufen vor die Bühne.
Dass man ein leeres Glas bekommt, wenn man das Zollhaus betritt. So richtig kapiert haben wir den Grund nicht.
Wo Ihr Steve Schuffert in diesem Sommer sehen könnt, steht natürlich in unseren Tourterminen.
Steve Schuffert Band - Hilden - Rockcafe Zollhaus, 08.07.2005
Ella und Olli "Wahn" Wirtz, 10.07.2005
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