Also wenn ich ganz ehrlich bin, ging ich doch mit
sehr gemischten Gefühlen an das Review des neuen Albums von Styx heran.
Fast nur Cover Versionen!? Konnte das überhaupt gut gehen? Schließlich
gibt es genug Alben dieser Art, die völlig daneben sind. Noch skeptischer
wurde ich, als ich mir die Songs mal genauer ansah. Da hatten sich die Jungs
ja richtig etwas vorgenommen. Es gehört schon eine Menge Selbstvertrauen dazu,
sich auf einem Album an so verschiedenartige Sachen wie den Procol Harum
Klassiker "A Salty Dog" und Humple Pie's Kracher "I Don't Need No Doctor"
heran zu wagen.
Da auch noch so geniale Songs wie "Locomotive Breath" ( Jethro Tull) und
"One Way Out" von den Allman Brothers auf der Setlist erschienen, die nach
wie vor zu meinen absoluten Faves in Sachen Rockmusik gehören, wuchs
mein Interesse dann aber doch immer weiter an.
Um es gleich einmal vorweg zu nehmen, dieses Album
gehört für mich zu den absolut Gelungenen seiner Art.
Schon der Auftakt mit einer ganz heißen Live-Version
von "I'm The Walrus" von den Fab Four aus Liverpool geht richtig ab und kommt
mit der gleichen Dynamik wie das Original daher. Herauszuheben ist hier vor
allem die Gitarrenarbeit von Tommy Shaw.
Voller Dampf geht es mit "I Can't See For Miles" weiter.
Tolle kraftvolle Drums, an denen Keith 'Moon the Loon' seine helle Freude
gehabt hätte, und ein perfekter Harmoniegesang bestimmen diesen Titel.
Die Blind Faith Ballade "Can't Find My Way Home" wird
sehr gefühlvoll rübergebracht. Wunderbar gespielte Akustikgitarren prägen
diese Nummer. Lediglich die Vocals kommen nicht ganz an die Stimme von Steve
Winwood heran. Aber das stört hier nicht weiter.
Mit Willie Dixons "It Don't Make Sense" und vor allen
Dingen "One Way Out" gibt es zwei Songs, die von einer feinen Slidegitarre
geprägt sind. Der selige Duane Allman hätte seinen Spaß an diesem Spiel
gehabt.
Für mich der absolute Anspieltipp ist "I Don't Need No Doctor".
Voller Kraft und Druck geht es hier zur Sache, und gesanglich meint man
Steve Marriott und Greg Ridley als Gastmusiker dabei zu haben. Wenn ich mir
vorstelle, wie dieser Reißer live von der Bühne kommt, dann fange ich jetzt
schon an auf meinem Schemel zu wippen.
Procol Harums Hymne "A Salty Dog" mit seinen Wechseln
zwischen dem ruhigen Grundthema und der symphonischen Soundorgie versetzt
einen in richtig festliche Stimmung.
Zweites Highlight ist "Talkin' About The Good Times".
Hier gelingt es der Band den typischen 60ties Sound des Originals beizubehalten,
der den Reiz dieses Stückes ausmacht bzw. ausgemacht hat.
Nicht ganz so stark sind meiner Meinung nach "Locomotive Breath" und
der Free Klassiker "Wishing Well". Nicht etwa in der musikalischen Qualität,
die ist absolut in Ordnung. Aber Ian Anderson's virtuoses Flötenspiel oder
die markante Stimme eines Paul Rogders sind einfach nicht zu ersetzen.
Ich bin auch nach mehrmaligen Anhören der
CD doch sehr angenehm überrascht von diesem Album. Alle Songs gehen gut ins Ohr,
die Soundqualität lässt auch nicht zu wünschen übrig. Da kann die nächste Fete
kommen.
Insgesamt ist mir diese Scheibe 6,5 Rocktimes Uhren wert.
Spielzeit: 56:05, Medium: CD, Frontiers Records, Italy, 2005
1:I'm The Walrus (4,41) 2:I Can See For Miles (4,29)
3:Can't Find My Way Home (3,25) 4:It Don't Make Sense (4,10)
5:I Don't Need No Doctor (4,24) 6:One Way Out (4,42)
7:A Salty Dog (4,02) 8:Summer In The City (3,25)
9:Manic Depression (4,00) 10:Talkin' About The Good Times (3,57)
11:Locomotive Breath (3,33) 12:Find The Cost Of Freedom (1,04)
13:Wishing Well (3,39) 14:Blue Collar Man @ 2120 (6,30)
Jürgen Bauerochse, 08.05.2005
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