Subway To Sally / Hochzeit
Hochzeit Spielzeit: 44:10
Medium: CD
Label: BMG Ariola, 1999
Stil: Folk Metal


Review vom 20.01.2015


Mario Keim
Das Artwork hat schon einmal ganze Arbeit geleistet: Auf dem Cover des Subway To Sally-Albums "Hochzeit" (1999) erschien ein nackter Frauentorso mit Rückansicht, der in ein Skelett übergeht und vor einem rot-schwarzen, wolkenverhangenen Himmel schwebt. Damit verabschiedete sich die Potsdamer Folk-Metal-Band von den gehörnten Wesen auf dem Cover und gab sich zudem ein neues Logo. Subway To Sally auf neuen Pfaden.
Folk Metal? Das beschreibt nur unzureichend die Musik, die von Eric Fish und seinen sechs Mitstreitern ausgeht. Denn eigentlich kreuzen sich hier tiefstes Mittelalter (also weit vor dem Folkzeitalter) und messerscharfer Metal. Ein Bandname, der zugleich ein Markenzeichen ist. Das hört man und das spürt man auf "Hochzeit".
Zwischen ihren Konzerten hatten die emsigen Livearbeiter offenbar immer noch genügend Zeit, eigene Alben zu produzieren. "Hochzeit" war bereits das fünfte Studioalbum der 1992 in Potsdam gegründeten Formation, was schlichtweg bedeutet: Im Abstand von nur knapp eineinhalb Jahren gab es ein neues Studioalbum.
Und unverkennbar ist: Die Gitarren klingen im Vergleich zum Vorgänger "Bannkreis" auf "Hochzeit" lauter und verzerrter, ohne dass komplett auf die mittelalterlichen Instrumente verzichtet wird. Alles andere wäre wohl auch ein Bruch mit der liebgewordenen Tradition der Band gewesen.
Doch bereits beim Opener "Böses Erwachen" wird deutlich, dass der Einsatz mittelalterlicher Instrumente wie Dudelsack, Schalmei, Laute, Drehleier und Trumscheit dezenter, ja zurückhaltender erfolgt. Das trifft auf dem kompletten Werk auch auf die von 'Frau Schmitt' gespielte Violine zu. Leider, mag man sagen, stellt man sich doch die Musikerin als unverzichtbaren Bestandteil der Bühnenshow vor.
"Die Rose im Wasser" lässt es ebenfalls gitarrenlastig krachen, dazu kommt der, auch für dieses Album prägende, Satzgesang der Band, unterstützt dabei von einigen Gastmusikern.
Ganz ohne Gitarren kommt "Minne" aus. Bereits der Name verrät, dass dieses Lied nach den Regeln des Minnegesangs komponiert und interpretiert wurde. Ein angenehmes Hörerlebnis, ja geradezu ein willkommener Kontrast, wie man es von dieser Band hören mag.
Mein Lieblingslied und Anspieltipp - neben "Tag der Rache", "Das Opfer" und "Aufstand" - ist "Ohne Liebe". Auch hier dominieren wieder die Gitarren, aber auch der charismatische Gesang von Eric Fish kommt besonders stark zum Tragen.
"Sabbat" beschreibt in düsteren Worten einen rituellen Liebes- oder Hochzeitsakt. Es ist das zentrale Lied der Platte, sucht man einen Bezug zum Titel des Albums.
Themen, denen sich Bandmusiker und Texter Bodenski verschreibt, sind Kritik an der Kirche, Liebe und Leidenschaft sowie mittelalterliche Bräuche. Damit dürfte sich die Anhängerschaft der Band auch wiederfinden.
"Henkersbraut" beispielsweise beschreibt in bester Tradition der "Hexe" ein mittelalterliches Fest, in dem das Volk zusammenkommt, um der feierlichen, öffentlichen Ächtung einer Frau beizuwohnen, die ihr Ungeborenes getötet hat. Dabei erklingt im Refrain das bekannte Kirchenlied »Macht hoch die Tür, die Tor macht weit«.
"Müde" heißt der letzte Titel, doch müde ist mir beim Anhören keineswegs geworden. "Hochzeit" ist eine Platte, die dem Anspruch der Band nach Abwechslung im Musikgeschäft gerecht wird und die ich immer wieder gern einlege - noch heuer, anno 2014 - und die zum Zeitpunkt seines Erscheinens Lust auf mehr weckte. Diesen Anspruch wurden die Potsdamer auch in Zukunft gerecht.
Für die durchgängig ausgewogene, sehr moderne Produktion der Scheibe ist Georg Kaleve verantwortlich.
»Neben der üblichen Rockfraktion haben sie eine Geigerin und einen Dudelsackspieler an Bord. Eine Band, die niemand am Reißbrett entwerfen kann, mit einer Zukunft, von der zu diesem Zeitpunkt niemand ahnt, dass sie die Musiker von dem Jugendclub aus in Länder wie Spanien, Mexico, USA und China führen wird«, ist später einmal über die Gründungszeit der Potsdamer Formation zu lesen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Freuen wir uns also auf 2017, das 25-jährige Jubiläum der Band!
Line-up:
Eric Fish (Gesang, Dudelsack, Schalmei)
Frau Schmitt (Violine)
Ingo Hampf (Gitarre, Laute)
Bodenski (Gitarre, Gesang, Drehleier)
Simon (Gitarre, Gesang, Trumscheit)
Sugar Ray Runge (Bass)
David Pätsch (Schlagzeug)

Gäste:
Meral Cihan (Gesang #1,7)
Matthias Bautz (Darabuka, Rig, Framedraum, #5,6,8)
Kay Lutter (Trumscheit, #1,5)
Kian Mahdjour (Gesang #4)
Sven Richtering (Gesang #4)
Jonas Weidler (Gesang #4)
Tracklist
01:Böses Erwachen (3:46)
02:Die Rose im Wasser (4:27)
03:Henkersbraut (5:06)
04:Sabbat (5:22)
05:Minne (3:00)
06:Tag der Rache (4:03)
07:Das Opfer (3:45)
08:Ohne Liebe (4:21)
09:Aufstand (5:18)
10:Müde (5:12)
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