Sulo / Just Another Guy Tryin'
Just Another Guy Tryin'
Es ist schon komisch mit manchen Alben. Ich weiß nicht, ob es euch auch schon mal so ergangen ist, aber ich habe es über die letzten zwei Jahrzehnte ein paar Mal erleben dürfen: Ich sah das LP/CD-Cover eines(r) mir unbekannten Künstlers/Band und fühlte mich sofort angesprochen. Der Kauf erfolgte dann auf Verdacht/Vorahnung/Intuition und beim Anhören kam ich dann aus dem Staunen nicht mehr heraus und schwankte zwischen Himmelhochjauchzen und Fassungslosigkeit, diese(n) Künstler/Band vorher noch nie wahrgenommen zu haben.
Und bei der vorliegenden CD handelt es sich auch wieder um so einen Fall. Ein einfaches schwarz-weiß Foto von Sulo selbst, der sich etwas verwundert am Hinterkopf zu kratzen scheint, stellt das Cover dar. Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll, aber Mimik, die (für Ästhetiker wahrscheinlich pflegebedürftige) Frisur und Augenringe schreien förmlich nach Rock'n'Roll und dem starken Eindruck, dass der Mann weiß, was einen guten Song ausmacht.
Hmmh, es handelt sich also um ein Akustik-Album? Warum nicht? Einfach mal rein damit in den Player. Akustik-Gitarre und Mandoline eröffnen "Sincerely Yours" und spätestens als ich nach ca. 7 Sekunden ein krächzendes 'Oooh Yeeaaahhh' vernehme, wird mir klar, dass diese CD ein Kracher sein muss. Aber immer langsam mit den jungen Pferden. Erst mal den inneren Gaul zügeln und abwarten, wie sich das entwickelt.
Um es kurz zu machen, es entwickelt sich prächtig! Schmissiger Rhythmus, starke Gesangslinie, cooler Refrain und als Unterstützung führt im Hintergrund u.a. ein Honky Tonk Piano einen Freudentanz auf. Stark!!
Und genauso geht es weiter. Song zwei, drei, vier, fünf, sechs... allesamt wissen die Tracks im Midtempo-Bereich, oder auch mal etwas langsamer durch die oben genannten Qualitätsmerkmale von Track Nr. 1, mit abwechselnder Instrumentierung, zu überzeugen. Immer, wenn man denkt, dass das Niveau der Songs nicht mehr viel länger gehalten werden kann, setzen die Jungs sogar noch einen drauf.
Okay, hundertprozentig akustisch ist das Album dann doch nicht, da die Mehrzahl der Songs, wenn auch dezent, von elektrischer Gitarre, Bass und (eher seltener) Saxophon unterstützt werden. Wer hier innovative Wunderdinge oder Originalität erwartet, wird von dieser CD enttäuscht werden. Wer aber gute, handgemachte Musik, starke Songs ohne Loops, Samples, oder was auch sonst noch immer, liebt, wird bestens bedient.
Hier erinnert stilistisch, vom Songwriting und der Instrumentierung, einiges an die Solo Scheiben von Ronnie Lane, bzw. die ruhigeren, von ihm geschriebenen Nummern der Faces mit Rod Stewart am Mikro ("Your's Sincerely" oder "From Soul To Heart"). Aber auch John Cougar Mellencamp (z.B. "Could've Been Blessed") kommt mir des öfteren in den Sinn.
Zwei Cover-Songs sind vertreten. Zum einen die (Sam?) Cooke/Alexander Komposition "That's Where It's At" und Christine McVie's Song 'Think about me' vom Fleetwood Mac Album "Tusk".
Davon sollte man sich aber in keinster Weise abgeschreckt fühlen, da die Songs dieser CD nie aufgesetzt wirken, sondern dermaßen locker, spritzig und unverbraucht rüberkommen, dass es eine wahre Freude ist. Sämtliche zwölf Titel des Albums waren nach nur drei Sessions im Kasten und dementsprechend frisch und spontan klingt auch das Ergebnis.
Sulo, eigentlich Sänger (und Hauptsongwriter) der Diamond Dogs hatte Mitglieder eben dieser 'Hunde', sowie weitere Freunde eingeladen, um das Album aufzunehmen. Und man hört, dass alle an den Aufnahmen jede Menge Spaß hatten.
8 RockTimes Uhren für ein Album, dass man eigentlich überall, im Wohnzimmer, im Bett, im Auto, unter der Dusche oder auf Parties und zu jeder Tages- und Nachtzeit hören kann. Gute Laune garantiert! Und was sagt der Meister selbst dazu?
"...das Album aufzunehmen war, als wenn man ein Gemälde kreiert, die Einzelteile haben sich wie von selbst zusammengefügt, jenseits unserer Kontrolle. Ich liebe alles an diesen Songs, an dem Aufnahmeprozess und der Band. Ich wollte schon immer ein Akustikalbum aufnehmen. Auf die altmodische Weise, weißt du, wie in den guten alten Zeiten, als alles noch 'echt' war..."
Na na, das wird doch keine versteckte Kritik am heutigen Rockbusiness bzw. seiner Glaubwürdigkeit sein??? Aber wie dem auch sei:
Yep Sulo, das hast du geschafft! Kein Zweifel, dicke Kaufempfehlung!
Die Diamond Dogs sind vom 23.11. bis 17.12.2005 auf Deutschland Tour


Spielzeit: 42:04, Medium: CD, Smilodon, 2005
1:Sincerely Yours (3:28) 2:You've Got A Song To Sing (2:50) 3: Could've Been Blessed (3:11) 4:Think About Me (2:51) 5:From Soul To Heart (3:34) 6:Still Your Fool (3:32) 7:Just Another Guy (3:35) 8:If It Ain't Love [It Ain't Hurtin'] (3:29) 9:Wishful Thinking (5:09) 10:You Make Me A Rich Man (3:54) 11:Harder Than It Looks (3:23) 12:That's Where It's At (3:03)
Markus Kerren, 16.11.2005